Tödliches Feuergefecht mit der Cobra

Tödliches Feuergefecht mit der Cobra
Sankt Pölten: Ein Amokläufer verbarrikadierte sich, feuerte aus dem Fenster und tötete einen Cobra-Hund. Schließlich erschoss sich selbst.

Der Mann hat sofort auf eindringende Kräfte geschossen. Ein Kol­lege ist ganz knapp einem Treffer entkommen", sagt Generalmajor Bernhard Treibenreif, Kommandant der Spezialeinheit Cobra. "Wir haben alles versucht, um mit dem Schützen Kontakt aufzunehmen, aber er hat auf nichts und niemanden reagiert."

In der Nacht zum Freitag erlebte St. Pöltens südlicher Stadtteil Spratzern eine stundenlange Belagerung mit Feuergefecht. Alles hatte recht bizarr begonnen: Um 21.20 Uhr erstattete eine Frau aus der Rösslergasse Anzeige, dass vorm Haus ein Mann mit einem Hund und einer Hacke herumläuft. Kaum rückte eine örtliche Polizeistreife an, schwang der junge Mann die Hacke und drohte den Beamten, ihnen den Kopf abzuschlagen. Dann flüchtete er ins Haus und verschanzte sich in seiner Dachwohnung.

Waffennarr

Tödliches Feuergefecht mit der Cobra

Was da noch keiner wusste: Der 25-jährige Johannes Umgeher war ein Waffennarr. Der Beschäftigungslose hortete mehrere Kugel- und Schrotgewehre und war ein Menschenfeind. "Ich kann mit meinem Hund telepathisch besser kom­munizieren, als mit Menschen, die dieselbe Muttersprache sprechen", postete er im Internet.

Die Polizei alarmierte die Cobra, ein 21-köpfiges Team rückte aus Wiener Neustadt an. Nachdem die Umgebung abgeriegelt worden war, versuchte die Spezialeinheit kurz nach Mitternacht eine erste Erstürmung der Wohnung. Umgeher feuerte sofort auf das Team und einen auf Täter-Überwältigung trainierten Zugriffshund. Die Cobra musste sich zurückziehen, der sechsjährige Malinois-Schäferhund Spike brach tödlich getroffen zusammen.

Schutzschild

Tödliches Feuergefecht mit der Cobra

Während ein Schutzschild herangeschafft wurde, feuerte Umgeher aus seiner Mansarde auf die Gasse. Zum Glück traf er bloß ein Fenster im Gebäude vis-à-vis, hinter dem niemand stand.

Um 2.15 Uhr begann der zweite Er­stürmungsversuch. Das Cobra-Team drängte, hinter dem Schutzschild hervorschießend, in die Wohnung. Vor den Beamten türmte sich ein Möbelberg auf, den Umgeher als Deckung für den finalen Kampf bis zu einer Art Heldentod ("suicide by cop") aufgebaut hatte. Der Amokläufer lag tot mit blutüberströmtem Kopf auf dem Boden.

Unklar war vorerst, ob er durch ein Polizei-Projektil oder von eigener Hand gestorben ist. Allen Spekulationen bereitete Gerichts­mediziner Wolfgang Denk bei der Obduktion im Landesklinikum St. Pölten ein Ende: Es war Selbstmord. Der Amokläufer hatte sich in den Mund geschossen. In der vermüllten Wohnung fand man Gewehre und Munition.

Dass das Leben des Mannes so enden könnte, hatte sich schon abgezeichnet. Nach ständigen Problemen mit Nachbarn wegen seines einjährigen Dobermanns drohte Umgeher eine behördliche Hunde-Abnahme. "In letzter Zeit hat er mehrmals angedeutet, er wird sich lieber erschießen lassen, wenn die Polizei seine Wohnung stürmt, als seinen geliebten Erik herzugeben", sagt eine Nachbarin. Der Hund wurde unverletzt ins Tierheim gebracht.

Einsätze mit Waffengebrauch

12. April 2012 Ein Beamter gibt in einer Wohnung in Wien-Floridsdorf einen Schuss auf einen 35-Jährigen ab, der seine von ihm getrennt lebende Frau und Polizisten mit einem Messer bedroht.

7. März 2012 Bei einem Polizeieinsatz in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus wird eine Frau mit psychischen Problemen von einem Beamten neun Mal angeschossen. Die 37-Jährige war in ihrer Wohnung mit einem Messer auf die Einsatzkräfte losgegangen. Die Frau liegt nach wie vor im Spital.

4. August 2011 Bei einem Polizeieinsatz in Wien-Brigittenau wird ein Mann von der Polizei angeschossen. Der 29-jährige Mann wollte in die Nachbarwohnung einbrechen.

14. Juli 2010 Vier Wega-Beamte schießen in Wien einen rabiaten 43-Jährigen nieder, der zuvor mit einer 30 Zentimeter langen Machete einen Nachbarn bedroht hatte und auf eine Polizistin losgegangen war und diese verletzt hatte.

28. April 2010 Ein 84-jähriger Mann in Laa­kirchen (OÖ) bedroht einen Zeitungsausträger mit einer Pistole. Dieser flüchtet zur Polizei, die den Senior aufsucht. Nachdem der Mann sich auch nach einem Warnschuss weigert, die Pistole fallen zu lassen, eröffnen die Beamten das Feuer. Der Pensionist stirbt.

30. März 2009 Ein Polizist schießt in Bregenz einem Obdachlosen in den Oberschenkel. Er hatte zuvor den Beamten und seine Kollegin bedroht und eine Waffen-Attrappe auf sie gerichtet.

31. August 2002 Binali I. wird in Wien von einem Polizisten erschossen, als er mit zwei Wasserflaschen auf sie losgeht. Der 28-Jährige, der schon länger unter schizophrenen Schüben und zeitweiligem Realitätsverlust litt, hatte zuvor versucht, ein Geschäft zu überfallen. Die Polizisten werden freigesprochen. Das Gericht befindet, sie hätten in Notwehr gehandelt.

Kommentare