Prunkwagen des Kaisers im größten privaten Kutschenmuseum Europas

Diese Kutsche nutzte einst die Firma Palmers für Werbefahrten in der Wiener City 
Mitten in Laa an der Thaya stehen edle Raritäten aus einer anderen Zeit, die einst Hebammen und Pfarrer von A nach B brachten.

Coupé – dieses Wort ist Musik in den Ohren eines jeden Autoliebhabers. Es steht für Sportlichkeit, Schnittigkeit, Fahrfreude. Und letztendlich auch für einen gewissen gesellschaftlichen Status. Das war vor 200 Jahren nicht anders. Damals brauchte man allerdings noch Pferde, um sich in einem Coupé fortbewegen zu können. Es war das Stadtfahrzeug des Adels und des gut betuchten Bürgertums, eine Kutsche mit zwei Sitzen, mit der man sich gerne zeigte. Wobei: Meist fuhren nur die Frauen in einem Coupé, die Männer waren lieber hoch zu Pferd.

„Damit war ein Coupé ein Statussymbol, wie heute ein Porsche in Wien. Keiner braucht dort einen Wagen mit 500 PS, aber es geht darum, dass man ihn hat.“ Mit markigen Sagern wie diesen führt Roland Stiller durch das Kutschenmuseum in Laa an der Thaya, in dem man mehr als 110 Kutschen bewundern kann. „Wir haben aber noch mehr, die tauschen wir jedes Jahr aus“, sagt er. Es ist das größte private Kutschenmuseum in Europa, mit einer Vielfalt, die man in dem ehemaligen Geschäftslokal in der Innenstadt nicht vermuten würde.

Prunkwagen des Kaisers im größten privaten Kutschenmuseum Europas

Die Feuerwehr rückte früher mit Pferden aus 

Prunkkutschen stehen dort auf 1.700 Quadratmetern neben Alltagskutschen. Außerdem hat der verantwortliche Verein jede Menge an Fotos, kuriosen Alltagsgegenständen aus längst vergangener Zeit und Kostüme gesammelt, die vom früheren Kult um Kutschen zeugen.

Das unangefochtene Prunkstück der Ausstellung fällt dem Besucher sofort ins Auge: Es ist eine schwarz glänzende Kutsche, üppig dekoriert mit goldenen Quasten und ausgestattet mit einer cremefarbenen Polsterung. Darin nahm am 2. Dezember 1848 kein Geringerer als Franz Joseph I Platz, um sich im kleinen Kreis im Palast des Erzbischofs von Olmütz zum Kaiser krönen zu lassen.

Weltunikat

Wenige Meter weiter wartet die älteste Kutsche des Museums, erbaut um 1700, auf die Besucher. Das Leder, welches die Insassen vor Regen und Schnee schützte, ist von unzähligen Rissen durchzogen. Man sieht: Diese Kutsche hat viel erlebt. Graf Rosenberg soll einst mit ihr durch die Lande gereist sein. Im Gegensatz zu den vielen liebevoll restaurierten Fahrzeugen des Museums hat man diese Kutsche, übrigens ein sogenannter „Barocker Mantelwagen“, im Originalzustand belassen. „Sie ist ein Weltunikat“, macht Stiller den Wert des Ausstellungsstückes bewusst.

Prunkwagen des Kaisers im größten privaten Kutschenmuseum Europas

Weltunikat: Eine Kutsche aus 1700 

Was die Laaer Sammlung auszeichnet: Hier sieht man nicht nur die Kutschen der damaligen Reichen und Schönen – die übrigens auch immer wieder in Filmen zu sehen sind, wie zuletzt in „Corsage“ –, sondern auch jene, mit denen Otto Normalverbraucher einst unterwegs war. Dazu gehört eine große Feuerwehrkutsche, beladen mit Helmen, Kübeln und Schläuchen für den Löscheinsatz, ebenso wie ein hölzerner Bäckerwagen oder ein Milchwagen. Und es finden sich auch Gebrauchswägen der Firma Mylord; diese waren früher bei Pfarrern, Ärzten oder Hebammen beliebt. „Diese Kutschen waren wie der VW-Käfer in den 1970er-Jahren“, vergleicht Stiller.

Pferdehufe

Wer jetzt die romantische Vorstellung einer Kutschenfahrt durch unberührte Landschaften vor Augen hat, völlig entschleunigt und nur von dem Getrappel der Pferdehufe begleitet, der wird spätestens im Obergeschoß des Museums zurück auf den Boden der Tatsachen geholt.

Prunkwagen des Kaisers im größten privaten Kutschenmuseum Europas

Die Krönungskutsche des Kaisers 

Eine große Vitrine vermittelt einen Eindruck davon, wie verzweifelt man damals nach Mitteln suchte, um sich bei einer winterlichen Schlittenausfahrt warm zu halten – wenn man genügend Geld hatte, wohlgemerkt. Felle, Muffs, Wärmeflaschen, ja sogar ein kleiner Kohleofen sind zu sehen. „Daher stammt auch der Spruch ’Erfroren sind schon viele, aber erstunken ist noch keiner’“, erzählt Stiller – nur eine von vielen Redewendungen aus dem Kutschenwesen, die bis heute im Sprachgebrauch sind.

Zwei Tage bis Wien

Der Großteil der Bevölkerung reiste jedoch mit Omnibussen. Ein paar Ballen Stroh, die als Bett dienten, waren darin der einzige Luxus. Zwischen 50 und 90 Kilometer konnte man mit einer Kutsche pro Tag zurücklegen, 15 km/h war die Durchschnittsgeschwindigkeit. Will heißen: Für die Strecke von Laa nach Wien, für die man heute etwas über eine Stunde braucht, musste man mit der Kutsche zwei Tage einplanen.

So gesehen ist es heutzutage nur ein Katzensprung ins Laaer Kutschenmuseum. Aber einer, der sich allemal lohnt. „Jede Kutsche ist eine Zeitkapsel“, weiß Stiller. Und ein Ticket in eine Zeit, als ein Coupé noch tatsächlich Pferdestärke brauchte.

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