Zehn Jahre Haft und Einweisung für Mörder wegen Missbrauchs

Angeklagter Philipp K.
Philipp K. soll sich in der Justizanstalt Krems-Stein an Mithäftling vergangen haben. Er bekannte sich nicht schuldig.

Der wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte Philipp K. ist am Mittwoch in Krems erneut vor Gericht gestanden. Der mittlerweile 31-Jährige soll sich in der Justizanstalt Stein an einem Mithäftling vergangen haben. Er bekannte sich zum Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person nicht schuldig. Die Staatsanwaltschaft hat zusätzlich die Einweisung in eine Anstalt beantragt. Das nicht rechtskräftige Urteil: Zehn Jahre Haft und Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrechter. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, die Verteidigung meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Außerdem muss K. dem Opfer 7.000 Euro zahlen. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass die Schuld „zweifelsfrei erwiesen“ sei, sagte die Richterin.

Der Prozess begann mit fast einer halben Stunde Verspätung, weil der nunmehr in der Justizanstalt Garsten untergebrachte Beschuldigte erst nach dem geplanten Start der Schöffenverhandlung am Landesgericht Krems eingetroffen war. Philipp K. hatte das spätere Opfer der Anklage zufolge im Maßnahmenvollzug kennengelernt. Laut Staatsanwältin entwickelte sich eine sexuelle Beziehung zwischen den beiden Insassen. Am 27. März 2018 hielt sich das Opfer - nach Substitolkonsum in einem beeinträchtigten und weggetretenen Zustand - in der Einzelzelle des Beschuldigten auf. Der 31-Jährige soll sich am „willenlosen und schlafenden“ Häftling vergangen haben. Als der Mann wieder aufwachte, brachte der Angeklagte das schwankende Opfer in dessen Haftraum. Der Insasse schlief erneut ein. Am nächsten Tag in den Morgenstunden verspürte er massive Schmerzen. Er soll sich darauf zwei Mithäftlingen anvertraut haben, denen gegenüber K. die Tat laut Anklage zugegeben haben soll.

Persönlichkeitsstörung

Der 31-Jährige leidet laut Gutachten an einer „tief greifenden kombinierten Persönlichkeitsstörung und ist gefährlich“, betonte die Staatsanwältin. Weitere derartige Handlungen seien zu erwarten. Der Beschuldigte „ist nicht fähig, Mitleid und Mitgefühl zu empfinden“, sagte die Vertreterin der Anklagebehörde.

Der Betroffene hat laut Gutachten eine schwere Körperverletzung, „nämlich eine depressive Verstimmung in Form einer depressiven Anpassungsstörung“, davongetragen. Opferanwältin Alida Harrich forderte Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro. Dies wurde vom Angeklagten nicht anerkannt.

Verteidiger Bernhard Lehofer erklärte im Eröffnungsvortrag, es gebe „nicht die geringsten objektiven Beweise dafür“, dass sein Mandant die Tat begangen habe. Das entscheidende Beweismittel - eine Boxershort - sei nicht sichergestellt worden. Das Opfer könne sich an nichts erinnern, es gebe keinen Tatzeugen. Richtig sei, dass der Angeklagte und der Mitinsasse ein sexuelles Verhältnis miteinander hatten. Es habe aber niemals Handlungen gegen den Willen des Mithäftlings gegeben, sagte der Rechtsanwalt. Er beantragte mit Verweis auf den höchstpersönlichen Lebensbereich des Angeklagten den Ausschluss der Öffentlichkeit. Dies wurde vom Gericht abgewiesen, weil das öffentliche Interesse in diesem Fall schwerer als das Interesse des Beschuldigten wiege.

Der Angeklagte bekannte sich „natürlich nicht schuldig“ und sprach von einer „Freundschaft plus“ mit dem Opfer seit Ende 2017. Er beschrieb den Mitinsassen als „guten Freund“, er „war extrem hilfsbedürftig“. „Ich fühle mich in einem einzigen Punkt unter Anführungszeichen schuldig“, meinte K.: Er hätte in der gesamten Situation erkennen müssen, dass sein Freund „viel zu labil ist, um überhaupt eine tiefere menschliche Bindung einzugehen“.

Gechillt

K. hatte laut seinen Angaben am 27. März 2018 Cannabis geraucht und gemeinsam mit dem Freund in seiner Zelle ferngeschaut. „Wir haben miteinander was gehabt“, danach habe man „gechillt“. Der andere habe nicht geschlafen, betonte der 31-Jährige. Der Hauptzeuge manipuliere das angebliche Opfer und rede diesem den Missbrauch ein. „Ich komme mir selber vor wie im falschen Film“, die Vorwürfe „stimmen absolut nicht“, sagte der Beschuldigte. K. vermutete eine Intrige gegen ihn - es sei „nicht das erste Mal“, dass Mitinsassen versuchen würden, sein Leben zu zerstören.

Laut einem Gutachten ist der Angeklagte zurechnungsfähig. Im Falle eines Schuldspruchs droht ihm eine Freiheitsstrafe von fünf bis zu 15 Jahren. Die Staatsanwaltschaft hat zudem eine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach Paragraf 21 Absatz 2 Strafgesetzbuch (StGB) beantragt.

Philipp K. hatte seine ehemalige Freundin in der Nacht auf den 2. Juli 2010 in seiner Wohnung in Wien-Hietzing erstochen und zerstückelt. Er wurde im Mai 2011 wegen Mordes und Störung der Totenruhe einstimmig schuldig gesprochen. Der Angeklagte erhielt lebenslange Haft und wurde zudem in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das Urteil wurde im Februar 2012 rechtskräftig. K. wurde in einer Sonderabteilung der Strafanstalt Stein untergebracht, mittlerweile wurde er in die Justizanstalt Garsten verlegt.

„Ich kämpfe hier um mein Leben“, meinte der Angeklagte in seiner Befragung am Mittwoch. „Ich weiß, ich bin ein Mörder. Was ich gemacht habe, ist das Schlimmste, was man machen kann“, sagte er. „Ich muss büßen für lange Zeit und das ist auch richtig.“ Im Mordprozess 2011 hatte er die vorsätzliche Tötung der Studentin noch geleugnet.

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