Pflegereform: Niederländisches Modell als Vorschlag

Der Bedarf an Pflege daheim nimmt zu.
In Korneuburg testet ein Team die neue Arbeitsweise. Selbstorganisation und soziale Bindung stehen dabei im Fokus.

Einen „Regierungsbeauftragten gegen Einsamkeit“ forderte Caritas-Präsident Michael Landau erst kürzlich. Denn Corona sei ein „Brandbeschleuniger in Sachen Einsamkeit“ gewesen. Ältere Menschen sind besonders davon betroffen.

Mediziner Wolfgang Huber und Pflegerin Pia Haider aus Korneuburg wollen das Thema Einsamkeit ins Zentrum der Pflege gestellt wissen. Im Hinblick auf die Pflegereform, die noch heuer im Herbst diskutiert wird, machten sie nun auf das Modell „Buurtzorg“, das sie aus den Niederlanden nach Österreich geholt haben, aufmerksam, nach dem sie schon seit einem Jahr arbeiten.

Wesentlich bei diesem Arbeitsmodell: die Betreuung der Pflegebedürftigen soll nicht streng getaktet sein, sondern auch Zeit zum Plaudern lassen. „Kaffee trinken ist bei uns genauso wichtig, wie andere Dinge“, sagt Huber. Möglich sei das, weil man in kleinen und regionalen Teams zusammenarbeitet, die sich selbst organisieren. Einen Chef im klassischen Sinn gibt es nicht. Pia Haider und ihre Kolleginnen organisieren sich selbst.

Wichtig ist nach dem Modell auch, dass es immer dieselbe Person ist, die vorbeikommt. Das bringe laut Huber und Haider nämlich zwei entscheidende Vorteile: Einerseits stärke es die zwischenmenschliche Bindung. Und andererseits würde man auch im Verwaltungsapparat entscheidend einsparen, das bringe finanzielle Vorteile. Denn kommt immer dieselbe Person vorbei, könne man sich darauf beschränken, Ausnahmen zu notieren und müsse nicht jede Einzelheit protokollieren. In der herkömmlichen Pflege sei das eine Notwendigkeit, weil am nächsten Tag eventuell jemand anders vorbeikommt.

Momentan ist ein dreiköpfiges Team in Korneuburg im Einsatz, das nach dem niederländischen Modell arbeitet. Ausweiten würde man gerne, dafür fehlt aber das Geld. Voraussetzung wäre eine Förderung des Landes. Dafür müsste man aber die Kriterien erfüllen und dabei hakt es. Um eine Förderung zu bekommen, muss man eine landesweite Organisation sein. Ohne zusätzliches Geld könne „Buurtzorg“ aber nicht so weit wachsen. Außerdem müsste man auch Heimhilfen und Pflegeassistenten beschäftigen. Das Modell baut jedoch darauf auf, dass ausschließlich diplomierte Pflegerinnen und Pfleger zum Einsatz kommen.

Denkanstöße

In der zuständigen Abteilung des Landes NÖ sieht man die Idee als „interessante Organisationsform“. Die Autonomie der Teams, die flachen Hierarchien und die gestärkte soziale Bindung seien Denkanstöße für die anstehende Pflegereform. Die zuständige Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) trifft sich am Freitag mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober, um neue Ansätze und die Herausforderungen in der Pflege zu besprechen.

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