Sorge vor der Sommersaison: Hüttenwirt dringend gesucht
Bergausflug ohne Einkehrschwung? Den alpinen Vereinen kommen die Wirte abhanden. Der Edelweisshütte am Schneeberg droht im Sommer die Schließung, ähnlich die Lage auch auf der Rax
Ein bisserl Schmäh führen, ab und zu einen Topfenstrudel backen und ansonsten seiner eigenen Wander- und Kletterleidenschaft frönen – diese naiv-romantische Vorstellung passt nicht zu den realen Anforderungen, die ein moderner Hüttenwirt mitbringen muss.
Stattdessen heißt es, frühmorgens Holz hacken und einheizen, den Schnee vor der Türe wegschaufeln, Betten machen, das Frühstück für die Gäste anrichten, 200 Essen für das Tagesgeschäft vorbereiten und nebenbei gestriegelt und gebürstet mit einem breiten Grinsen die Social-Media-Kanäle füttern.
Der Tag endet mitunter erst spätnachts, wenn auch der letzte Gast genug vom Zirbenschnapserl hat.
Dessen sind sich auch die alpinen Vereine in Österreich bewusst. Teilweise händeringend suchen sie nach Pächtern für ihre Berghütten.
Treffpunkt auf hohem Niveau
Bei guter Fernsicht ist er sogar aus Wien gut mit freiem Auge zu erkennen. Der 2.076 Meter hohe Schneeberg ist beliebtes Ausflugsziel, doch die höchste Erhebung Niederösterreichs steht ausgerechnet vor Beginn der Hauptsaison ohne Wirt da.
Mehrere hunderttausend Ausflügler und Wanderer zieht es jährlich zu Fuß, mit Tourenski oder der Zahnradbahn auf den Schneeberg, den meisten Besuchern ist die Edelweisshütte ein Begriff. Am Fadensattel, oberhalb von Losenheim, gibt es in 1.235 Meter Seehöhe praktisch kein Vorbeikommen an der markanten Hütte. „Das Haus ist für viele Tagesgäste ein Treffpunkt und durch die Nähe zur Bergstation der Schneeberg-Sesselbahn ganz leicht erreichbar“, heißt es beim Alpenverein Edelweiss.
Die größte Sektion im österreichischen Alpenverein sucht nun per Ausschreibung einen „motivierten Pächter oder eine Pächterfamilie“. Und wie man dem Anforderungsprofil entnehmen kann, ist das Leben am Berg kein Ponyhof. Gefragt ist touristische Erfahrung, Know-how für alle behördlichen und gesetzlichen Auflagen, fundiertes gastronomisches und betriebswirtschaftliches Wissen, alpine Erfahrung und vieles mehr.
Wer nicht alle Anforderungen erfüllt, dem will der Alpenverein auf die Sprünge helfen. „Für den Betrieb einer Alpenvereinshütte werden durch uns regelmäßig Schulungen angeboten“, heißt es dazu aus dem Büro in der Wiener Walfischgasse.
Wiener Alpen
Auch die Tourismusregion Wiener Alpen hat höchstes Interesse, dass unbedingt noch vor dem Sommer ein Pächter für die Hütte gefunden wird. Der Ausfall eines so prominenten Standortes schmerzt nicht nur die Touristiker, auch für die Bergrettung wäre es bitter, erklärt Karl Tisch von der Bergrettung Puchberg am Schneeberg. Die Hütte diente in der Vergangenheit immer wieder als wichtige Anlaufstelle und Standort bei größeren Einsätzen.
Der Alpenverein ist mit seiner Pächtersuche auf den wichtigsten Ausflugsbergen rund um die Bundeshauptstadt übrigens in bester Gesellschaft. Wenige Kilometer Luftlinie vom Schneeberg tut sich auf der Rax ein ähnliches Problem auf. Dem Österreichischen Touristenklub (ÖTK) ist im Karl Ludwig Haus auf 1.804 Meter Seehöhe am Raxplateau ebenfalls der Betreiber abhanden gekommen.
Das legendäre Schutzhaus ist jedem Bergfex ein Begriff. Mit 14 Zimmern und weiteren 21 Betten in zwei Matratzenlagern ist es das wohl beliebteste Übernachtungsziel weit und breit. Georg Oberlohr wickelt für alpine Vereine wie den ÖTK Neuvergaben von Hütten ab. Im Auftrag erstellt er Betriebskonzepte und berät angehende Hüttenbetreiber. Wie bei einem Puzzle müssen die Betreiber auch zu den jeweiligen Gegebenheiten und der Umgebung passen, sagt Oberlohr.
Pächterin auf der Hohen Wand
Das passende Puzzlestück scheint der ÖTK Wiener Neustadt auf der Hohen Wand gefunden zu haben. Mitten im beliebten Ausflugs- und Klettergebiet hatte der Pächter der Wilhelm-Eichert-Hütte den Hut drauf geschmissen.
In den nächsten Tagen soll eine Nachfolgerin präsentiert werden.
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