Schiele-Erbe will Bilder zurück

Werner Gradisch will der Stadt Tulln „kein Ei legen, sondern die Politik wachrütteln“, sagt er.
Werner Gradisch nimmt der Stadt Tulln seine Leihgaben nach kuriosem Streit weg. Dort bleibt man allerdings gelassen.

Werner Gradisch (68) ist der „letzte verbliebene Zeitzeuge der Familie Schiele“. So bezeichnet er sich selbst und so will er auch behandelt werden. Und deshalb liegt der Großneffe von Egon Schieles Schwester Melanie jetzt auch im Clinch mit der Stadtgemeinde Tulln (NÖ). Die hat nämlich gegen den Schiele-Erben Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft (BH) Tulln eingebracht.

Grund dafür ist ein ausständiges Gutachten eines Rauchfangkehrers. Das hatte die Stadt von Gradisch gefordert, weil der seine Therme umgebaut und die notwendige Dichtheitsprobe des Abzugs – als pensionierter gerichtlich beeideter Sachverständiger für Maschinenbau und Energietechnik – gleich selbst erledigt hat. Gradisch hat das der Stadt gemeldet, doch die besteht auf das Gutachten vom Rauchfangkehrer.

Das Strafverfahren bei der BH läuft. Und Gradisch droht deshalb der Stadt, die Werke seiner geerbten Schiele-Privatsammlung dem Tullner Schiele-Museum zu entziehen. Seit dem Jahr 1990 sind dort etwa 1500 Exemplare – darunter Zeichnungen, Dokumente und Tagebücher – aus seiner Sammlung ausgestellt. Die Zusammenarbeit habe bis vor Kurzem gut funktioniert, sagt Gradisch.

Dann halt nicht

Die Stadt Tulln hat ihn sogar mit dem „Bürgerrecht“ (einer Vorstufe zur Ehrenbürgerschaft) geehrt. Doch die Auszeichnung hat Gradisch jetzt zurückgegeben: „Wenn die Stadt nicht einmal mit mir diskutiert, dann gibt es eben keine Zusammenarbeit mehr“, sagt Gradisch. „Ich ziehe meine Sammlung zurück und damit ist die Sache erledigt.“

Bürgermeister Peter Eisenschenk (ÖVP) sieht der Drohung unaufgeregt entgegen: „Für Herrn Gradisch gelten dieselben baubehördlichen Vorschriften wie für jeden anderen Bürger“, sagt der Stadtchef. Außerdem könne Gradisch der Stadt die Bilder nicht entziehen, weil das Tullner Schiele-Museum mittlerweile von der Museumsbetriebs GmbH des Landes Niederösterreich betrieben wird.

Schaden könnte das dem Image der selbst ernannten „Schiele-Stadt“ (mit Schiele-Denkmal, Schiele-Pfad und bald auch einem Schiele-Bahnhof) allerdings schon. Das befürchtet auch Stadtrat Ludwig Buchinger (Liste TOP). Er will sich jetzt um eine Lösung bemühen. Eisenschenk bleibt jedenfalls weiterhin gelassen. Wenn Gradisch die Bilder nicht mehr zur Verfügung stelle, werde man eben andere ausstellen.

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