Unglaubliche Odyssee: Piraten, Haie, Schiffbruch
Fünf Meter hohe Wellen, Wind mit 30 Knoten (50 km/h) und plötzlich – ein gewaltiger Knall: „Was es war, kann ich nicht sagen. Die Bordseite war komplett aufgerissen und dann ging alles sehr schnell“, erzählt Sandor Biro. Fest steht nur, dass seine knapp 16.000 Kilometer lange Fahrt über den Indischen Ozean mitten auf hoher See ein jähes Ende fand. Der Katamaran des 52-Jährigen aus Kottingbrunn (NÖ, Bezirk Baden) rammte 110 Kilometer vor der australischen Westküste ein Hindernis im Wasser. Für den Segler begann damit ein stundenlanger Überlebenskampf gegen die Gewalten des Meeres.
Ein Abenteuer hätte der Segeltörn zwar schon werden sollen, geplant war aber nicht so viel Aufregung. Der IT-Experte Biro hatte jahrelang im Oman gelebt, als der Vertrag Ende 2021 auslief, fasste der versierte Hobby-Segler einen kühnen Plan: Ein Schiff zu kaufen und über den Indischen Ozean nach Australien zu segeln. Gesagt, getan. „Ich habe meine sieben Sachen gepackt und fuhr los“, erzählt er.
Von der arabischen Halbinsel ging es nach Süden in Richtung Malediven. Mit Lebensmitteln für drei und Trinkwasser für sechs Wochen. „Nur leider gab es komplette Windstille und der Diesel war nach zwei Wochen verbraucht“, erzählt Biro.
Im Schneckentempo segelte er weiter. Biro rationierte seine Vorräte und ergänzte sie mit Angeln. Allerdings fanden das auch Haie zum Anbeißen. "Wenn ich die Fische nicht rasch genug aus dem Wasser holte, wurden sie von den Haien säuberlich unter dem Kopf abgebissen".
Andere Besucher waren noch gefährlicher. „Plötzlich tauchten Schnellboote auf. Mein erster Gedanke war: Was ist, wenn die Gewehre mithaben, was mache ich jetzt?“ Die möglichen Piraten inspizierten zwar sehr neugierig den elf Meter langen Katamaran, gaben sich dann aber mit ein paar Dosen Bier zufrieden.
Zwei Gläser Wein
Mit dem letzten Bissen erreichte der Segler schließlich die Malediven und konnte auftanken – sein Schiff und seinen Magen. Frisch gestärkt ging es entlang der Inselgruppe nach Süden, wo „ich mit einem Foto mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern meine Freunde zu Hause überrascht habe. Die einfache Erklärung: Ein Glas war für Poseidon gedacht, als ich den Äquator überquerte“, sagt Biro lächelnd. Abgesehen von dieser kurzen „Zweisamkeit“ sei die monatelange Solo-Fahrt kein Problem für ihn gewesen. „Ich habe zehn Bücher ausgelesen, war ständig mit Segeln und Fischen beschäftigt, da kommt keine Langeweile oder Einsamkeit auf.“
„Hatte keine Chance“
Perth in Australien sollte das Ziel der Reise sein, dort wollte Biro den Katamaran verkaufen und nach Österreich zurückfliegen. 500 Kilometer fehlten noch, doch dann, an einem Nachmittag, rammte er in stürmischer See etwas im Wasser. „Ich habe alle Pumpen angeworfen und versucht, mit einem Kübel Wasser zu schöpfen, aber ich hatte keine Chance.“ Biro setzte einen Notruf ab, ein Schiff meldet sich. „Ich sollte die Koordinaten durchgeben. Meine Brille war aber verschmiert und ich konnte nicht erkennen, ob es sich um eine 6, eine 8 oder eine 0 handelte. Ein riesiger Unterschied, um mich zu finden. Da kam kurz Verzweiflung auf.“ Biro schaffte es, versucht ins kleine Beiboot zu gelangen. „Da ist das Schiff gekippt, die Gefahr war, dass das Beiboot auch noch beschädigt wird.“ Im Durcheinander geht der wasserfeste Seesack mit der Notfallausrüstung auf. Das Funkgerät schwimmt auf und davon, das Satellitenhandy rinnt voll mit Wasser. „Ich hatte nur mehr einen kleinen Sender, mit dem ich Textnachrichten verschicken konnte“, erzählt Biro, wie sein Schiff in den Wellenbergen verschwand und er im Schlauchboot davontrieb. Ohne Rettungsweste, Wasser oder Proviant. Ein Schiff fährt in der Entfernung vorbei, entdeckt ihn aber nicht.
Elf Stunden später, mitten in der Nacht und 22 Kilometer vom Crash entfernt taucht ein Frachter auf. „Die feste Wand zu berühren, war ein unglaubliches Gefühl. Mit letzter Kraft habe ich die Strickleiter gepackt, dann haben mich die Matrosen gepackt und an Bord gezogen. Ich konnte nicht mehr gehen, war komplett unterkühlt.“
Auf dem griechischen Frachter mit ukrainischer Besatzung macht Biro acht Tage lang eine „Kreuzfahrt“ nach Singapur. Mithilfe der Botschaft kann er die Heimreise antreten. Ob ihm seine Odyssee das Segeln verleidet hat? „Nein, ich bereue es nicht.“ Auf den nächsten Segeltörn freut er sich schon.
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