Historischer Tag: Semmering-Basistunnel fertig gegraben

Die unendliche Geschichte zum Semmering-Basistunnel hat eines seiner letzten Kapitel erreicht.
Vierzig Jahre nach der ersten Idee zum Bau der Röhren durch das Semmering-Massiv wurde am Freitag beim Tunnelportal in Gloggnitz (NÖ) ein historischer Tag begangen.
Nachdem Ende November 2024 der letzte Meter Tunnel fertig gegraben wurde, hat es nun am Semmering einen wahrlich großen Bahnhof gegeben. Vertreter der EU, des Bundes sowie der Länder Niederösterreich und Steiermark feierten gemeinsam mit den ÖBB "eines der größten heimischen Infrastrukturprojekte“, wie es Bundesbahnen-CFO Manuela Waldner bezeichnete. Den hunderten Mineuren, Ingenieuren und anderen Beteiligten an den Arbeiten zollte sie "höchsten Respekt“.

Anne Elisabet Jensen (EU-Koordinatorin Baltisch-Adriatischer Korridor), NÖ LHStv. Udo Landbauer (FPÖ), Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne), NÖ LH Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die Dritte NR-Präsidentin und Tunnelpatin Doris Bures (SPÖ), ÖBB-CFO Manuela Waldner bei der Durchschlagsfeier in Gloggnitz
Herausforderung für die Mineure
Um drei Monate früher als zuletzt erwartet, hatten die Mineure im vergangenen November die "komplexeste geologisch-tektonische Struktur der Ostalpen“ überwunden und den letzten Tunneldurchschlag geschafft.
Projekt von "europäischer Dimension"
Die Inbetriebnahme des Tunnels werde das Bahnfahren auf der Südstrecke "revolutionieren“, sagte Waldner in Vertretung des erkrankten ÖBB-CEO Andreas Matthä. Die Fahrzeit Wien-Graz verkürzt sich durch den Semmeringtunnel um 50 Minuten. Die Finanzvorständin sprach von einem "Gamechanger für Österreich und Europa“.
Anne Elisabet Jensen, EU-Koordinatorin Baltisch-Adriatischer Korridor, verwies auf viele Maßnahmen, die notwendig seien, wenn es um eine grüne Wende gehe. Die Fertigstellung von Projekten wie der Koralmbahn oder dem Semmering-Basistunnel habe eine klare "europäische Dimension". Sie seien wichtige Teile der Achse von der Ostsee zur Adria, betonte die Dänin, die sich "massiv beeindruckt“ zeigte.

Schiene und Straße
Der Semmering-Tunnel sei "wirklich ein Meilenstein“, sagte auch Ministerin Leonore Gewessler (Grüne). Die Bahn bezeichnete sie als „für den Klimaschutz unerlässlich“. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verwies auf die "Ingenieurkunst“, die hinter dem Projekt stecke, und die Stärkung des Wirtschaftsstandorts, die der Tunnel bedeuten werde. In einem Flächenbundesland brauche es freilich Schiene und Straße.
"Beeindruckt, was geleistet wurde“, zeigte sich Niederösterreichs Landesvize Verkehrslandesrat Udo Landbauer (FPÖ). "Das geht sich dann (auf der Straße, Anm.) nicht mehr aus“, hielt er als "begeisterter Autofahrer“ fest, wenn Wien - Graz ab 2030 in unter zwei Stunden verbunden sein wird und es von der steirischen Landeshauptstadt schon ab Dezember in weiteren 45 Minuten nach Klagenfurt geht.
Mit 230 km/h durch den Tunnel
Das niederösterreichische Gloggnitz ist mit dem steirischen Mürzzuschlag (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) unterirdisch fertig zweiröhrig verbunden. Bereits seit 2020 läuft die Auskleidung mit einer Betoninnenschale. Dabei wird der Tunnel mit einer Betoninnenschale ausgekleidet, fast 45 km von insgesamt 55 km in zwei Röhren sind bislang gebaut. Nach Fertigstellung der Schale erfolgt als letzter Schritt noch die bahntechnische Tunnelausrüstung wie Gleise und Leitungen, bevor letztendlich die Züge durch den Tunnel fahren können.
Wenn im Jahr 2030 schließlich Züge mit bis zu 230 km/h durch den 4,2 Mrd. Euro teuren Tunnel fahren werden, ist der Ausbau der 470 Kilometer langen Südstrecke abgeschlossen, die Teil des Baltisch-Adriatischen-Korridors ist, der wiederum 1.700 Kilometer umfasst.
Kostenexplosion und vier Todesopfer
Als bitterer Beigeschmack bei dem Projekt bleiben wohl die Kosten. Die Komplikationen haben den Zeitplan um fast vier Jahre nach hinten geworfen, die Kosten sind von 3,5 auf 3,9 Milliarden Euro gewachsen. Alleine die Preissteigerung durch die Ukraine-Krise hat laut ÖBB etwa 200 Millionen Euro ausgemacht.
Bei dem Festakt in Gloggnitz wurde am Freitag auch der bei den Arbeiten tödlich Verunglückten gedacht. Vier Menschen sind in den Jahren 2020 und 2023 ums Leben gekommen, erinnerte Projektleiter Gerhard Gobiet.
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