Land unter in Niederösterreich - und keine Entwarnung in Sicht

Überflutungen in Gars am Kamp
Bundesheer hat rund 1.000 Soldaten für Hilfseinsatz im Katastrophengebiet bereit. Welche Gemeinden am stärksten betroffen sind.

Weiterhin  ist für Niederösterreich, das als gesamtes Bundesland zum Katastrophengebiet deklariert wurde, keinerlei Entspannung in Sicht.

"Wir können leider keine Entwarnung geben", bedauerte Landeshaupfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Sonntagmittag: Weitere massive Regenfälle seien vorhergesagt. Feuerwehr-Einsatzkräfte und Spezialgeräte wurden aus den Bundesländern Steiermark, Kärnten, Oberösterreich und Burgenland angefordert, ein Assistenzeinsatz des Bundesheeres werde in die Wege geleitet.

Vonseiten des Bundesheeres stehen um die 1.000 Mann zur Verfügung, hieß es vom Militärkommando. In mehreren Gemeinden wurde Zivilschutzalarm ausgelöst. "Wir bitten Sie: Achten Sie auf sich selbst und vor allem auf die Anweisungen der Einsatzkräfte. Nehmen Sie nur Wege in Kauf, wenn es unbedingt notwendig ist“, so Mikl-Leitner. Zudem sollte man sich laufend über die Lage informieren.

"Eine nie dagewesene  Extremsituation"


"Wir haben es mit einer noch nie dagewesenen Extremsituation zu tun“, sagte Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP). Erwartet werden weitere 60 Liter Regen pro Quadratmeter in den nächsten Stunden, es werde weitere Überflutungen im ganzen Land geben.

Weil sich die Unwetterlage in den vergangenen Stunden weiter verschärfte, soll um 14 Uhr erneut das Staatliche Krisen- und Katastrophenmanagement (SKKM) im Innenministerium zusammentreten, an dem auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) teilnehmen wird. Der Bundeskanzler stehe derzeit in Austausch mit den Vertretern der hauptsächlich betroffenen Bundesländer, hieß es.
1.160 Feuerwehren waren mit 20.000 Mitgliedern im Einsatz. 

"Wir haben derzeit 2.000 Einsätze auf der Warteliste, und es werden minütlich mehr“, betonte Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner: "Die Priorität liegt auf der Rettung von Menschen.“ Bisher wurden 1.100 Gebäude evakuiert. Kleinste Gewässer seien zu reißenden Bächen geworden. In St. Pölten wurde der Europaplatz überflutet.

Welche Gemeinden es hart trifft

In Hardegg (Bezirk Hollabrunn) wurde kurz nach 10 Uhr von der Bezirkshauptmannschaft die Evakuierung angeordnet. Aus der Talsperre Vranov werden derzeit 173 m³ Wasser pro Sekunde in die Thaya abgelassen, sodass mit Überflutungen im Stadtgebiet zu rechnen ist.

In Göllersdorf wurde Zivilschutzalarm ausgelöst. Die Sicherungsmaßnahmen für das örtliche Lagerhaus mussten aufgegeben werden, mehrere Wohnsiedlungen sind überflutet. Viele weitere Objekte sind aktuell stark gefährdet, hies es vom Bezirksfeuerwehrkommando.

In Kirchberg an der Pielach wurde eine Person in ihrem Auto von den Wassermassen der Pielach eingeschlossen. Sie wurde von den Einsatzkräften gerettet.

In Melk wurden aufgrund von plötzlich stark steigendem Wasser eines Baches fünf Personen und ein Hund aus zwei Einfamilienhäusern in Sicherheit gebracht. Zwei Bewohner davon wurden durch die Wasserrettung St. Pölten mit einem Schlauchboot gerettet.
Im Bezirk Waidhofen an der Thaya war die Lage in den Gemeinden Windigsteig, Waidhofen an der Thaya, Waidhofen an der Thaya-Land, Raabs an der Thaya und Vitis laut Bezirkskommando "weiterhin sehr kritisch“. Zahlreiche Evakuierungen und Sicherungsarbeiten waren notwendig.

In Waidhofen an der Thaya-Land wurde ein Wohnhaus sowie das örtliche Feuerwehrhaus überflutet. Bewohner wurden evakuiert, die Einsatzkräfte mit einem Boot in Sicherheit gebracht. In Teilen der Bezirkshauptstadt musste der Strom abgeschaltet werden, weil Trafostationen unter Wasser stehen. In der Badgasse in Waidhofen wurde der Wert eines 100-jährlichen Hochwassers überschritten.


Inzwischen wird für den Kamp bei Stiefern, einem Teil von Schönberg am Kamp (Bezirk Krems-Land), bereits ein Wasserstand von 5,50 Metern am Sonntag prognostiziert. 2002 lag der Spitzenwert am 8. August bei 6,81 und am 13. August bei 5,75 Metern. An der Donau werden bei Kienstock in der Wachau 9,56 Meter und bei Korneuburg 7,39 Meter erwartet.

In Baden wurden Fußgängerstege über Schwechat und zwei Brücken gesperrt, am Vormittag hat Abfluss bei Cholerakapelle im Helenental 100-jährliches Hochwasser überschritten, Weilburgpark und Braitnerstraße unter Wasser, Bürgermeister Stefan Szirucsek schöpft Hoffnung dass es in der Stadt zu keinen größeren Überschwemmungen kommen wird: "Es geht um Zentimeter, lokal gibt es Überflutungen, aber die Prognosen deuten darauf hin, dass es am Nachmittag eine leichte Entspannung gibt."

Entlang der Triesting gilt Zivilschutzalarm, auch Hirtenberg und Trumau waren betroffen. Bewohner wurden aufgerufen, Autos in Sicherheit zu bringen und in höhergelegene Gebiete zu flüchten. Ebenso steht Alland vielfach unter Wasser.

Der Zugverkehr auf der Weststrecke zwischen Amstetten und St. Valentin aufgrund von Hochwasser um 1.15 Uhr eingestellt. Am Sonntagvormittag wurde der Verkehr überhaupt zwischen Wien und St. Valentin eingestellt. 

Im Bezirk Korneuburg wurde Zivilschutzalarm ausgerufen. Derzeit sind laut dem Bezirksfeuerwehrkommando 58 Feuerwehren im Einsatz, Hilferufe der Bewohner prasseln auf die Einsatzkräfte ein. Viele Straßen mussten aufgrund von übertretenden Bachläufen gesperrt werden, entlang der Donau sind sämtliche Autobahnunterführungen geflutet. Zusätzlich erschweren Stromausfälle bzw. nötige -abschaltungen die Einsätze.

Klausen Leopoldsdorf ist von Umwelt abgeschnitten. In Münchendorf beginnt man mit Evakuierungen.

Die Stadtgemeinde Berndorf hat gerade alle Bewohner aufgerufen, sich "mit Essen und Trinken in obere Geschoße zurückzuziehen und Ruhe zu bewahren".

Dramatischer Einsatz auch in der Altstadt von Scheibbs im Kampf gegen die extrem rasch gestiegene Erlauf. "Wir wissen nicht ob der mobile Hochwasserschutz ausreicht, deshalb sichern wir die Gebäude dahinter ab", sagt die örtliche Einsatzleiterin Doris Siegler.

Auch ein Gnadenhof für Tiere steht unter Wasser: Die Besitzerin hat so viele Tiere, wie ins Auto gepasst haben, in Sicherheit gebracht.

Was ist mit den Schulen?

"Wir werden alles tun, um unsere Schulen so weit wie möglich offen zu halten“, sagte Mikl-Leitner. Wer am Montag nicht in die Schule kommen könne, ohne sich selber zu gefährden, soll und kann zuhause bleiben. "Sicherheit geht vor", betonte die Landeshauptfrau. 


Im Bezirk St. Pölten traten mehrere Gewässer über die Ufer. "Die Feuerwehren sind vorrangig mit Menschenrettungen aus Gebäuden oder Fahrzeugen befasst“, u.a. auch mit Booten bzw. Zillen, teilte das Bezirkskommando mit. Zudem kam es zu Stromausfällen. In mehreren Häusern waren Bewohner eingeschlossen.

In Markersdorf wurden vier Personen aus einem Gebäude gerettet. Nach einem Verkehrsunfall auf der B19 im Markersdorfer Gemeindegebiet rettete eine Besatzung eines Black-Hawk-Hubschraubers des Bundesheeres einen Polizisten und einen Feuerwehrmann, die im Hochwasser an der Unfallstelle festsaßen. Die beiden Einsatzkräfte wurden mittels Windenbergung durch den Helikopter in Sicherheit gebracht.

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