Exekutive buhlt um Nachwuchs: "Kommen Sie zur Polizei, bitte"
Um das Personalproblem in den Griff zu bekommen, fischt das Innenministerium im Pool der unentschlossenen Teenager. Im Hauptquartier der Cobra bot man dafür alles auf, was man zu bieten hat.
Es ist das erste Mal in der Geschichte der Antiterroreinheit Cobra, dass sich die Tore zum streng geschützten Headquarter des Sondereinsatzkommandos in Wiener Neustadt für Jugendliche öffnen – in dem Fall, fast 350 teils pubertierende Schüler aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland.
Um das akute Personalproblem bei der Polizei nachhaltig in den Griff zu bekommen, braucht es mehr als ein gratis Klimaticket. Mit dem ersten „Tag der Schulen“ bei der Cobra fährt das Innenministerium die schweren Geschütze auf, wenn es darum geht, junge Mädchen und Burschen, die noch keine konkrete Berufsvorstellung haben, für den Polizeiberuf zu begeistern.
Für Bundespolizeidirektor Michael Takacs ist die neue Form des Recruiting die beste Möglichkeit, den Jugendlichen die Karrierechancen und „breite Palette an Möglichkeiten des Polizeiberufs“ vor Augen zu führen.
Deshalb waren im Stationsbetrieb nicht nur die Scharfschützen, Einsatzbeamten, Drohnenpiloten, Observierer oder Nahkampf-Profis der Cobra gefragt. Tatortspezialisten des NÖ Landeskriminalamtes zeigten den Schülern, wie man mithilfe von DNA-Spuren und einem 3D-Tatortscanner Mörder überführt. Die Cyber-Crime-Einheit des Bundeskriminalamtes erklärte, wie sichergestellte Festplatten decodiert werden.
Wenn es darum geht Mordwerkzeuge zu untersuchen oder Schuhabdrücke an Verbrechensschauplätzen einem Täter zuzuordnen, kommen die Spezialisten der Kriminalpolizeilichen Untersuchungsstelle, kurz KPU, ins Spiel. Auch sie versuchten, den Schülern ein wenig das „James Bond“-Flair ihres Jobs zu vermitteln.
Fast jedes Jahr haben eine Handvoll Anwärter die Möglichkeit, sich bei der Polizei zum Hubschrauberpiloten ausbilden zu lassen. „Heuer haben wir sechs Ausbildungsplätze und etwa 100 Bewerber dafür. Das Interesse ist grundsätzlich sehr groß“, kennt Ulrike Hutsteiner „zum Glück“ keine Nachwuchssorgen.
Oberste Pilotin
Sie ist die erste weibliche Pilotin der österreichischen Flugpolizei und seit 1. Mai 2023 auch interimistische Leiterin. Im Spätsommer übersiedelt die Flugeinsatzstelle von Wien-Meidling in den neu gebauten „Luxushangar“ am Cobra-Gelände. Das zwölf Millionen Euro teure Vorhaben bietet Platz für bis zu acht Helikopter samt Flugschule und Wartungszentrale.
Wie sich am „Tag der Schulen“ zeigt, steht der Pilotenjob auch bei der Generation der klimaschützenden Jugend noch hoch im Kurs. Der Einsatzhelikopter hat auch beim 16-jährigen Martin das Interesse geweckt. Ein wenig stört ihn noch, dass er für einen Ausbildungsplatz im Cockpit nach der Polizeischule noch zwei Jahre Dienst in Uniform auf der Straße versehen muss. „Das ist wichtig für das Verständnis der Piloten, weil sie ja mit den Kräften am Boden zusammen arbeiten“, erklärt Hutsteiner.
In Österreich sind aktuell 32.317 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz. Mit Anfang Juni werden laut Innenministerium über 600 weitere Nachwuchs-Beamte in die Grundausbildung aufgenommen.
Um noch mehr Interessenten zu gewinnen, hat das Ministerium ein Paket geschnürt und damit die Aufnahmezahl zuletzt deutlich erhöht. Das Einstiegsgehalt wurde angehoben, Polizeischüler erhalten das österreichweit gültige Klimaticket, außerdem werden die Kosten für den Führerschein während der Ausbildung übernommen. Selbst sichtbare Tattoos sind mittlerweile kein Ausschließungsgrund mehr.
Ihre Wirkung hat auch die neue Anwerbeprämie erzielt. Aktive Polizisten, die Schüler anwerben, erhalten 1.000 Euro Prämie auf zwei Tranchen aufgeteilt. Bei 600 Neuaufnahmen im vergangenen Winter wurde bereits die Hälfte der Anwärter von Polizisten rekrutiert.
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