Semmering-Basistunnel wird zum Gamechanger auf der Südstrecke

Im Fröschnitzgraben finden die finalen Arbeiten an der Betonverkleidung statt. Die beiden Tunnelröhren warten bereits auf den Einbau der Technik
In weniger als zwei Stunden mit dem Zug von Wien nach Graz. Was kürzlich noch unmöglich erschien, ist ab Herbst 2030 Realität. Der Bau des Semmering-Basistunnels ist vier Jahrzehnte nach der ersten Idee auf die Zielgerade eingebogen. Am Dienstag ging es ein letztes Mal durch die Schachthebeanlage im Fröschnitzgraben 400 Meter tief ins Bergmassiv, bevor der Schacht mit Beton verkleidet und nur noch zur Belüftung der 27,3 Kilometer langen Tunnelröhren dient.

Im Fröschnitzgraben finden die finalen Arbeiten an der Betonverkleidung statt
Nachdem Ende November 2024 der letzte Meter Tunnel fertig gegraben wurde, ist der Innenausbau bereits voll im Gange. 55 Kilometer Beton-Innenschale in beiden Röhren sind fast fertig montiert. In wenigen Wochen beginnen bereits die Arbeiten für die technische Tunnelausrüstung.
Testfahrten ab 2029
Dazu werden in den Tunnelröhren alle für den Bahnbetrieb notwendigen technischen Anlagen eingebaut – also Kabel, Internetleitungen sowie die gesamte Ausrüstung für den Zugsverkehr. Kernstück der sogenannten „Festen Fahrbahn“ sind Beton-Gleistragplatten, auf denen schlussendlich die Schienen montiert werden.
Aufgrund der gewaltigen Dimensionen des Tunnels sind dafür über drei Jahre notwendig. "Läuft alles nach Plan, hoffen wir den Tunnel 2029 betriebsbereit zu haben, um danach mit den Testfahrten beginnen zu können“, erklären Projektleiter Gerhard Gobiet und sein Kollege Gernot Nipitsch.
Nothaltestelle im Berg
Der Lokalaugenschein am Dienstag konzentrierte sich auf die Sicherheitseinrichtungen in den Röhren. Die europäischen Richtlinien sehen ab einer Tunnellänge von 20 Kilometern eine Nothaltestelle im Berginneren vor.
Jene im Semmering-Basistunnel ist einen Kilometer lang und konnte nun erstmals besichtigt werden. Bei einem Unfall oder beispielsweise einem Brandereignis kann ein Zug darin abgestellt werden. Durch Querschläge gelangt man in einen Fluchtstollen. Eine Evakuierung der Passagiere erfolgt im Notfall dann auf kurzem Weg durch die zweite Röhre bzw. das andere Gleis mit Hilfe von Rettungszügen. "Wir hoffen, dass wir das niemals benötigen“, so Gobiet.
Ein Rückblick auf die Geschichte des Basistunnels verdeutlicht, wie speziell das 4,2 Milliarden Euro teure Projekt ist. In den 1980er-Jahren stieß die ÖBB Vorplanungen für den Tunnel an. 2005 wurde das alte Projekt nach jahrelangen Streitigkeiten komplett ad acta gelegt - kurz darauf starteten Planungen für den „Semmering-Basistunnel neu“.
Achse mit der Koralmbahn
Nach der Einreichung aller Behördenunterlagen 2010 brauchte es wegen der vielen Einwände und Einsprüche sieben Jahre, bis man Rechtssicherheit für das Projekt hatte, erklärt Gobiet. Zehn Jahre hat es gedauert, bis die beiden Röhren zwischen Gloggnitz (NÖ) und Mürzzuschlag (Steiermark) fertig gegraben, gebaggert und gesprengt waren.
Mit der Inbetriebnahme der Koralmbahn im heurigen Dezember und dem Semmering-Basistunnel 2030, wird die 470 Kilometer lange Südstrecke eine völlige neue Qualität für Fahrgäste und Güterverkehr bieten, so die ÖBB. "Das ist eine neue Dimension des Reisens“, erklären Gobiet und Nipitsch.
Rekordzeit
Für die Bahnfahrt von Wien nach Klagenfurt benötigt man aktuell noch vier Stunden, mit der Eröffnung des Semmering-Basistunnels nur noch 2:40 Stunden. Wie Berechnungen der ÖBB ergeben haben, bringt jeder investierte Euro in den Tunnel fünf Euro an Wertschöpfung für Österreich retour.
Kommentare