Pflegen wie die Dänen: Delegation holt sich Ideen aus dem Norden

Das Wort Pflegeheim fällt innerhalb der zwei Tage kaum. Denn in Dänemark liegt der Fokus massiv auf häuslicher Pflege. Klassische Heime wurden u. a. aufgelöst und in kleine Seniorenwohnungen getauscht. Bei der Wirtschaftskammer-Reise der Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung nach Kopenhagen waren aber nicht nur die Unterschiede Thema, sondern auch die Gemeinsamkeiten. Dabei ging es vor allem darum, was man voneinander lernen kann. Der KURIER war mit dabei.
Reise-Organisator Robert Pozdena, Obmann der Fachgruppe Personenbetreuung, sagt, dass die Herausforderungen europäischer Länder im Gesundheitssystem sehr ähnliche sind: etwa die überalterte Bevölkerung und zu wenig Personal. Interessant sei es aber, wie unterschiedlich man in den Ländern mit den Gegebenheiten umgehe.
40.000 Gesundheitsfachkräfte werden im Land fehlen
Laut Schätzungen des dänischen Ärzteverbands werden im Jahr 2030 40.000 Gesundheitsfachkräfte im Land fehlen, in Österreich – wo etwa drei Millionen mehr Menschen leben – geht man von rund 70.000 aus.
Die dänische Regierung hat im Vorjahr eine große Gesundheitsreform vorgestellt. So will man die Zahl der Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner erhöhen, neue Gesundheitsräte sollen die Zusammenarbeit zwischen Regionen und Gemeinden stärken. Denn für die Organisation und Finanzierung der Pflegedienste sind die Kommunen zuständig. Außerdem will man Personal vermehrt aus dem Ausland rekrutieren.

Botschafterin für Österreich Alice Irvin, Robert Pozdena und Chief advisor Healtcare Denmark Ida Hvitved
Internationale Beziehungen
Das war nicht immer so. Denn bisher mussten Gesundheitsfachkräfte ein sehr hohes Level der Landessprache vorweisen. Hier passiert ein langsames Umdenken. "Viele meinen, ohne die perfekte dänische Sprache geht es gar nicht, insbesondere bei der Arbeit mit Dementen“, sagt Marianne Danling, Head of Diversity and Inclusion bei Copenhagen Capacity, wo man sich mit Investitionsförderung und wirtschaftlicher Entwicklung beschäftigt. "Es gibt aber einige Altenheime, wo man ganz viele ausländische Kräfte hat, da geht es wirklich gut.“
Aktuell läuft bei dem Unternehmen das MORE-Projekt (Megastudy on Recruitment), das darauf abzielt, nachhaltig internationales Pflegepersonal zu finden und dieses zu integrieren.

Interessierte Reisegruppe der WKNÖ
Digitalisierung
Dafür sind E-Health-Lösungen schon lange etabliert. Man setzt auf digitale Patientenakten, Telemedizin und smarte Pflegetechnologien. Innovativ ist man etwa bei "Danish Care“, eine Branchenvereinigung für Hilfsmittel und Wohlfahrtstechnologie. Man kooperiert mit Unternehmen, um die Rahmen- und Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern.
So werden etwa Maschinen, die die richtigen Tabletten zur richtigen Zeit ausgeben, eingesetzt. Physiotherapeuten werden mithilfe eines Rehabilitationsroboters unterstützt. Kippbare Betten helfen den Pflegekräften beim Umlagern der zu Betreuenden. Smarte Inkontinenzprodukte sparen Zeit.
Bernd Nawrata, Teilnehmer der österreichischen Delegation und Chef einer Pflegeagentur, imponiert der Gedanke. "Wir haben nicht mehr Hände, also brauchen wir eine bessere Technologie.“
Die Vermittlungsagentur Carelink Group nutzt wiederum ein digitales Matching Tool, das ähnlich wie die Datingplattform Tinder funktioniert – nur eben für Pflegepersonal mit deren Kundschaft.
Über ein eigenes Tool ist einzusehen, wer gerade verfügbar ist. Oft funktioniert das "Matching“ in nur wenigen Stunden. Für Pozdena gibt es einiges von der Reise mitzunehmen. Vor allem beeindruckt ihn, dass man die große Reform so "durchgezogen“ hat. Er glaubt, dass man in Dänemark "mehr Vertrauen in die Entscheidungen der gewählten Vertreter in der Politik“ hat.
"Die Dänen sind – so habe ich es kennengelernt – sehr offen für Veränderung.“ Man könne zudem den "Matching-Prozess“ von dem Betreuenden zur Kundschaft in Österreich noch optimieren und dennoch weiter rasch helfen, "ohne Qualität zu verlieren“.
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