Pensionist aus NÖ: Schon vier Kinder vor Ertrinken gerettet
Der Mitschnitt des fünf Minuten langen Notrufs mit den Anleitungen zur Wiederbelebung rührt zu Tränen. Seitdem die erst 19 Monate alte Tochter Emeline von US-Skistar Bode Miller und seiner Frau in einem Pool ertrank, nutzen die Eltern ihren weltweiten Bekanntheitsgrad, um in den sozialen Medien auf den so genannten lautlosen Tod von Kindern (Kinder gehen unter, ohne um sich zu schlagen, Anm.) aufmerksam zu machen. Sie sprechen einem 70-jährigen Niederösterreicher mit ihrer Botschaft aus der Seele.
Johann Bayr ist vermutlich mit Ausnahme von Rettungsschwimmern eine der wenigen Personen, die nicht nur einem, zwei oder drei Ertrinkenden das Leben gerettet hat. Schani, wie Freunde den pensionierten Schulwart und Reporter nennen, hat in jungen Jahren nachweislich vier Menschen vor dem Ertrinkungstod bewahrt.
Weil Bayr nicht gerne im Rampenlicht steht, hat sein früherer Chefredakteur den KURIER auf die besondere Lebensgeschichte des Mannes aufmerksam gemacht. Aufgewachsen im beschaulichen Arbesbach im Waldviertel hat Schani seine Kindheit mehr oder weniger am Ufer des Kamps verbracht.
Eisscholle
Es war ein sonniger Wintertag im Jahr 1963, als der damals 15-Jährige mit seinem besten Freund an einem privaten Badeteich bei Arbesbach unterwegs war. Als die wärmenden Sonnenstrahlen die zugefrorene Eisdecke bereits knistern ließen, geschah das Unglück. „Eine Eisscholle brach und mein Freund fiel ins eisige Wasser. Irgendwie hab ich es noch geschafft, ihn heraus zu ziehen“, erzählt Schani.
Nur zwei Jahre später passierte am Kamp das nächste Unglück. Ein Jugendfreund blieb nach einem Sprung mit dem Kopf voran unter Wasser im Schlamm stecken. Wieder wurde Bayr zum Lebensretter. „Ich konnte ihn an den Beinen packen und an Land ziehen.“
Achtjährige ging unter
Wiederum ein Jahr später stand im Sommer 1968 das Leben der achtjährigen Monika Höfinger auf Messers Schneide. „Es war ein heißer Tag und ich war mit meiner Mutter und meinem Bruder am Kamp spielen“, schildert die heute 60-Jährige. Weil sie damals noch nicht richtig schwimmen konnte, spazierte sie nur im knietiefen Wasser herum. Da kurz zuvor jedoch Felsen aus dem Uferbereich mit einem Bagger entfernt wurden, stürzte das kleine Mädchen in ein tiefes Loch. „Ich ging sofort unter wie ein Stein“, erinnert sie sich. Bayr nahm am Ufer gerade ein Sonnenbad, als er die gellenden Schreie der Mutter hörte.
Ohne eine Sekunde zu zögern, sprang er in den Kamp und tauchte nach dem versunkenen Kind. „Ich fand sie mit offenem Mund und riesigen Augen am Rücken auf dem Grund. Dieses Bild wird mir immer im Kopf bleiben“, erzählt Bayr.
Nachdem er dem Mädchen das Wasser aus der Lunge „gepumpt“ hatte, kam die Achtjährige wieder zu Bewusstsein.
Obwohl Bayr seit den 1970er-Jahren der Liebe wegen Hunderte Kilometer weit entfernt im Bezirk Neunkirchen lebt, ist der Kontakt zwischen der Frau und ihrem Retter niemals abgerissen. Die beiden treffen einander immer noch regelmäßig beim Feuerwehrfest oder zu anderen Anlässen im Waldviertel.
Fast auf den Tag genau vor 50 Jahren wurde Bayr zum vierten Mal zum Lebensretter. Ein Bub war in einem aufblasbaren Schlauch wie beim Rafting auf dem Hochwasser führenden Kamp unterwegs. Er wurde den Fluss hinunter gepeitscht. Bevor er über die Wehr stürzte, konnte Johann Bayr ihn aus den Fluten retten. „Danach habe ich aufgehört baden zu gehen. Man sitzt nach solchen Erlebnissen immer nur am Ufer und beobachtet besorgt das Wasser.“
Zwischen 2007 und 2016 sind in Österreich 507 Menschen durch Ertrinken ums Leben gekommen, 40 davon waren Kinder. „Anstatt die Kleinen vor dem Computer, dem Handy oder dem Fernseher sitzen zu lassen, sollten Eltern darauf achten, dass jedes Kind eine fundierte Schwimmausbildung bekommt“, lautet Bayrs Appell an die Erwachsenen.
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