Gemeindewohnungen für Wiener Neustadt ein Millionengrab

Die Robert Stolz Siedlung in Wiener Neustadt: Symbol der sozialdemokratischen Wohnungspolitik.
Sie wurden als wertvolles "Familiensilber“ gehandelt. An die 2.200 Gemeindewohnungen waren in Wiener Neustadt über Jahrzehnte der Stolz der damaligen sozialdemokratischen Alleinregierung – günstig, sozial verträglich und gerade für Härtefälle schnell zu haben, um die akute Wohnungsnot zu lindern.
Fass ohne Boden
Heute entpuppen sich die teils maroden und sanierungsbedürftigen Bauten für die Stadt finanziell als Fass ohne Boden. Vier Millionen Euro beträgt das jährliche Minus. Weshalb bei einer Klausur der Bunten Stadtregierung im April 2025 das Thema ganz oben auf der Agenda stand.
Mit professioneller Begleitung wurde ein Arbeitsprozess gestartet. Der Auftrag war es, "aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation und eingeschränkter Investitionsmöglichkeiten den städtischen Wohnbau im Sinne der Mieter als auch der Kommune zukunftsfähig weiterzuentwickeln“, heißt es dazu auf Anfrage im Wiener Neustädter Rathaus.
Schwerpunkt auf soziale Verantwortung
Der Evaluierungsprozess werde von erfahrenen Branchenexperten begleitet, um eine langfristige und nachhaltige Strategie mit Schwerpunkt auf soziale Verantwortung zu entwickeln, so das Statement der Stadt.
Im Oktober soll das mit Spannung erwartete Ergebnis präsentiert werden. Aber schon heute wissen Brancheninsider, dass es ohne den Verkauf von diversen Wohnbauten nicht gehen wird.

Was passiert mit den Wiener Neustädter Gemeindewohnungen?
Dringender Sanierungsbedarf
Schimmel an den Wänden, keine funktionierende Heizung, Badezimmer auf den Gängen: In einem derart desaströsen Zustand präsentiert sich ein Teil der Wiener Neustädter Gemeindewohnungen, als diese 2007 von der damaligen SPÖ-Stadtregierung in die Tochterfirma IFP (Immobilien Freizeit Parken) ausgelagert wurden.
Was damals als toller Coup gehandelt wurde, entpuppte sich später als finanzieller Bauchfleck. Die über 2.200 Gemeindewohnungen wurden für 81 Millionen Euro an die gemeindeeigene IFP verkauft. Mit dem Effekt, dass die Gemeinde auf dem Papier zwar um 81 Millionen Euro reicher war, aber die IFP dieselbe Summe an Schulden hatte.
"Der Fehler war damals, das Geld nicht in dringend notwendige Sanierungen zu stecken, sondern es anderweitig zu verwenden“, erklären Verantwortliche im Rathaus. 2017 musste die Bunte Stadtregierung erstmals die Reißleine ziehen und bereits acht völlig desolate "Horror-Häuser“ verkaufen. Der damalige freiheitliche Wohnungsstadtrat und heutige FPÖ-Generalsekretär, Michael Schnedlitz, sprach damals von desaströser Misswirtschaft der SPÖ, die teilweise auf Kosten der Mieter geschah.
Heute ist die Lage nicht wesentlich besser. Der Schuldenberg für die Gemeindewohnungen beträgt 80 Millionen Euro und der Kredit ist schon 2030 endfällig.
Entscheidung in einigen Wochen
"Es braucht dringend eine Lösung“, wissen die politischen Verantwortlichen von ÖVP, FPÖ und SPÖ. Anlässlich der Regierungsklausur der Bunten Stadtregierung wurde die IFP mit der Analyse des städtischen Wohnungsbestandes beauftragt. "Um den zuständigen Gremien darauf aufbauend Lösungsvorschläge zu unterbreiten“, heißt es im Rathaus. Das Ergebnis des Prozesses soll in etwa vier Wochen allen Fraktionen unterbreitet werden.
Rückgrat der Sozialpolitik
In die Debatte um die Zukunft der Gemeindewohnungen kam diese Woche Bewegung, als die Grünen Wiener Neustadt eine Anfrage nach dem neuen Informations-Freiheits-Gesetz im Rathaus eingebracht haben. "Woche für Woche sind wir mit leer stehenden Wohnungen oder diversen Missständen konfrontiert. Wir wollen nun endlich Klarheit. Klarheit über den Istzustand und die aktuellen Zukunftspläne,“ sagt der Grünen-Klubsprecher Michael Diller.
"Gemeindewohnungen waren einmal das Rückgrat der kommunalen Sozialpolitik. Von dieser sozialen Verantwortung spüren wir in Wiener Neustadt leider nur mehr wenig,“ erklären die Grünen.
Grüne gegen den Verkauf
Deshalb will die Fraktion wissen, wie die SPÖ Wiener Neustadt zu dem geplanten Verkauf von Gemeindewohnungen steht. "Von SPÖ-Vizebürgermeister Rainer Spenger erwarten wir ein unmissverständliches Bekenntnis: die Gemeindewohnungen dürfen nicht verkauft werden“, so die Grünen.
Wie Spenger erklärt, sei er als Stadtrat lediglich für die Wohnungsvergabe und nicht für wirtschaftliche Entscheidungen der IFP zuständig.
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