Neunkirchen: Ein FPÖ-Desaster und seine Folgen

Vizebürgermeister Marcus Berlosnig wurde aus der FPÖ ausgeschlossen. Er macht als "wilder Mandatar" weiter.
Nach Ausschluss von sieben Mandataren samt Vizebürgermeister gibt es den nächsten prominenten FPÖ-Austritt.

Der Erfolg währte nicht lange: Zehn Monate, nachdem die FPÖ in Neunkirchen bei der Gemeinderatswahl ihr Ergebnis verdreifachte und mit 23,13 Prozent das historisch bestes Wahlergebnis in der Geschichte einfuhr, liegt die Fraktion in der Stadt in Trümmern.

Warum? Darüber herrschte auch am Tag nach dem politischen Beben in erster Linie Rätselraten.

Chronologie

"Die genaue Motivation ist mir selbst nicht klar“, sagt der geschasste Neunkirchner FPÖ-Vizebürgermeister Marcus Berlosnig. Er war am Montag kurzerhand von der Partei ausgeschlossen worden, nachdem er eine Weisung "von oben“ – gemeint ist damit die FPÖ-Landespartei in St. Pölten – nicht befolgte.

Im Mittelpunkt des Konflikts stand ein 3,5 Millionen Euro schwerer Sparplan (Haushaltskonsolidierungskonzept) der Stadt Neunkirchen, den die Koalition aus ÖVP und FPÖ die vergangenen Monate ausgearbeitet hatte. Das Einsparungskonzept wurde Montagabend im Gemeinderat beschlossen.

Landes-FPÖ wollte Sparplan nicht mittragen

Und genau das wollte die FPÖ-Landespartei verhindern. Wie Berlosnig im Gespräch mit dem KURIER erklärt, sei er am vergangenen Samstag von FPÖ-Landesparteisekretär Alexander Murlasits angerufen worden. "Er hat mir mitgeteilt, dass es eine Weisung von oben gibt. Ich sollte die ÖVP-Bürgermeisterin informieren, dass wir das Konzept zur Haushaltskonsolidierung nicht weiter mittragen und die Koalition damit beendet ist. Ich habe ihm erklärt, dass das nicht so geht und ich meine Fraktion einberufen werde“, erklärt Berlosnig.

Unangekündigter Hausbesuch

Von den neuen Mandataren (inklusive FPÖ-Vizebürgermeister) zeigten acht dem Befehl aus St. Pölten die kalte Schulter. Sie stimmten dafür, die Sanierung der Stadtgemeinde weiterhin vollinhaltlich zu unterstützen. Danach, so Berlosnig, wurde es kurios. Vertreter der Landespartei hätten versucht, die abtrünnigen Mandatare an ihren Wohnadressen "abzufangen und davon zu überzeugen, mich fallenzulassen“, so der Vizebürgermeister. Es sei mit dem sofortigen Parteiausschluss gedroht worden.

FPÖ-Landesgeschäftsführer Helmut Fiedler (li.) und Landesparteisekretär Alexander Murlasits.

FPÖ-Landesgeschäftsführer Helmut Fiedler (li.) und Landesparteisekretär Alexander Murlasits.

Berlosnig schon das zweite Mal ausgeschlossen

Am Sonntag sollen FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, Alexander Murlasits und andere Funktionäre noch versucht haben, die Mandatare auf ihre Seite zu holen - allerdings vergebens.

In der Gemeinderatssitzung am Montag stimmten von den neun FPÖ-Mandataren sieben der Konsolidierung zu. Mit Gemeinderat Bernd Trenk und Wilhelm Haberbichler waren nur zwei Freiheitliche dagegen – und damit auf Kurs der Landes-FPÖ. Nach dem Parteiausschluss werden die sieben fallen gelassenen Vertreter nun als "wilde Mandatare“ im Gemeinderat bleiben.

Berlosnig ist damit übrigens schon das zweite Mal aus der FPÖ ausgeschlossen worden. 2018/19 hatte es in Stadtpartei bereits ein wildes Zerwürfnis gegeben.

Frau von FPÖ-Bezirkschef erklärt ihren Austritt

Der Eklat wird auch innerparteilich heftig debattiert und treibt seltsame Blüten. Ausgerechnet die Frau des Neunkirchner FPÖ-Bezirksparteichefs und LAbg. Jürgen Handler, hat nach dem Rauswurf von Berlosnig und Co. verärgert das Handtuch geworfen.

"Diese Unwahrheiten und auch wie mit loyalen Parteifreunden umgegangen wird, sind für mich nicht mehr vertretbar. Deshalb: Leb Wohl FPÖ!“, teilte Julia Vargek Ipsa auf ihrer Facebook-Seite mit. Die FPÖ-Kammerrätin erklärte nach dem Fiasko offiziell ihren Austritt aus der FPÖ.

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