Sexueller Missbrauch: Statt Haftstrafe bildete Arzt Studentinnen aus

Sexueller Missbrauch: Statt Haftstrafe bildete Arzt Studentinnen aus
Brisanter Fall in niederösterreichischer Klinik aufgeflogen: Der frühere Feuerwehrarzt hatte Mädchen missbraucht.

Ein wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen verurteilter Arzt als Ausbilder junger Studentinnen einer Privatuni.

In Niederösterreich schlägt dieser Aufsehen erregende Fall derzeit in Medizinerkreisen hohe Wellen. Der ehemalige Feuerwehrarzt, Jugendleiter und Anästhesist in einer renommierten Wiener Klinik ist im Dezember vergangenen Jahres am Landesgericht Korneuburg zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dass er trotz eines reumütigen Tatsachengeständnisses immer noch nicht hinter Gitter sitzt, liegt daran, dass sein Anwalt Einspruch gegen das Strafausmaß eingelegt hat. „Das Oberlandesgericht Wien hat noch nicht darüber entschieden. Wir warten darauf“, bestätigt der Vizepräsident des Landesgericht Korneuburg, Wolfgang Schuster-Kramer. Abgewiesen wurde hingegen bereits die Nichtigkeitsbeschwerde.

Freier Mann

Somit ist das Urteil auch neun Monate später immer noch nicht rechtskräftig und der Mediziner ein freier Mann. Nach seinem Rauswurf in der Wiener Klinik hat er sogar wieder ein Job als Arzt gefunden. Er arbeitet mittlerweile unbehelligt in einer Klinik der NÖ Landesgesundheitsagentur. Und dort gehen seit Tagen die Wogen bei den Kollegen hoch. Denn der umstrittene Mediziner hat es geschafft, im Auftrag einer Privatuniversität als Ausbilder und Lehrarzt junge Studentinnen an der Klinik zu unterrichten. „In Kleingruppen oder Einzelunterricht. Es sind viele junge Studentinnen dabei. Wie kann das passieren?“, fragt sich ein erboster Kollege, der behauptet, die Leitung der Uni mehrmals anonym auf den brisanten Fall aufmerksam gemacht zu haben.

Allerdings soll der Mann erst nach der Anfrage von Medien von seiner Ausbildungstätigkeit abberufen worden sein. Eine entsprechende Info der Studiengangsleitung ist am Mittwoch kurz nach der schriftlichen Anfrage des KURIER an alle Beteiligten ergangen.

Da die Strafregisterbescheinigung unauffällig war, hegte man auch bei der NÖ Landesgesundheitsagentur keinerlei Verdacht. Als man jedoch diese Woche über die Vorwürfe bzw. das gerichtliche Verfahren informiert wurde, habe man die Konsequenzen gezogen, erklärt eine Sprecherin. Der Arzt wurde sofort von seinen Diensten entbunden. "Wenn der Sachverhalt geklärt ist, werden die weiteren dienstrechtlichen Schritte gesetzt", heißt es in einer Stellungnahme Mittwochnachmittag. Er war seit März 2021 an der Klinik beschäftigt.

Sedierende Substanzen

Besonders die Tatsache, dass bei den sexuellen Übergriffen auf junge Mädchen auch sedierende Substanzen im Spiel gewesen sein sollen, sorgt im Krankenhaus für Unbehagen. Als Anästhesist habe der Lehrarzt im Rahmen der Ausbildung uneingeschränkten Zugang zu Narkotika.

Lücken im System

Der Fall zeigt einmal mehr deutliche Lücken im System auf. Obwohl 2021 gegen den Arzt bereits wochenlang wegen des sexuellen Missbrauchs ermittelt wurde, erfuhr sein Dienstgeber erst aus den Medien von den damaligen Vorwürfen. Auch dieses Mal dürfte die Klinik in Niederösterreich keine Ahnung von dem voraus gegangenen Verfahren und der Verurteilung gehabt haben. Im Strafregisterauszug scheint die Verurteilung erst dann auf, wenn sie rechtskräftig ist. Eine Stellungnahme der NÖ Landesgesundheitsagentur war noch ausständig.

Wieso die Ärztekammer in dem Fall nicht aktiv geworden ist, wollte man auf Anfrage nicht beantworten. "Nach Rücksprache mit der Rechtsabteilung kann ich nur festhalten, dass zu allfälligen Verfahren aus rechtlichen Gründen keine Auskünfte gegeben werden können", sagt Sprecher Sascha Bunda.

Der Arzt hatte jedenfalls seine Stellung als Jugendleiter einer Feuerwehr schamlos ausgenutzt und Mädchen sexuell missbraucht. Das alles habe sich im Zuge der Nachwuchsarbeit bei der Feuerwehr zugetragen. Nachdem der Fall bekannt geworden war, habe der NÖ Landesfeuerwehrverband sofort die notwendigen Konsequenzen gezogen und sich von dem Feuerwehrarzt getrennt.

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