Teure Faschings-Geldbremse

Teure Faschings-Geldbremse
Wirbel im Stadtparlament: Stadler verkaufte in einer Notverordnung am 11.11. eine Raiffeisen-Anleihe. Verlust 165.000 Euro.

Erschreckend tiefe Einblicke in die Jonglierkunst der Politik bezüglich Schuldenverteilung gewährte Montagabend das Stadtparlament St. Pölten. Unter dem Titel "Verfügung nach Paragraph 44 NÖ Stadtrechtsgesetz" musste Bürgermeister Matthias Stadler einen Offenbarungseid berichten: Pünktlich zu Faschingsbeginn hatte er eine Anleihe der Raiffeisen-Landesbank NÖ Wien (RLB) aus dem Tilgungs-Portfolio des alten Spitals-Schuldenberges (52,5 Millionen Euro) an die Volksbanken AG verkauft und dabei einen Verlust von 165.000 Euro eingefahren.

Teure Faschings-Geldbremse

Ohne Gemeinderatsbeschluss in einer Notverordnung, um "Schaden von der Stadt abzuwenden", wie es in der Stadtrechts-Legitimation zu einer derartigen Soloaktion heißt. Die 2008 erworbene Anleihe mit Kaufzeit bis 2021 war das beste Papier im Paket, aber nachrangig eingestuft. Das heißt, dass die Stadt bei einer (unrealistischen) RLB-Pleite hinter allen Gläubigern das Nachsehen hätte.

"Ich frage mich, inwieweit die Stadt vor Schaden bewahrt wurde, wenn Sie 165.000 Euro Verlust eingefahren haben?" prüfte VP-Mandatar Anton Wagner, ein Banker, den Bürgermeister. Antwort: "Mir haben Berater, die unsere Geschäfte begleiten, diesen Schritt angeraten." Daraufhin ließ Stadler Rathaus-Finanzchef Ernst Knoth aus dem Publikum wie einen Schulbuben vorm Auditorium antreten.

"Ich muss gestehen, dass ich damals nicht so viel Erfahrung mit Wertpapieren hatte und mir die Bedeutung der Nachrangigkeit nicht so bewusst war", berichtete Knoth zerknirscht. Das Volksbanken-Kaufanbot habe es nur kurze Zeit gegeben, der Kurs sei vertretbar gewesen. Seit 2008 habe die Anleihe 280.000 Euro Zinsen erwirtschaftet und "damit den Kaufverlust wett gemacht".

Die (Euro-)Finanzkrise scheint die Politikernerven bloß gelegt zu haben. Stadler: "Angesichts der anhaltenden Turbulenzen auf den Finanzmärkten kann keiner von uns sagen, was in zwei, drei Monaten oder in einem Jahr ist, geschweige denn 2021." Der wahre Grund des Notverkaufs ist jedoch für VP, FP und Grüne nicht nachvollziehbar.

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