Überlebende des Amoklaufs: „Ich hab’ geglaubt, es ist aus“

Elsbeth Zeuner überlebte die Tragödie. Am Tatort wurde ein Gedenkkreuz errichtet.
Die Witwe des toten Rot-Kreuz-Mannes und die Sanitäterin erinnern sich an den furchtbaren Tag.

Es ist nichts, wie es einmal war. Ich habe Angst, wenn es dunkel ist, und nachts ziehe ich die Vorhänge zu.“ Elsbeth Zeuner, 53, ist eine der wenigen Überlebenden des Wilderer-Dramas von Annaberg (NÖ). Die Rot-Kreuz-Sanitäterin saß im Patientenraum des Rettungswagen, als ihr jahrzehntelanger Kollege und Freund, Johann Dorfwirth, mit einem gezielten Schuss von Alois Huber (55) getötet wurde.

Überlebende des Amoklaufs: „Ich hab’ geglaubt, es ist aus“
Wilderer
Sieben Wochen nach dem Mord an Dorfwirth und drei Polizisten traf der KURIER in Annaberg Elsbeth Zeuner und die Ehefrau des ermordeten Rot-Kreuz-Mannes, Adelheid Dorfwirth (55).

Der 70-jährige Rettungssanitäter war ein Aushängeschild der uniformierten Freiwilligen. Die Ortsstelle Annaberg hat er mit seinen eigenen Händen aufgebaut. „Er hat für das alles gelebt“, sagt seine Frau, die von der Tragödie immer noch schwer mitgenommen ist. „Es war seine Berufung zu helfen.“ Auch in der Nacht vom 16. zum 17. September.

Ein letzter Blick

Adelheid Dorfwirth erinnert sich noch genau an die letzte Unterhaltung mit ihrem Mann zwischen Tür und Angel, an die letzten Momente bevor er gegen 0.30 Uhr das Haus verließ. „Er wusste von der Alarmierung, dass es um eine Schussverletzung ging.“ Ob sie versucht hat, ihn zurück zu halten? „Nein, das hätte auch nichts genützt. Er wäre auf jeden Fall gefahren, aus Überzeugung“, sagt die 55-Jährige. Niemals wäre sie von einer Gefahr durch einen kaltblütigen Mörder ausgegangen. Auch Johann Dorfwirth hätte eher an eine familiäre Tragödie als an einen Amoklauf gedacht.

„Ein mulmiges Gefühl“ habe man dennoch bei der Fahrt zum Einsatzort gehabt, erzählt Elsbeth Zeuner. „Ich habe noch zu Hansi gesagt: ,Wenn ich mit dir Dienst habe, ist immer Action’.“ Dabei hätte Zeuner in dieser Nacht gar nicht Dienst gehabt. Sie hatte mit einer Freundin getauscht, weil sie am 17. September Geburtstag hatte und abends mit der Familie feiern wollte.

Angeschossen

Der Geburtstag wurde zum schlimmsten Tag ihres Lebens. Die Polizisten informierten Zeuner und Dorfwirth, dass ein angeschossener Cobra-Beamter verbluten würde, wenn man ihm nicht helfe. Vom Täter war nichts zu sehen. „Also stieg ein Beamter neben Hans vorne im Rettungsauto ein und ich und ein zweiter Cobra-Mann hinten. Ich wollte schon einmal Verbandsmaterial herrichten, da fielen die Schüsse“. Zeuner ist sich sicher: „Wenn ich vorne gesessen hätte, wäre ich auch tot. Der Beamte konnte den Wagen anhalten und abtauchen.“ Dadurch erlitt Thomas P. nur einen Streifschuss.

„Ich bin hinten am Boden gelegen und habe immer wieder ‚Hans, Hans‘ geschrien.“ Doch es kam keine Antwort. Als später die Schiebetüre des Rettungsauto aufging, hatte die Sanitäterin nur einen Gedanken: „Ich hab’ geglaubt, es ist aus“. Doch es waren die anderen Polizisten, die Zeuner in Sicherheit brachten. „Ich wollte Hans helfen, doch sie sagten, es sei nichts mehr zu machen.“

Ob man nach solchen Erlebnissen wieder zur Normalität zurück kehren kann? „Hoffentlich irgendwann einmal. Das Leben geht weiter“, sagt Elsbeth Zeuner, die seit der Tragödie jede Nacht um ein Uhr wach wird.

Adelheid Dorfwirth findet ihren Rückhalt im engsten Familienkreis rund um ihre beiden Kinder. „Aber auch Freunde kommen vorbei und geben mir Kraft.“

Die Familien der Opfer und ihre sechs noch unversorgten Kinder stehen vor einer ungewissen Zukunft. Für sie haben der KURIER und das Kuratorium Sicheres Österreich (KSÖ) eine Spendenaktion ins Leben gerufen:

So können Sie spenden: Raiffeisenbank Kontonummer: 13.113.113 Bankleitzahl: 32000 IBAN: AT 33 3200 0000 1311 3113 BIC: RLNWATWW, Kennwort: „Opfer Annaberg

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