Spitalsreform in NÖ: Uniklinik wird zum Milliarden-Projekt

Die Zahl der Organspenderaten und -transplantationen geht in Österreich zurück.
Als die Pläne für das neue Wiener Neustädter Krankenhaus vor sechs Jahren erstmals präsentiert wurden, galt es mit 535 Millionen Euro bereits als "das größte Investitionsprojekt in der Zweiten Republik – neben dem Regierungsviertel“, meinte damals Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).
Umwelteinwände und eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung samt Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) haben nicht nur den Bauzeitplan um Jahre nach hinten geworfen. Wenn heuer das UVP-Verfahren für das neue Uniklinikum startet, hat die Kostenschätzung schon astronomische Höhen erreicht.
Die Baukosten, die zwischenzeitlich bereits auf über 700 Millionen Euro korrigiert wurden, kratzen durch die Verzögerung und die massive Teuerung am Bau- und Energiemarkt an der Milliarden-Euro-Marke, heißt es von Insidern.
Hohe Bevölkerungsdichte im Wiener Umland
Je nachdem, wie das UVP-Verfahren verläuft und ob es beeinsprucht wird, kann mit dem Bau des neuen Schwerpunktklinikums in frühestens zwei bis vier Jahren gerechnet werden. Dabei erfordert der demografische Wandel gerade im Gesundheitsbereich dringendes Handeln. Durch die hohe Bevölkerungsdichte ist das in der Thermenregion deutlich spürbar.
Bis zum Jahr 2040 wird eine halbe Million Menschen in NÖ und damit knapp jeder Dritte über 65 Jahre alt sein. Was die Gesundheitsreform für die Thermenregion bedeutet, darauf wurde am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz im Detail eingegangen. Um die Spitäler zu entlasten, sieht der Gesundheitspakt im Wiener Umland vorgelagerte Erstversorgungsambulanzen (EVA) vor.
Erst, wenn die neue Klinik in Wiener Neustadt eröffnet wird, wandert die Akut-Pulmologie mit 30 Betten samt neuem Operationssaal vom Landesklinikum Hochegg nach Wiener Neustadt.
Neues altersmedizinisches Zentrum
Eine deutlich kleinere pulmologische Abteilung mit 60 statt bisher 90 Betten und einer Spezialisierung auf Tuberkulose bleibt hingegen in Hochegg. Dafür entsteht dort ein neues altersmedizinisches Zentrum samt Akut-Geriatrie. "Es geht darum, Patienten nach Operationen und schweren Erkrankungen wieder fit für den Alltag zu machen“, verrät Silvia Bodi, Geschäftsführerin der Gesundheit Thermenregion GmbH.
Bei der "rasant älter werdenden Bevölkerung“, brauche es auch am Standort Mödling eine neue Geriatrie, so Bodi, die alle Details zusammen mit den medizinischen, kaufmännischen und pflegerischen Standortleitern präsentierte.

Die Köpfe der Gesundheit Thermenregion präsentierten am Dienstag die Änderungen in Wiener Neustadt.
Mit dem "Gesundheitspakt 2040+“ bleibt im Gesundheitswesen Niederösterreichs kein Stein auf dem anderen. In manchen Regionen – wie dem Weinviertel – gibt es weitreichende strukturelle Einschnitte, in anderen Gebieten weniger. Das Landesklinikum Weinviertel Süd-West soll die Häuser in Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau (Bezirk Korneuburg) zusammenfassen, mehrere Spitäler werden zu Kliniken mit Sonderfunktionen.
Dass der Gesundheitsplan in der Sitzung der nö. Landesregierung am Dienstag einstimmig beschlossen wurde, werten Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) als "starkes Zeichen der Einigkeit im Sinne der Patientinnen und Patienten“. Am Donnerstag folgt der Landtagsbeschluss für die Reform. Der Pakt sieht in der Landeshauptstadt sowie in Wiener Neustadt zwei Zentralkliniken vor, die auch die höchste Spezialisierungsstufe aufweisen. Regionale Häuser mit Schwerpunktfunktionen sollen neben erweiterter Erst- und Akutversorgung auch Fachspezialisierungen bieten. Bereits diese Woche haben die Gespräche mit der Belegschaft dazu begonnen. Durch die Verlegung von Abteilungen kommen auf die Mitarbeiter Einschnitte zu. Beim Personal werde jedoch nicht gespart, so die Botschaft vom Personalvorstand der Landesgesundheitsagentur, Gerhard Dafert, und Zentralbetriebsrat Gottfried Feiertag.
Man müsse auf die Veränderungen am Arbeitsmarkt reagieren. Ein Nachlassen bei der Personalfindung oder gar ein Personalabbau stünden nicht zur Debatte, so Dafert. „Es braucht jeden Einzelnen, der in unseren Kliniken arbeitet. Die Jobs sind sicher, und wir werden auch keine befristeten Arbeitsverhältnisse aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen beenden.“
Abteilungstausch
Bis 2026 stehen in den Kliniken Mödling und Baden deutliche Strukturreformen an. Die Urologie wechselt von Baden nach Mödling. "Wir haben den nötigen Platz und können die Abteilung mit einem neuen Operationssaal samt OP-Roboter unterbringen“, so die Verantwortlichen.
Im Gegenzug kommt die Neurologie von Mödling nach Baden. Bereits bis Ende 2026 soll am Standort Baden eine Primärversorgungseinheit (PVE) jene Patienten "abfangen, die nicht ins Spital gehören und im niedergelassenen Bereich behandelt werden können“. Neben dem bereits in Betrieb befindlichen Primärversorgungszentrum Wienerwald in Breitenfurt soll bis Ende 2028 eine weitere PVE im Bezirk Mödling dazukommen. Die Uniklinik Neunkirchen behält ihre bisherige Versorgungsfunktion mit den etablierten Fachrichtungen für die "Grundversorgung“ in der südlichen Thermenregion.
Eine Herausforderung werden die ständig wachsenden Anforderungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Gerade für die Abteilung in der Hinterbrühl, die zuletzt dringend vergrößert werden musste, brauche es ein neues Konzept, hieß es dazu am Dienstag.
Deshalb soll mit der Reform ein eigenes "Sonderprojekt initiiert werden“, meint Bodi. Als völlig neuer Standort werde auch die neue Klinik in Wiener Neustadt geprüft.
Planung wird überdacht
Dort werde gerade die Planung generell evaluiert. "Mit der Präsentation der finalen Handlungsempfehlungen aus dem Gesundheitspakt müssen wir jetzt unsere internen Planungen anstellen, damit aus Empfehlungen auch konkrete Umsetzungsschritte werden“, sagt der Finanzvorstand der Landesgesundheitsagentur, Bernhard Kadlec.
Für Wiener Neustadt bedeutet die Rolle als Klinikum mit Zentralfunktion „auch eine Überarbeitung der aktuellen Planung“. Die neuen Gegebenheiten werden neu bewertet und nach Abschluss mit den Partnern auf Landesebene abgestimmt, so Kadlec.
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