NÖ: Razzia in Apotheke wegen Suchtgifthandels - Apotheker in U-Haft
Ein Großaufgebot an Polizei-Sonderkräften, Spürhunden, Ermittlern des Bundes- und Landeskriminalamtes Wien (LKA) sowie der Finanzpolizei zog am Freitag die Blicke in einer Ortschaft im Bezirk Wiener Neustadt auf sich.
Ziel der Fahnder war eine Apotheke, die seit Längerem im Visier der Kriminalpolizei steht. Wie der KURIER in Erfahrung bringen konnte, haben Drogenfahnder im Vorjahr in Wien eine spannende Entdeckung gemacht.
Dabei soll von LKA-Beamten ein Dealer mit der fast 40-fachen Menge jener Drogenersatzstoffe festgenommen worden sein, die Suchtkranke in Apotheken im Zuge des Substitutionsprogrammes (Drogen auf Rezept) erhalten.
Außerdem besteht gegen den Inhaber der Apotheke der Verdacht auf den illegalen Verkauf von Anabolika und psychotroper Stoffe wie Sedativa, also hoch dosierter Schlaf- und Beruhigungsmittel. Die Ausgangsstoffe dienen Suchtgiftkranken ebenfalls als Drogen-Ersatzmittel, war aus Polizeikreisen zu erfahren.
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Methadon und andere Substanzen
Der Fund machte die Kripo freilich stutzig. Denn die Abgabe von Methadon und anderen Ersatz-Opiaten an Suchtkranke ist genau rationiert und unterliegt strengen Vorschriften. Opiatabhängige dürfen die Mittel nur unter Aufsicht in Apotheken einnehmen. Damit soll verhindert werden, dass die Tabletten hinaus geschmuggelt werden und schließlich am Schwarzmarkt landen.
17.000 pro Jahr in Therapie
Seit 2019 befinden sich jedes Jahr zwischen 16.000 und 17.000 Personen in Österreich in der sogenannten „Opioid-Substitutionstherapie“. Durch die ärztliche Verschreibung eines legalen Medikaments will man den illegalen Drogenkonsum zumindest eindämmen, heißt es beim Sozialministerium.
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In Handschellen abgeführt
Laut den Ermittlungen des Landeskriminalamtes Wien führte die Spur von dem festgenommenen Dealer zu der Apotheke im südlichen Niederösterreich. Demnach könnten von dort Ersatzdrogen im großen Stil in Umlauf gebracht worden sein.
Bei der Razzia am Freitag wurde der Tatverdächtige in der Apotheke festgenommen und in Handschellen abgeführt. In den Blickpunkt der Ermittler rückte das externe Arznei- und Warenlager. Im Zuge der Hausdurchsuchung wurde die Halle mit Hilfe von Spürhunden auf den Kopf gestellt. Mehr als 20 Beamte waren an der Aktion beteiligt. Die Apotheke wurde zuvor von verdeckten Ermittlern bereits observiert.
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Polizei hält sich bedeckt
Die Polizei Wien bestätigt gegenüber dem KURIER den Fall. Aus ermittlungstaktischen Gründen hält man sich derzeit aber mit weiteren Informationen bedeckt. Die Sprecherin des Landesgerichts Wien, Christina Salzborn, bestätigte dem KURIER gegenüber mittlerweile die Festnahme. Der Hauptverdächtige wurde wegen dringenden Tatverdachts im Zuge der Operation festgenommen. Seine Einvernahme soll weitere Aufschlüsse bringen.
Verdächtiger ehemaliger Bodybuilder
Der verdächtige Apotheker war bis vor einigen Jahren aktiver Bodybuilder, war auf internationalen Bewerben aktiv dabei und auch erfolgreich. Seine früheren Kontakte in der einschlägigen Szene sollen nun auch Gegenstand der Ermittlungen von Landes- und Bundeskriminalamt sein. Laut Ermittlern geht es um die Weitergabe und den regen Handel mit anabolen Stereoiden, die muskelaufbauende Wirkung haben.
Durch seinen Zugang als Apotheker soll er die teils illegalen Substanzen in Umlauf gebracht haben, lautet der Vorwurf. Das Landeskriminalamt Wien ermittelt auch innerhalb der Szene gegen weitere Personen.
Der Festnahme am Freitag in der Apotheke im Bezirk Wiener Neustadt waren wochenlange Erhebungen, Observationen und Umfelderhebungen voraus gegangen. Aus ermittlungstaktischen Gründen will die Polizei derzeit keine näheren Details bekannt geben.
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