Retter kündigen Kassenverträge
Wir ziehen die Notbremse“, sagt Peter Kaiser, Landesgeschäftsführer des Roten Kreuzes in Niederösterreich. „Unter diesen Rahmenbedingen schaffen wir es nicht mehr“, ergänzt Ralph Ebhart, Landesgeschäftsführer beim Arbeitersamariterbund (ASBÖ). Im Tarifstreit mit der Gebietskrankenkasse (NÖGKK) stellt man die Rute ins Fenster: Mit Jänner 2014 drohen vertragslose Zeiten.
Mit 31. Dezember laufen die Tarifverträge der Rettungsorganisationen mit der NÖGKK ab. Weil man sich nach drei Verhandlungsrunden noch immer nicht auf einen neuen Tarif einigen konnte, haben die Retter fristgerecht ihre Verträge gekündigt – diese wären sonst automatisch zu denselben Bedingungen verlängert worden.
18 Prozent mehr für die Einzelfahrt fordern die Rettungsorganisationen von der NÖGKK, das entspreche einer Inflationsanpassung: „Die Tarife mit den Kassen stammen aus dem Jahr 2005. Seitdem wurden sie nicht valorisiert. Der Verbraucherpreisindex liegt heute 18,8 Prozent über dem Wert von 2005“, sagt RK-Geschäftsführer Kaiser. „So kann es nicht weitergehen. Unser Wirtschaftsprüfer hat zu uns gesagt: Jetzt wird es eng“, schildert Kaiser die Situation.
8,9 Millionen Euro Verlust hat das RK im Jahr 2012 gemacht, bei 725.000 getätigten Kranken- oder Rettungstransporten. Beim Samariterbund waren es 122.200 Einsätze und 1,4 Millionen Euro Verlust. „Wir haben keinen Spielraum mehr“, sagt ASBÖ-Geschäftsführer Ebhart. „Ohne die Spendenfreudigkeit der Niederösterreich wären wir gar nicht so weit gekommen“, betonen die Rettungsorganisationen. Der Rettungsdienst in seiner jetzigen Form ist in Gefahr. Bis zum 31. Dezember gelten die bestehenden Verträge, bis dahin ändert sich auch für die Patienten nichts. Doch ab 1. Jänner droht der vertragslosen Zustand mit den Kassen.
20 Prozent Selbstbehalt
Das würde bedeuten, dass die Rettungsorganisationen die Kosten für ihre Einsätze nicht mehr der NÖGKK verrechnen, sondern direkt dem Patienten. Der müsste die Rechnung dann bei der Krankenkasse einreichen und bekommt im besten Fall 80 Prozent zurück. 20 Prozent müsste der Patient berappen, so wie bei einem Wahlarzt. Doch genau das schließen die Rettungsdienste jetzt nicht mehr aus: „Ja, wir nehmen einen vertragslosen Zustand in Kauf“, sagt Kaiser. „Das ist unsere einzige Alternative“, erklärt Ralph Ebhart vom ASBÖ.
Als „unfreundlichen Akt“ bezeichnet der Generaldirektor der NÖGKK, Jan Pazourek, die Vertragskündigung: „Es wird versucht, uns unter Druck zu setzen und gleichzeitig bedroht man die Bevölkerung. Das ist nicht die feine Englische.“
18 Prozent mehr pro Fahrt sei „jenseitig“ und für die Krankenkasse „unmöglich“, ohnehin sei das letzte Angebot an die Rettungsorganisationen ein „sehr Gutes“ gewesen. Auf die Summer aller 2012 abgerechneten Fahrten hätte man neun Prozent aufgeschlagen. Die Retter lehnten allerdings ab.
Drei Verhandlungsrunden gab es bisher. Wann die nächste stattfinden wird, ist unklar. „Ich gehe davon aus, dass sich die Herrschaften bei uns melden“, sagt Pazourek. Wir hätten nicht gedacht, dass es soweit kommt.“
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