Rücktritt statt Reform: Vizepräsidentin der Ärztekammer NÖ legt Funktionen nieder
Am 27. April 2022 präsentierte sich das neue Team der NÖ-Ärztekammer. Eine Reformpartnerschaft, bestehend aus fünf Fraktionen. Nun, nicht einmal ein Jahr später, ist die vereinbarte Führungsspitze auch schon wieder Geschichte: Martina Hasenhündl, Vizepräsidentin der Ärztekammer und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte, hat ihren Kurienvorsitz zurückgelegt. Was bedeutet, dass sie auch ihren Sitz in der Präsidentschaft verliert.
„Nach den Ärztekammerwahlen bin ich mit meiner Fraktion, der Vereinigung Niederösterreich, in eine Reformkoalition eingetreten“, so Hasenhündl in einer Aussendung. Jedoch habe die Mehrheitsfraktion, der Ärzteverband NÖ unter Kammerpräsident Harald Schlögel, den Reformweg schnell wieder verlassen.
„Sie stellt sich gegen wichtige Reformschritte und ist nicht bereit, die Intransparenz und Behäbigkeit der vergangenen Kammerperioden abzuschaffen. Die Kurie tut viel zu wenig, um die Interessen der niedergelassenen Ärzteschaft in Niederösterreich wirksam voranzutreiben“, kritisiert Hasenhündl, die in der Kuriensitzung am Mittwochnachmittag die Konsequenzen zog. Knackpunkte seien dabei die Honorarverhandlungen für die niedergelassenen Ärzte gewesen. Und auch Anträge für mehr Transparenz, wie Live-Streamings der Kuriensitzungen, seien abgeschmettert worden.
Uneinigkeit
Dass es in der Zusammenarbeit immer mehr Reibungspunkte gab, bestätigt auch Kammerpräsident Schlögel im KURIER-Gespräch. Und das nicht nur in der Führungsriege, sondern auch in der Kurie der niedergelassenen Ärzte. „Martina Hasenhündl hat tolle Arbeit geleistet und war überdurchschnittlich engagiert. Allerdings hat sich gezeigt, dass sich unser politisches Vorgehen deutlich unterscheidet“, sagt der Kammerpräsident.
Hasenhündl habe Probleme öffentlich thematisiert, „um des Problems Willen“. Schlögel hingegen stehe dafür, zuerst nach Lösungen zu suchen. „Wir haben nicht mehr wirklich zusammengefunden“, gibt er unumwunden zu. Zudem hätte Hasenhündl schlussendlich auch in der Kurie die Akzeptanz gefehlt.
Für die Ärztekammer bedeutet das, dass ein neuer Kuriervorsitz gewählt werden muss. Krista Ainedter-Samide, bisher Hasenhündls Stellvertreterin, hat die interimistische Leitung übernommen.
Rasche Wahl
Der nächste Sitzungstermin am 1. März ist bereits fixiert. Die Kurie wird im Zuge dessen ihren neuen Obmann oder ihre neue Obfrau bestimmen. Wer auch immer den Vorsitz erhält, übernimmt per Wahlordnung automatisch die Vizepräsidentschaft. Hasenhündl wird trotz ihres Rücktritts Mitglied der Ärztekammer bleiben. Und sie kündigt eine „harte und konstruktive“ Opposition seitens der Vereinigung Niederösterreich an – vor allem im Hinblick auf die Gehaltsverhandlungen.
Spekulationen über ihre Nachfolge will Schlögel keine anstellen. Die Ärztekammer stehe in Niederösterreich vor vielen Herausforderungen; sei es im Hinblick auf die Ausbildung, das Notarztsystem, die fehlenden Ärzte in den Regionen oder die angedachten Primärversorgungseinheiten, die innerhalb der Ärzteschaft die Geister scheiden. „Umso wichtiger ist es daher, dass unser Team möglichst schnell wieder handlungsfähig ist“, betont Schlögel.
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