Vereine wollen neues NÖ-Hundehaltegesetz kippen
Obwohl das neue niederösterreichische Hundehaltegesetz im Landtag einstimmig beschlossen wurde, ist vielen zum Heulen. Alle Hunde müssen ab Jahresbeginn auf öffentlichen Plätzen, wie Parks und in Gasthäusern an der Leine und mit Beißkorb geführt werden.
Die Novelle ärgert Besitzer von Vierbeinern und Betreiber von Tierheimen, weil sie meinen, dass die neuen Bestimmungen das eigentliche Ziel, Hundebisse zu vermeiden, völlig verfehlen würden.
Verunsichert sind auch Such- und Jagdhundebesitzer. Jetzt hofft man auf mindestens 25.000 Bürgereinsprüche gegen das neue Gesetz bis 5. Dezember – dann müsste die Landesregierung nämlich eine Volksbefragung veranlassen.
"Unnötige" Regelung in NÖ
„Die Regelung ist ärger als in Wien“, beschwert sich Franz-Joseph Plank vom Verein „Animal Spirit“. Denn in Wien gilt die strenge Maulkorb-Regelung nur für Listenhunde. Obwohl er die Bestimmung in der Stadt noch eher nachvollziehen kann, findet er es am Land „unnötig“.
Dass die neue Novelle in Niederösterreich für alle Hunde gilt, ist für den Tierschützer unverständlich: „Alle Hunde einzubeziehen, ist völlig absurd.“ Seiner Meinung nach wird die Problematik falsch bekämpft.
Er sieht die Lösung für weniger Bissunfälle in genaueren Kontrollen des Hundeführerscheins und einem Charaktertest für Hundehalter sowie in einer Aufklärung der Bürger. Zudem sei das neue Gesetz nicht gut durchdacht, weil kleinere Hunde, die in Taschen getragen werden, ausgenommen sind. „Dabei sind kleine Hunde oft bissiger als große“, so Plank.
Unsicherheit bei Hundeführern
Erst am Wochenende ist eine Dreijährige in Kapelln, Bezirk St. Pölten, von einem Hund am Oberarm gebissen worden, als sie mit ihrer Mutter spazieren war. Danach soll das Tier davon gelaufen sein. Der als Mischling beschriebene Vierbeiner, habe ein „ungepflegtes, schwarzes Fell“ und „weder Halsband, Leine oder Beißkorb“ getragen, berichtet die Polizei. Sie bittet um Hinweise.
Auch mit dem neuem Gesetz sei ein solcher Unfall leider nicht vermeidbar, sagt Wolfgang Pfitzner, Einsatzleiter der österreichischen Suchhundestaffel, aus Eggenburg.
Er ärgert sich darüber, dass die neuen Bestimmungen ohne vorheriger Sachdebatte beschlossen wurden: „Wenn ich mit Tennisbällen im Wald herumwerfe und meine Suchhunde völlig ohne Beißkorb und Leine für Einsätze trainiere, muss ich glaubhaft machen, dass wir das nicht illegal machen. Aber wer garantiert mir, dass wir nicht angezeigt werden“, meint Pfitzner und startete einen Aufruf, um mithilfe eines Online-Antragsformulars viele Einsprüche gegen das Gesetz zu erheben.
Aus der Landtagsdirektion heißt es, dass es bisher bei keinem Gesetz durch die Einsprüche zu einer Volksbefragung gekommen wäre. Allerdings wurde die Hürde dafür verringert – denn noch vor gut zwei Jahren waren 50.000 Einsprüche nötig.
Laut Novelle sind alle Einsatzhunde – auch während ihrer Schulung – von den Bestimmungen ausgenommen.
Vergabequote sinkt
Erwin Schlosser, Betreiber eines Tierheims im Waldviertel, befürchtet, dass die Vergabequote von Hunden wegen des neuen Gesetzes deutlich sinken wird: „Vor allem in der Stadt. Alle Heime sind ohnehin restlos überfüllt. Wer will noch einen Hund haben, wenn es nur mehr Verbote gibt.
Leider haben die Politiker zu wenig Ahnung, sonst wüssten sie, dass ein Beißkorb eine Form von Tierquälerei ist“, meint Schlosser.
Tierschutzlandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) verteidigt das Gesetz: „Es handelt sich um eine Zusammenfassung von Expertenmeinungen. Tatsache ist, dass ein Hund in NÖ nach wie vor mit Leine oder Maulkorb unterwegs sein kann, außer es handelt sich um Menschenansammlungen.“
Die Maulkorbpflicht in Lokalen sieht er als Notwendigkeit, weil größere und kleinere Verletzungen durch Bisse im Wirtshaus passiert seien. So sehr überzogen könne die Novelle nicht sein, nachdem alle Parteien im Landtag zugestimmt hätten.
Das neue Hundehaltegesetz wurde am 24. Oktober im Landtag beschlossen und tritt mit Jahresbeginn in Kraft. Es schreibt Hundebesitzern in Niederösterreich vor, dass ihre Hunde an öffentlichen Orten im Ortsbereich einen Maulkorb tragen und an der Leine geführt werden müssen.
Öffentliche Orte sind in dem neuen Gesetz als jene Orte definiert, die für jedermann frei zugänglich sind. Außerdem gilt Leinen- und Beißkorbpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln, Kinderbetreuungseinrichtungen, bei Veranstaltungen und Orten mit größeren Menschenansammlungen.
Auch die Gastronomie ist von dem Gesetz betroffen. Ausgenommen sind Hunde, die vom Besitzer getragen oder in Behältnissen transportiert werden. Besitzer, deren Hunde aufgrund von Atemproblemen keinen Maulkorb tragen können, müssen ein tierärztliches Attest bei sich tragen.
Ausgenommen vom neuen Gesetz sind Hunde mit besonderer Ausbildung (z.B. Jagd- oder Rettungshunde). 2015 wurden in ganz Österreich 3.000 Bisse registriert. 2017 waren es bereits 3.600 Vorfälle.
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