Schiffe als Gefahr für Flutschutz

Wüste, donauiauen
Spezialist Joksch fürchtet, dass Menschen hinter den mobilen Wänden sorglos werden könnten.

Seit 2003 bestimmt der Hochwasserschutz in der Wachau das Leben des Ziviltechnikers Reinhard Joksch. Als Projektleiter war er von der Planung bis zur Errichtung für die Anlagen in Weißenkirchen und Spitz zuständig. Praktisch alle anderen in der Wachau hat er berechnet. Dass alles funktioniert hat, macht Joksch „froh und dankbar, besonders weil die Leute zufrieden sind“. Aber er warnt: „Manche fühlen sich zu sicher.“

Besonders Spitz war eine Herausforderung für Joksch, der in der Gemeinde wohnt. „Der Bau ist viel komplexer als in Weißenkirchen“, erzählt Joksch, einer der Chefs von Retter und Partner in Krems. „Die Bäche aus dem Hinterland brachten Schwierigkeiten“, erinnert er sich. Ihr Wasser wird von unterirdischen Pumpwerken in die Donau befördert. „Die Pumpen sind mit zwei separaten Stromleitungen versorgt. Aber wir hatten diesmal zur Sicherheit sogar schon Notaggregate des Heeres in Bereitschaft“, erzählt Joksch.

Schiffe als Gefahr für Flutschutz
Reinhard Joksch Hochwasserschutz Spitz, mit Bürgermeister Andreas Nunzer (hinten)

„Zu glauben, wir könnten die Natur beherrschen, ist arrogant“, sagt Joksch.

Dass die Anlagen so gut funktioniert haben, bringt aus seiner Sicht neue Gefahr: „Wenn Leute sich darauf verlassen und ihre Häuser nicht mehr ausräumen. Ich habe auch kein gutes Gefühl, wenn Touristen entlang der voll belasteten Wände spazieren gehen oder gar mit ihren Kindern auf Dämmen flanieren“, betont Joksch.

Größtes Risiko sind aus Jokschs Sicht Schiffe, die bei Hochwasser an dafür vorgesehenen Anlegestellen festmachen. „Die werden alleine von Seilen gehalten. Wenn die reißen, haben wir ein echtes Problem für die Mobilwände.“

Umdenken

Die aktuelle Flut ist aus seiner Sicht eine Naturkatastrophe, wie man sie nicht abwenden kann. „Wir haben früher mit der Arbeit der Reparaturen gelebt. Jetzt leben wir mit dem Saubermachen. Das ist ein Umdenkprozess“, meint Joksch. Doch die Schutzanlagen hätten Langzeitschäden an vielen Häusern vermieden.

Eine Erhöhung der Mobilwände wäre technisch möglich: „Aber da wechseln wir die Liga: Man müsste die Alu-Elemente durch stählerne ersetzen. Da wäre wegen des höheren Gewichts eine ganz andere Logistik nötig.“

Für Krems sei eine Erhöhung des Mobildammes bereits berechnet und genehmigt. Allerdings bräuchte er dann Stützen, die auf die B 3 ragen.

Der im Machland-Süd zwischen Wallsee und Ardagger von der Donauflut angeschwemmte Schlamm stellt die betroffenen Landwirte vor Riesenprobleme. Wie eine riesige Wüste hat das Sand-Erdgemisch die fruchtbaren Äcker und Wiesen zugedeckt. Weil sich in der Masse ein extrem hoher Sandgehalt befindet, trocknet das Material zur steinharten Steppe aus.

„Das organische Material beträgt vielfach nur 20 Prozent oder weniger. Der Sand besteht aus Kalk und dürfte von Gebirgsbächen stammen. Fruchtbarer Untergrund sieht jedenfalls anders aus“, berichtet Bürgermeister Hannes Pressl aus Ardagger. An die 2000 Hektar Agrar- und Waldland sind alleine in dieser Gemeinde betroffen. Bauern, von denen viele existenziell von dem Grund und Boden im Augebiet abhängig sind, rechnen mit Ertragsverlusten über Jahre hinaus. Dazu müssen sie auf die heurige Ernte zur Gänze verzichten und sind derzeit zeitlich enorm eingespannt um die aktuellen Schäden zu erheben und bei den jeweiligen Kommissonen und Behördenstellen für Entschädigungen zu melden.

21.500 Manntage haben Soldaten des Bundesheers gegen das Hochwasser in Niederösterreich angekämpft und bei den Aufräumarbeiten geholfen. Dies gab der nö. Militärkommandant Rudolf Striedinger am Freitag im Rahmen einer Bilanz des Assistenzeinsatzes bekannt.

In insgesamt 40 Orten war das Heer im Einsatz; stärkster Tag war der 7. Juni, als 1900 Soldaten Sandsäcke füllten und Dämme sicherten. Dazu kamen 60 Flugstunden; u. a. um einen aufgeweichten Damm in Wallse mit so genannten Big Packs (tonnenschwere Groß-Gebinde mit Sand oder Schotter; Anm.) zu stabilisieren. Dankbar ist Striedinger auch der gut funktionierenden Kooperation des Heeres mit Raiffeisen: „So konnten wir zu den 25 eigenen Baufahrzeugen 14 zusätzliche Bagger einsetzen.“

Der Einsatz habe bereits am ersten Juni begonnen, als Soldaten beim Aufbau des mobilen Hochwasserschutzes in Weißenkirchen in der Wachau halfen und er dauert bis heute an: „500 Mann sind noch voraussichtlich bis Mitte kommender Woche im Einsatz.“ Konkret gebe es noch in Gottsdorf bei Melk und bei der Bergung der gesunkenen Piraten-Kneipe in Hößgang Handlungsbedarf.

Zwei Drittel der eingesetzten Soldaten sind übrigens Grundwehrdiener, sagt Striedinger.

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