"Der helle Wahnsinn": Bürgerprotest gegen Schießplatz in NÖ
„Es ist der helle Wahnsinn, die Knallerei wird immer schlimmer.“ Stefan H. (Name geändert, Anm.) hat sich dieser Tage wieder einmal an den KURIER gewandt.
H. lebt im Süden der Landeshauptstadt St. Pölten, sein Haus befindet sich in der Nähe des Schießplatzes Völtendorf. Auf der Anlage trainieren das Bundesheer und die Polizei.
Was H. besonders nervt sind die Betriebszeiten. „Montag bis Donnerstag wird von 8.30 bis 18 Uhr und darüber hinaus geschossen, einmal wöchentlich sogar bis 22 Uhr. Am Freitag geht es manchmal bis 17.30 Uhr“, erzählt er. Laut H. werden auf dem 50 Hektar großen Areal zudem Sprengübungen durchgeführt, Hubschrauberlandungen inklusive.
H. steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Mehr als 1.600 Personen haben eine Petition unterzeichnet, die die Errichtung eines modernen Lärmschutzes fordert. Die Betroffenen betonen aber ausdrücklich, dass sie nicht gegen den Schießplatz per se sind und eine gute Ausbildung der Einsatzkräfte befürworten.
Das Bundesheer hat bereits vor einiger Zeit auf die Kritik reagiert. Es wurden Wälle errichtet und Bäume gepflanzt, um den Lärm zu mindern. Zu wenig, sagt H. „Richtung Osten sind beide Schießplätze weiterhin offen. Durch den Gegenhang im Westen wird der Lärm reflektiert, was die Belastung nochmals erhöht."
Ausnahmefälle
Seitens der Armee wird betont, dass man sich selbstverständlich an die Betriebszeiten halte. Tatsächlich darf unter der Woche von 8 bis 20 Uhr geschossen werden, heuer habe es zudem erst einmal eine Nachtübung bis 22 Uhr gegeben. „Hubschrauberlandungen werden deshalb durchgeführt, weil die Piloten trainieren müssen. Aber auch das kommt nur sehr selten vor“, betont ein Heeressprecher.
Allerdings treibt die Anrainer der Schießanlage auch noch eine andere Sorge um. Mit großer Erleichterung vernahmen sie im Jahr 2022 die Nachricht, als Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) die Pläne für das neue Sicherheitszentrum in der Landeshauptstadt präsentierten.
Die Freude war bei den Bürgern deshalb groß, weil in dem Zentrum eine unterirdische Schießanlage errichtet werden soll, in der Polizisten auch mit Langwaffen feuern können. Das Sturmgewehr stellt eine große Lärmbelastung dar, vor allem wenn sehr schnell geschossen wird (Dauerfeuer).
Doch die Bauarbeiten lassen auf sich warten. Zwar betonen die Verantwortlichen, dass alles „auf Schiene“ sei, ein entsprechender Vertrag wurde allerdings noch nicht unterzeichnet.
Sechs Jahre Bauzeit
„Viel Zeit bleibt nicht mehr. Im Herbst wird gewählt. Ein anderer Innenminister könnte das Projekt in der Schreibtischlade verschwinden lassen“, meint H. Dies war übrigens schon einmal der Fall. In seiner Zeit als ÖVP-Innenminister wollte Wolfgang Sobotka (April 2016 bis Dezember 2017) das Vorhaben vorantreiben, sein Nachfolger Herbert Kickl von der FPÖ (2017 bis 2019) war hingegen gegen die Polizeikaserne.
Laut Landespolizeidirektor Franz Popp dürfte das mehr als 200 Millionen Euro teure Projekt aber bald in trockenen Tüchern sein, es müssten nur noch Details geklärt werden, berichtet er.
In Geduld üben müssen sich die Anrainer des Schießplatzes in Völtendorf aber so oder so. Denn der Bau des Sicherheitszentrums dürfte etwa sechs Jahre dauern.
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