Sabotagegefahr? Drohne hat ein Auge auf Österreichs Pipelines
Der Zeitpunkt könnte passender nicht sein. Ausgerechnet wenige Tage nach dem mutmaßlichen Anschlag auf die beiden wichtigen Ostsee-Pipelines Nordstream 1 & 2 vor Dänemark steht die Sicherheit des österreichischen Gasnetzes im Mittelpunkt eines Pilotprojekts.
Auch wenn Sabotage hierzulande bisher eher als unwahrscheinlich angesehen wurde, wird eine der größten Erdgasdrehscheiben Europas zum Test erstmals per Drohne überwacht. Die Gas Connect Austria prüft laufend neue Technologien, um ihr 900 Kilometer langes Leitungsnetz mit den wichtigsten Pipelines quer durch das Land möglicht effizient zu überwachen. Zu diesem Zweck wurde am Mittwoch ein 25 km langer Abschnitt der West-Austria Gasleitung von der Gasstation Baumgarten per Hightech-Überwachungsdrohne abgeflogen. Mittels hochauflösender Kameras und Sensortechnik wird die Trasse dabei einer „digitalen Inspektion“ unterzogen und jede noch so kleine Abnormität aufgezeichnet.
Aus 70 Meter Höhe detektiert das fliegende Auge Unregelmäßigkeiten mit einer Genauigkeit von 0,2 Millimeter. Die unbemannten Luftfahrzeuge sollen in Zukunft Hubschrauber bei der Überwachung ersetzen und die Arbeit damit effizienter, kostengünstiger und emissionsarmer machen, sagt Gas Connect-Geschäftsführer Stefan Wagenhofer.
Künstliche Intelligenz
Der Schwechater Technologieanbieter Bladescape hat sich mit seinen Drohnen bereits vor Jahren auf die digitale Überwachung von Industrieanlagen und kritischer Infrastruktur spezialisiert. „Die Auswertung der Aufnahmen erfolgt mittels einer selbstlernenden künstlichen Intelligenz. Wir erzielen damit eine fast 100-prozentige Fehlerdetektion durch das Scannen des Areals. Jede Auffälligkeit wird visualisiert“, erklärt Bladescape-Geschäftsführer Gerhard Peller.
Baumgarten an der March ist eine der wichtigen Drehscheiben für Erdgas in Europa. Vom Knotenpunkt an der Grenze zur Slowakei aus betreibt die Gas Connect Austria ein Netz an Erdgas-Hochdruckleitungen mit Verbindungen nach Deutschland, der Slowakei, Slowenien und Ungarn sowie zu zahlreichen Speicher- und Produktionsanlagen.
Entlang des 900 Kilometer langen Leitungssystems befinden sich fünf Verdichterstationen, 40 Mess- und Übergabestationen und über 100 Übergabemesspunkte. Die beiden wichtigsten Leitungen sind die West-Austria-Gasleitung (WAG) Richtung Deutschland sowie die Trans-Austria-Gasleitung (TAG) Richtung Slowenien und Italien.
Hauptgeschäftsfeld ist der Gastransit für derzeit 156 Transportkunden. Auch die Energiewende ist für das Unternehmen ein großes Thema. Laut Geschäftsführer Stefan Wagenhofer wird das Pipelinenetz in zehn Jahren im Stande sein, zusätzlich zu Erdgas auch große Mengen an Wasserstoff für saubere Energie quer durch Europa zu schicken.
Werden bei den Flügen über die Pipeline Ungereimtheiten festgestellt, können Mitarbeiter sofort an die neuralgische Stelle geschickt werden. Die wichtigsten Hochdruckleitungen liegen in einer Tiefe von ein bis vier Meter unter der Oberfläche. Durch Erdarbeiten oder unterirdische Tierbauten wie zum Beispiel von Dachsen, könne den sensiblen Leitungen kritisch nahe gekommen werden. Die Drohnen können dies aus der Luft erkennen.
Damit die Flüge in einem gesicherten Rahmen stattfinden, hat die Luftfahrtbehörde Austro Control die Testphase in einem Verfahren geprüft und genehmigt. Geschäftsführerin Valerie Hackl hat dem Drohnenflug am Mittwoch ebenfalls beigewohnt. „Für uns als Austro Control sind Drohnen eines der zentralen Zukunftsthemen, von der Entwicklung eigener Verkehrsmanagementsysteme bis hin zur Integration von Drohnen in den kontrollierten Luftraum“, erklärt Hackl. Die Einsatzmöglichkeiten seien enorm. "Die Überprüfung von schwer zugänglichen Infrastruktur-Einrichtungen ist da nur der Anfang", sagt die Geschäftsführerin.
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