Schwere Gewaltvorwürfe gegen Ex: Angeklagter freigesprochen

Der Begriff "toxische Beziehung“ beschreibt das Zusammenleben des Paares aus dem Bezirk Baden wohl in mehrfacher Hinsicht treffend: Regelmäßiger Drogenkonsum stand ebenso auf der Tagesordnung wie gegenseitige Vorwürfe und körperliche Auseinandersetzungen.
Im Jahr 2019 hatten die beiden damals Minderjährigen ihre Lebensgemeinschaft begonnen. "Ich habe in meiner Familie nie so etwas wie Geborgenheit erlebt oder das Gefühl, zuhause zu sein. Mit ihr war das zum ersten Mal in meinem Leben so", erinnerte sich der heute 22-Jährige am Landesgericht Wiener Neustadt zurück.
Als Angeklagter musste er sich dort wegen schwerwiegender Gewaltvorwürfe verantworten. Dass er seine ehemalige Lebensgefährtin mehrfach geschlagen, "an den Handgelenken durch die Wohnung gezerrt“ und im Badezimmer eingesperrt haben soll, warf die Staatsanwaltschaft dem Arbeitslosen vor.
Blaue Flecken und Rissquetschwunden der Frau sind dokumentiert. Auch sexuell missbraucht haben soll sie der Mann. Doch der 22-Jährige beteuerte von Anfang an seine Unschuld.
Alle Vorwürfe seien erfunden, behauptete er. Die Frau leide an schweren psychischen Problemen, befinde sich deshalb auch in medizinischer Behandlung. Er habe über Jahre hinweg "Anfälle“ und "Medikamentenmissbrauch“ erduldet, sich dabei von ihr auch mit Gegenständen bewerfen und sich beschimpfen lassen.
Schnittwunden an Armen und Beinen
"Warum?“, wollte die Richterin wissen. "Weil ich sie geliebt habe“, antwortete der Angeklagte. "Ich wollte ihr helfen.“ Und er schilderte den schwierigen Alltag des Paares: "Sie hat mich in der Arbeit angerufen und gedroht, sie bringt sich um, wenn ich nicht sofort nach Hause komme." Während eines Restaurantbesuchs sei die Frau aufgesprungen und schreiend aus dem Lokal gerannt: "Weil sie gedacht hat, dass wir alle elend verbrennen, wenn wir hierbleiben.“ Hinzugekommen seien Selbstverletzungen. Er habe Schnittwunden an ihren Unterarmen und Oberschenkeln gesehen.
Immer mehr habe sich seine Ex-Freundin von Familie und Freunden zurückgezogen. „Sie war in ihrer eigenen Welt, konnte nicht mehr unterscheiden, was wirklich passiert ist, und was es nur in ihrem Kopf gegeben hat“, behauptete der 22-Jährige.
Die Frau schilderte das Gegenteil: Der Mann habe sie von ihren Bekannten isoliert. Aufgrund seines Drogenkonsums habe sie für ihn sorgen müssen. Bis sie die Beziehung beendete. Seine Ex-Freundin sei "von einem Tag auf den anderen" aus der gemeinsamen Wohnung zu einem neuen Partner gezogen, erzählte der Angeklagte.
Freispruch in allen Punkten
Der Schöffensenat stufte seine Aussagen als glaubwürdiger als jene seiner ehemaligen Lebensgefährtin ein: Man spricht den Mann von allen Anklagepunkten frei.
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