Sperrstund' is

Pension: Elfriede Fazekas, Wirtin des Traditionsgasthauses "Zur Stadt Krems", schließt ihr Lokal. Die Stammgäste leiden.

Spargelsuppe, Rindsuppe mit Leberreis, Faschierte Laibchen, geröstete Hühnerleber, Schweinelende mit Spargel, Sauce Hollandaise und Heurigen, Powidltascherln. Die Tageskarte im Gasthaus "Zur Stadt Krems" in der Zieglergasse 37 in Wien-Neubau ist in diesen Tagen nicht anders als sonst. Den Stammgästen schmeckt es, aber sie wirken bedrückt. In der engen Küche herrscht nicht eben Fröhlichkeit. Koch Siegfried, 57, schält trübsinnig die Erdäpfel für den Salat, während Küchenhilfe Milica, 52, nachdenklich Fleischlaberln formt.

An der Schank schwankt Wirtin Elfriede Fazekas, 59, zwischen Wehmut und Erleichterung: "Sonntag ist unser letzter Tag, danach gibt es noch ein Restlessen für Stammgäste, dann sperren wir zu."

Nach 30 Jahren als Wirtin der "Stadt Krems" und 44 Jahren in der Gastronomie geht die rührige Wirtin in den Ruhestand. Eine Familientradition endet. Junior Manuel, 28, ist in der Versicherungsbranche.

Fazekas: "Meine Eltern stammen aus Deutschland. Sie sind nach dem Krieg in Wien hängen geblieben und haben ein Wirtshaus im Alsergrund geführt." Sie selbst lernte im Restaurant Schöner am Neubau (heute Siebenstern-Bräu), praktizierte während der Hippiezeit in London und war später in heimischen Sommer- und Wintersportregionen auf Saison. Dabei lernte sie ihren Mann kennen. Gemeinsam pachteten sie ein kleines Lokal. Nach einigen Jahren schaffte das Paar den Sprung ins gutbürgerliche "Zur Stadt Krems".

Die Frau Wirtin spezialisierte sich auf Innereien und wurde eine anerkannte Größe in Sachen geröstete Nieren, Leber, Hirn mit Ei und Beuschel. Die "Neue Küche" hingegen wurde konsequent ignoriert, Vegetarier mit gebackenen Champignons, Salat und Mehlspeisen verpflegt. Der Ehemann kam ihr im gastronomischen Dauereinsatz abhanden, Mannschaft und Stammgäste waren treuer. Ober Herbert Krautgartner, 67, der schon bei den Vorbesitzern gewerkt hatte, blieb bis zur Pensionierung vor zwei Jahren und wandelte sich dann zum eifrigen Besucher. Und ein verwitweter Stammgast avancierte zum neuen Lebenspartner. Frau Elfriede wird daheim weiterkochen (müssen). Der Mann steht total auf ihre Schmankerln.

Auch in anderen Bezirken gibt es Neuerungen in der Gastroszene. Wenig Erfreuliches in Döbling. Dort sperrt das alteingesessene Café-Restaurant Sammer Ende April. Auf der Freyung kehrt hingegen neues Leben ein. Den nach dem "Wienerwald"-Auszug seit Jahren leer stehenden Schottenkeller eröffnet Ende Mai der Sieveringer Gastronom Michael Zattl mit klassischer Wiener Küche neu.

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