Trachten-Boom: Tradition erobert die Zukunft
Steht Ostösterreich vor einer Mode-Revolution? Im Land von Jeans und T-Shirt kaufen seit einiger Zeit immer mehr – besonders junge Leute – Dirndl und Lederhose. Obwohl Tracht noch vor wenigen Jahren mehr als out war. Zumindest in der Freizeit hat die Traditionskleidung schon wieder einen festen Platz erobert. Jetzt gibt es Initiativen, die ehemalige Arbeitskleidung in den Alltag zurück zu holen. Starke Aktivität merkt man in der Wachau, wo Veranstaltungen wie Trachtennacht oder Kalmuck-Clubbing überrannt werden. Der erste Trachtenball im Schloss Grafenegg wurde am Freitag beinahe überrannt.
Was im Ausseerland zum Straßenbild gehört, ist in NÖ bisher eher die Ausnahme: Tracht im Alltagsbild. „Dirndl gefällt mir gut, aber ich trag’ es nur bei Veranstaltungen. Im Büro trau ich mich nicht, eines anzuziehen. Das kann ein Mann mit einer Trachtenjacke eher machen“, meint beispielsweise Stefanie aus Spitz, die das Kalmuck-Clubbing in Mühldorf in der Wachau besuchte.
Renate Klein, 49, aus Krems sieht das anders: Sie trägt Dirndl seit der Kindheit aus Überzeugung: „Nichts macht ein Mädchen so weiblich. Und praktisch ist es auch, man braucht keine Putzerei . Nur das Bügeln macht viel Arbeit.“
Promis
Immerhin wird Landeshauptmann Erwin Pröll auch im Dienst regelmäßig im neuen Niederösterreich-Trachtenanzug gesehen. Raiffeisen-Generaldirektor Erwin Hameseder liebt Tracht zumindest in der Freizeit. Diese Prominenten haben zum aktuellen Boom der Tracht ebenso beigetragen wie Organisationen und Unternehmen: Die NÖ Volkskultur – hier Geschäftsführerin Dorli Draxler – gilt mit ihren Aktivitäten als wegweisend. Aber auch Händler und Designer Elfi Maisetschläger oder Sascha Golitschek im Waldviertel haben den Menschen Hemmschwellen genommen.
Sie ziehen an einem Strang, auch wenn nicht alle gleich streng sind wie Draxler, die beim Design für eine Orientierung an der Trachtenforschung eintritt. Inzwischen spüren Trachtenhersteller nach Jahren der Flaute wieder kräftigen wirtschaftlichen Aufwind. Mittlerweile ist offenbar so viel Geschäft zu machen, dass sogar asiatische Produzenten auf den Zug auf springen. Sie drohen heimischen Herstellern, die das Gewand aus der Versenkung geholt haben, den Lohn für ihre Mühe streitig zu machen. „Wir haben uns wirklich stark eingesetzt, haben neue, besser tragbare Modelle entworfen“, betont Maisetschläger.
Zumindest in der Wachau scheint das „Revival“ der Tracht bereits gelungen zu sein. Selbst die Jugend engagiert sich: „Tracht ist etwas, das die Leistungen unserer Vorfahren ehrt, deshalb soll sie nicht aussterben“, sagt beispielsweise Ewald Stierschneider aus Spitz in der Wachau. Er hat gemeinsam mit Freunden eine Trachtennacht organisiert. Als Touristiker schielt er aber auch darauf, wie attraktiv der neue Trend zur Tradition für Gäste ist.
Show
Selbst im Showbereich hat die Tracht inzwischen Einzug gehalten: „Wir haben das einmal bei einem Auftritt probiert und der war ein so großer Erfolg, dass wir dieses Element für weiter ausbauen möchten“, berichtet Johann Jurcsa aus Krems. Er leitet gemeinsam mit seiner Frau die Akrobatik-Showgruppe Emotion Drop Art.
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