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Der bequemste Weg von der Landeshauptstadt St. Pölten in den Wallfahrtsort Mariazell führt über die Schiene. Dass die Passagiere auch sicher angekommen, dafür ist an diesem Donnerstag Helmut Riedl zuständig. Seit neun Jahren ist Riedl Lokführer, sein Arbeitsplatz ist die Mariazellerbahn.
Gefahr
Bremskontrolle, ein Blick zum Schaffner und auf den Bahnsteig, dann geht es los. Langsam rollt die Himmelstreppe aus dem Hauptbahnhof, ein gemächliches Gleiten ohne Rumpeln. „Die 80 Kilometer lange Strecke“, sagt Riedl, „ist dennoch eine Herausforderung.“
Das liegt vor allem auch an den vielen Bahnübergängen, die die Route säumen. 200 sind es insgesamt, nicht alle sind gesichert. Das ist auch gar nicht möglich, weil es viele Übergänge, Güterwege vielmehr, gibt, die von den Landwirten mit ihren Maschinen genutzt werden. Eigentlich müsste jede Querung zuvor in der Betriebszentrale in Laubenbachmühle gemeldet werden, doch das passiere leider nicht immer, heißt es bei den NÖ Bahnen.
Ungeduldige Autofahrer
„Es kommt immer wieder zu gefährlichen Situationen“, spricht der 50-Jährige aus Erfahrung, während die Mariazellerbahn durch einen Tunnel fährt. Die Gründe sind bekannt, in den allermeisten Fällen handelt es sich um menschliches Versagen: Personen, die über die Gleise laufen, weil sie eine Abkürzung nehmen wollen, ungeduldige Autofahrer, die das Rotlicht ignorieren, unachtsame Verkehrsteilnehmer – die Liste ist lang.
Riedl erzählt, dass er immer wieder auch junge Menschen sehe, die bei Rotlicht einen Bahnübergang queren. „Ich spreche sie darauf an, versuche zu erklären, in welche Gefahr sie sich begeben.“
Nicht alle Vorfälle gehen glimpflich aus. Seit dem Jahr 2010 kam es auf den Strecken der Niederösterreich Bahnen zu 47 Unfällen an Bahnübergängen, drei Menschen starben, 16 wurden verletzt.
Kampagne
Mit der Kampagne „Sei g’scheit“ will das Unternehmen derzeit auf diese Gefahr verstärkt hinweisen. „Je nach Geschwindigkeit, kann der Bremsweg eines Zugs bis zu 1.000 Meter betragen. Ein Bahnübergang erfordert daher immer die volle Aufmerksamkeit aller Verkehrsteilnehmer“, betont auch Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko.
Viele Millionen Euro wurden in den vergangenen Jahren in die Streckensicherheit investiert. Jede Schrankenanlage ist teuer, im Schnitt betragen die Kosten rund 180.000 Euro.
Psychologisch geschult
Im Führerstand bekommt Riedl ein Signal, wenn das Rotlicht bei einem Übergang angeht. Diese technischen Maßnahmen dienen nicht nur der Sicherheit, sind auch ein Segen für die Anrainer, weil ihnen dadurch das Zug-Pfeifen erspart bleibt.
Dass Unfälle viel Leid bei den Betroffenen auslösen können, weiß auch Zugführer Riedl. Der 50-Jährige ist Mitglied eines sogenannten Peer-Teams, das gerufen wird, wenn es zu Unglücken kommt. „Wir sind psychologisch geschult, sind für das Zugpersonal da. Wir lassen niemanden alleine“, erzählt er.
Die Fahrt am Donnerstag verläuft zum Glück ohne Zwischenfälle, mit geübten Handgriffen bringt Helmut Riedl die Passagiere an ihr Ziel. „Es gibt für mich keine schönere Strecke. Es macht wirklich eine große Freude mit der Mariazellerbahn fahren zu dürfen“, sagt er.
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