St. Pöltner Diversity Café: Zusammenhalt auch in Krisen-Zeiten wichtig

St. Pöltner Diversity Café: Zusammenhalt auch in Krisen-Zeiten wichtig
Das Diversity Café in St. Pölten steht für interkulturellen Austausch und soziale Beziehungen. Heuer feiert man das fünfjährige Jubiläum.

Der KURIER berichtet ab sofort verstärkt aus der Landeshauptstadt St. Pölten. Wenn Sie über alle wichtigen Themen in der Stadt informiert bleiben wollen, dann können sie sich hier oder am Ende des Artikels für den wöchentlichen Newsletter "Ganz St. Pölten" anmelden. 

„Wie können wir den Menschen helfen, die neu in St. Pölten angekommen sind?“, mit dieser Ausgangsfrage gründete Karl Tanzberger ein Jahr nach der Flüchtlingskrise 2015 das Diversity Café im Rathaus in St. Pölten. Die Idee war einen Ort für Menschen aus unterschiedlichen Ländern mit verschiedenen Interessen zu schaffen, wo soziale Netzwerke aufgebaut werden können.

„Es berührt mich, wenn sich Menschen begegnen und über Kultur- und Sprachgrenzen hinweg Freundschaften schließen“, so Tanzberger. 

"Ich habe hier eine neue Familie gefunden"

Fünf Jahre gibt es das Diversity Café mittlerweile und bis zum ersten pandemiebedingten Lockdown trafen sich bis zu 100 Menschen aus Afghanistan, Syrien, Georgien und noch einigen anderen Ländern jeden Samstag im Raum der Begegnung. Wie der Name schon sagt, sollen hier Unbekannte zu Bekannten werden.

„Ich habe hier eine neue Familie gefunden“, sagt Mozhdeh Wajihe Setudeh. Die Künstlerin ist seit drei Jahren regelmäßige Teilnehmerin des Diversity Cafés. Sie stammt aus dem Iran und gilt als Ansprechperson für iranische und afghanische Frauen. Neben wöchentlichen Frauentreffs, hat Mozhdeh Wajihe Setudeh auch Kreativworkshops ins Leben gerufen.   

St. Pöltner Diversity Café: Zusammenhalt auch in Krisen-Zeiten wichtig

Mozhdeh Wajihe Setudeh (links vorne im Bild) ist Frauenbeauftragte im Diversity Café. Der Projektleiter ist Karl Tanzberger (in der Mitte im Bild).

Kurse für Männer, Frauen und Kinder

Im Laufe der Jahre haben sich einige Nachfolgeprojekte etabliert: Ein Mitmachzirkus für Kinder, Lern- und Malkurse, Theater-, Tanz- und Musikworkshops, spezifische Schwerpunkte für Frauen und Männer sowie Informationsabende zu verschiedenen Themen.

Auch das Interesse an der deutschen Sprache ist groß. „Am Anfang haben wir kaum geredet und fast nur gelacht. Wir haben einfach Tee und Café getrunken, Schnitten gegessen und Wortwitze gemacht“, erzählt Tanzberger. Vor der Pandemie wurden drei Mal die Woche kostenlose Deutschkurse von drei pensionierten Lehrerinnen angeboten. In manchen Zeiten nahmen in der Woche bis zu 70 Leute teil.

Gegenseitige Unterstützung

„Wo darf ich arbeiten? Wer kann mir helfen? Wo finde ich einen Dolmetscher?“, im Diversity Café wird nicht nur der freundschaftliche Austausch gepflegt, sondern auch geholfen. Einige Menschen, die schon jahrelang in Österreich leben, bemühen sich laut dem Gründer noch immer um einen positiven Asylbescheid. „Das Asylverfahren ist sehr kompliziert, das geht ohne Unterstützung nicht“, so Tanzberger.

St. Pöltner Diversity Café: Zusammenhalt auch in Krisen-Zeiten wichtig

Im Diversity Café wurden viele Freundschaften geschlossen.

St. Pöltner Diversity Café: Zusammenhalt auch in Krisen-Zeiten wichtig

In der Krise unterstützt man einander in kleineren Gruppen.

St. Pöltner Diversity Café: Zusammenhalt auch in Krisen-Zeiten wichtig

Vor der Pandemie wurden große Feste zu Feiertagen jeder vertretenen Religion gefeiert.

Aufklärungsarbeit zu Corona 

Auch in der Corona-Krise leisten Mitglieder der "Diversity Café Gemeinschaft" gegenseitige Aufklärungsarbeit. Von Impf- und Testanmeldungen bis hin zur Bearbeitung von Fake-News: In kleineren Gruppen wird regelmäßig via Whatsapp oder Anrufen kommuniziert. Die psychische Belastung in der Krise ist laut Mozhdeh Wajihe Setudeh groß. Viele Menschen seien sowieso schon schwer traumatisiert und durch die Krise fix und fertig. Einzelkontakte würden etwas helfen. Selbst wenn es nur kurze Plaudereien auf der Straße sind. 

Café-Stimmung geht nicht virtuell

Die wöchentlichen Treffen in den großen Gruppen sind seit Beginn der Pandemie nicht mehr möglich. „Wir haben es übers Internet versucht, aber nach etlichen Versuchen aufgegeben“, so Tanzberger. Eine Café-Stimmung kann man schlicht und einfach nicht virtuell erzeugen. Der Projektleiter will sobald wie möglich anfangen Pläne zu schmieden und mit der Frage „Was brauchen die Menschen jetzt?“ arbeiten.

Von Fabiola Noll

Kommentare