Ein Großbrand und seine Folgen: Wütende Bewohner und ein Prozess
Der KURIER berichtet verstärkt aus der Landeshauptstadt St. Pölten. Wenn Sie über alle wichtigen Themen in der Stadt informiert bleiben wollen, dann können Sie sich hier oder am Ende des Artikels für den wöchentlichen Newsletter "Ganz St. Pölten" anmelden.
Sogar die Ortschefin war zum Ort des Geschehens geeilt, als am 29. November 2020 meterhohe Flammen aus einem Wirtschaftsgebäude in Wolfsgraben im Bezirk St. Pölten schlugen. Während die Einsatzkräfte das Feuer zu löschen versuchten, kümmerten sich Sanitäter um einen Mann, der bei dem Brand Verbrennungen 3. Grades erlitten hatte. Die Ärzte im Spital mussten später Wunden an beiden Unterschenkeln, im Gesicht und an den Händen versorgen.
Die Polizei konnte sehr rasch einen 30-Jährigen ausforschen, der den Großbrand ausgelöst haben soll, dabei aber unverletzt blieb. Morgen, Freitag, muss er sich wegen der „fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst“, Körperverletzung und Sachbeschädigung am Landesgericht St. Pölten verantworten. Laut Anklageschrift soll er in einen angeheizten Mellerofen Benzin eingegossen haben, wodurch es zu einer Stichflamme und zu einem Rückbrand bis zum Benzinkanister kam.
Dem Angeklagten werden aber noch weitere Vergehen zur Last gelegt. Ihm wird vorgeworfen, zwei Holzbänke in ein Lagerfeuer geworfen und zu Silvester 2018/19 den Straßenasphalt der Gemeinde in Brand gesteckt zu haben. Schaden insgesamt: mehrere hunderttausend Euro.
Schimmel nebenan
Das verheerende Feuer vom 29. November sorgt in der Gemeinde bis heute für heftige Diskussionen. Denn neben der zerstörten Scheune befindet sich ein Gebäude mit mehreren Wohnungen. Diese mussten in der Feuer-Nacht evakuiert werden und sind bis heute nicht mehr bewohnbar.
Schimmel in Wohnungen
„Durch das Löschwasser ist in manchen Räumlichkeiten Schimmel entstanden, es ist furchtbar“, heißt es. Ein Betroffener, der Hauseigentümer, musste deshalb in einen Container ziehen, der sich vor dem Anwesen befindet.
Pikant macht den Fall aber auch jener Umstand, dass der Angeklagte weiterhin in dem Haus wohnt. Ausgerechnet seine Wohnung blieb unversehrt, eine Räumungsklage wurde eingebracht. „Die Situation ist für meine Mandanten unzumutbar“, sagt Opfervertreterin Nicole Nossek.
Angeklagter weist jede Schuld von sich
20 Zeugen sind zu der Verhandlung am Freitag geladen, ein Sachverständiger soll dem Gericht ebenfalls Auskunft geben. Die Verantwortung des 30-Jährigen steht jedenfalls schon fest. „Mein Mandant wird sich nicht schuldig bekennen“, betont Rechtsanwältin Muna Duzdar, die früher als Staatssekretärin für den Öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt tätig war.
Sie sagt, dass der Ofen gar nicht bewilligt gewesen sei und auch immer wieder mit Plastikteilen geheizt worden sei. Zudem gibt sie zu bedenken, dass der Beschuldigte selbst unverletzt blieb. „Wenn es tatsächlich eine Stichflamme gab, hätte auch ihm etwas passieren müssen.“
Ob der Ofen überhaupt bewilligt sein muss, sei rechtlich noch gar nicht entschieden, kontert Nossek. Selbst wenn es so wäre, sei der Brand ausschließlich dadurch entstanden, dass Benzin durch den Angeklagten hineingeschüttet worden sei.
Kommentare