Prozessmarathon startet nach 12 Jahren neu
Es sind familiäre, psychische und finanzielle Tragödien, die einen der längst dauernden Zivilrechtsprozesse in der Zweiten Republik begleiten. Seit bald 13 Jahren kämpft der steirische Zahnarzt Franz Zach am Grazer Landesgericht für Zivilrechtssachen um Gerechtigkeit. Unterstützt von ausländischen Privatgutachtern und fünf Anwälten – auch aus den USA und Deutschland –, ist er überzeugt, dass ärztliche Kunstfehler an der Grazer Uni-Klinik für Kinderheilkunde schuld an der schweren Behinderung seiner Tochter Susanne sind.
Am 3. Dezember heißt es für den Kläger mit dem mittlerweile mächtigen Akt (34 Cg29/10t) am Grazer Gericht unter einem neuen Richter zurück an den Start. Ein 2014 gefälltes Teilurteil im Sinne der beklagten Steirischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGES) gegen Zach wurde vom Grazer Oberlandesgericht heuer wieder aufgehoben.
Belastung
"Mir gehen die Kräfte aus. Die psychische, aber auch die finanzielle Belastung ist auf Dauer schwer auszuhalten", sagt der 53-jährige Zach. Seit 2002 betreibt er in Steinakirchen, NÖ, eine Zahnarztpraxis, baute sich ein Haus und Familie auf. Zwölfstundentage sind für ihn die Regel. Die heute 29-jährige Susi ist auf Betreuung rund um die Uhr angewiesen. Als quietschlebendige 13-Jährige musste sie im März 1999 eine komplizierte Aorta-Operation am Herzen über sich ergehen lassen. Eine heimtückische Infektion, angebliche medikamentöse Überdosierungen an der Uni-Klinik und ein über Monate nicht entdeckter Riss im eingesetzten Aorta-Stück stürzten sie elf Monate nach der OP ins Koma.
"Gutachter sagen, dass es ein Wunder ist, dass Susi noch lebt. Ich habe sie damals in einem alten Notarztwagen regelrecht entführt, um sie zur rettenden OP ins Wiener AKH zu bringen", erinnert sich der Vater.
Beeinträchtigungen
52 Behandlungen einer chinesischen Ärztin halfen mit, dass nach 136 Koma-Tagen plötzlich wieder Lebenszeichen von der 14-Jährigen kamen. Zu Beginn sogar halbseitig gelähmt, ist Susi auf dem geistigen Stand einer 13-Jährigen stehen geblieben. Ein Bein und eine Hand sind schwerst beeinträchtigt. Dazu kommen massive sensorische Defizite.
"Ich will sicherstellen, dass sie auch betreut wird, sollte ich einmal ausfallen", nennt Zach seine Motivation, den ungleichen Kampf fortzusetzen. Auch wenn der Justizapparat darauf aus sei, dass seine Energie schwinde und er sich totlaufe, behauptet er. Im Sommer zog seine Frau die Konsequenzen aus dem alles überschattenden Rechtsstreit und zog mit den beiden anderen Kindern zurück in die Steiermark.
Gut 5000 Stunden habe er allein für den forensischen Teil in das verbissene Anrennen gegen übermächtige Gegner investiert, rechnet Zach vor. Trotz mancher Teilerfolge sei sein Glauben an den Rechtsstaat nicht mehr vorhanden.
2009 etwa erklärte das OLG einen Richter in seinem Fall als befangen, weil er für die KAGES in der ärztlichen Schiedskommission saß. Diese Kommission hatte früher entschieden, dass es sich in Susis Fall um keinen Kunstfehler gehandelt habe.
Die Macht des Apparats bekam Zach zu spüren, als er bei der Suche nach Gutachtern und Anwälten in Österreich immer wieder abblitzte. Ultraschall-Bilder vom Aorta-Riss bekamen er und die Anwälte überhaupt erst 2012 ausgehändigt. Prompt wurden sie vom Gericht wegen Verjährung nicht zugelassen.
Angebote
Aber es gab auch schon Vergleichsangebote der KAGES. Zuletzt 400.000 Euro und monatlich 2000 Euro Pflegegeld. Für Zach undiskutabel.
Die öffentliche Hand würde sich einen Teil der Betreuungskosten zurückholen. Allein er hat bisher 200.000 Euro für Gutachter und Anwälte ausgegeben. Noch einmal so viel flossen in Susis Therapie und die für sie angeschafften Einbauten im Haus. Rechnet Zach seinen Verdienstentgang und die Absicherung Susis dazu, käme er auf 3,5 Millionen Euro Entschädigung.
Gericht
Im Endlosprozess um Schadensersatzansprüche im Fall „Susanne Zach“ beruft sich die steirische Krankenanstaltengesellschaft (KAGES) auf das laufende Verfahren. Kommentare dazu gibt es deshalb nicht.
Grundsätzlich wird von der KAGES in einem KURIER-Bericht vor fünf Jahren dem Krankheitsverlauf die Kausalität abgesprochen und das Geschehene als „schicksalshaft“ bezeichnet. Stellung zum Prozessmarathon nimmt dagegen der Vizepräsident des Grazer Landesgerichts, Friedrich Moshammer. Dass es aus verschiedensten Gründen zum mehrfachen Richterwechsel in dem Fall kam – im Dezember steigt bereits der fünfte Vorsitzende ein – sei natürlich nicht optimal, bedauerlich und „in diesem Fall: Pech“, erklärte Moshammer. Mit ein Grund waren auch unvorhersehbare Abberufungen von Richtern ans Oberlandesgericht, sagt der Gerichtssprecher.
Niemand am Landesgericht könne Interesse daran haben, den Ausgang dieses Verfahrens zu beeinflussen oder zu verzögern, kontert Moshammer. Kläger Franz Zach hatte ja befürchtet, der Justizapparat wolle ihn bewusst aushungern. Ob dem Fall am LG Graz nun Priorität zukomme? Ein erfahrener Richter habe den „sehr alten Akt“ übernommen und werde das Verfahren ohne Beeinflussung abhandeln.
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