Reiseführerin Österreichs: „Im Reisen entdeckt man sich selbst“
KURIER: Sie sind in Weinzierl bei Wieselburg aufgewachsen. Hat Ihre Familie ihre Reiselust geprägt?
Petra Stolba: Mein Großvater war Tierarzt – und schon als Kind dufte ich mit ihm im Bezirk unterwegs sein. Und meine Eltern haben jeden Sommer ein anderes Bundesland ausgesucht, das wir dann ausgiebig erforscht haben. Diese Erfahrungen sind an meiner ausgeprägten Reiselust wohl nicht ganz unschuldig. Reisen ist aber auch etwas Großartiges. Oder wie es in meinem Lieblingszitat heißt: „Alles wahre Leben ist Begegnung“. Nur in der Begegnung mit anderen Menschen, also im Reisen, wächst man und entdeckt sich selbst.
Seit 2006 sind Sie Geschäftsführerin der Österreich Werbung, der nationalen Tourismusorganisation, die Österreich als Urlaubsland bewirbt. Aber welches Land hat es Ihnen angetan?
Das klingt jetzt sicher, als müsste ich das sagen, aber am liebsten mache ich tatsächlich in Österreich Urlaub. Ich versuche dabei nach wie vor, jeden Sommer eine neue Region in ihrer Tiefe kennenzulernen. Heuer war das das Weinviertel. Nicht unbedingt ein touristischer Hotspot, aber genau das ist reizvoll.
Bevorzugen Sie Action, Entspannung oder Kultur im Urlaub?
Am meisten Entspannung finde ich beim Reiten. Da kann ich abschalten und Energie tanken für die kommenden Aufgaben. Mir gefällt zum Beispiel Alpinreiten im Nationalpark Hohe Tauern auf alten Säumerpfaden – ein Traum.
Waren Sie schon einmal als Rucksacktouristin unterwegs oder haben Auto gestoppt?
Natürlich war ich in der Studienzeit mit dem Zug quer durch Europa mit dem Interrail-Ticket unterwegs. Bis zu den wirklich entlegensten Punkten; zum Beispiel ließ ich mir den Wind an den Klippen von Thurso in Schottland um die Ohren wehen.
Sie haben eigentlich ein technisches Studium absolviert. Wie kam es, dass Sie im Tourismus gelandet sind? War es aufgrund Ihrer Reiselust?
Ehrlich gesagt: ja. Ich hatte kein Geld zum Verreisen und großes Fernweh, daher war der Job als Reiseleiterin in Florida perfekt. Und dann ergab sich alles wie von selbst. Ich denke, es gibt keine spannendere Branche als den Tourismus. Menschen ändern sich laufend – und daher auch meine Tätigkeit. Alles andere wäre mir wohl zu langweilig.
Sie waren auch als Reiseleiterin tätig. Gibt es eine Anekdote, die sie gerne erzählen?
Keine Anekdote, aber weil es mich wirklich geprägt hat: noch heute schaue ich mir einmal im Jahr die Fotos und vielen Briefe – ja, damals schrieb man noch – meiner Gäste an. Von einer Mutter, die fast ein Jahr lang sparte, um die Rundreise machen zu können. Von der Familie, die noch nie vorher geflogen war. Es macht ungeheuer stolz, wenn man für Menschen schöne Augenblicke und unvergessliche Erinnerungen gestalten kann.
Sie sind nach wie vor beruflich viel unterwegs. Welches Bild haben denn ausländische Touristen von Österreich?
Wir wissen aus unseren Befragungen, wie sehr die Urlauberinnen und Urlauber die österreichische Gastfreundschaft schätzen. Das finde ich deswegen so interessant, weil wir vielfach doch ein etwas anderes Selbstbild haben.
Und wo steckt das größte Potenzial für den heimischen Tourismus?
Unser Land hat einfach so viel zu bieten. Die vielfach unberührte Natur, unsere Berge, das kulturelle Erbe, die Kulinarik. Niederösterreich spiegelt diese Vielfalt sehr gut wider. Gemütliches Radfahren entlang der Donau, Skifahren am Hochkar, eine Weingenussreise in die Wachau.
Was ist Ihr persönlicher Lieblingsplatz in Niederösterreich?
Ich liebe die Auwälder entlang der Erlauf. Dem Wasser in den teilweise doch sehr tiefen Schluchten zuzusehen und dabei die Zeit vergessen.
Petra Stolba (*1964 in Wien) studierte nach ihrer HTL-Matura einige Semester Technische Chemie an der Technischen Universität Wien, bevor sie ihr Herz an Kreativberufe verlor und dazu einen Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf an der Wirtschaftsuniversität Wien und eine fotografische Ausbildung an der Grafischen Lehranstalt abschloss. Jeweils ein Magisterium in Publizistik und Kommunikationswissenschaften sowie in Betriebswirtschaftslehre (Spezialisierung Tourismus und Klein- und Mittelbetriebe) sowie ein Doktorat aus Politikwissenschaft folgten.
Ihr beruflicher Werdegang: Reisebegleitung, Aufbau einer Gruppenreiseabteilung bei einer Tochterfirma des Österreichischen Verkehrsbüros, Geschäftsführerin im Austrian Convention Büro, Bereichsleiterin Werbung und Marketing in einer Landestourismusorganisation (Niederösterreich Werbung), dann Abteilungsleiterin für nationale Tourismuspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und zuletzt Geschäftsführerin der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Österreich.
Seit November 2006 ist Petra Stolba Geschäftsführerin der Österreich Werbung.
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