"Ich bete, dass die Grenze in Kittsee nicht auch geschlossen wird"

Seit Tagen sorgt die Maul- und Klauenseuche in Österreich – vor allem im Burgenland und in Niederösterreich – für Aufregung. 24 Grenzübergänge in die Slowakei und nach Ungarn mussten geschlossen werden, Seuchenteppiche liegen an den Grenzen auf, Tausende Fahrzeuge wurden kontrolliert.
Das Maul-und-Klauenseuche-Virus gefährdet Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe und Rehe. Es gilt als höchst ansteckend für Paarhufer, betroffene Tiere müssen getötet werden.
Zum Glück wurde bis gestern, Montag, weder in Niederösterreich noch im Burgenland ein positiver Fall gemeldet. Dass die Maßnahmen bisher gut funktionieren – und auch von der Bevölkerung mitgetragen werden –, zeigte sich auch bei einem Lokalaugenschein am Grenzübergang Kittsee im Burgenland. Kittsee zählt neben dem Autobahn- und dem Bundesstraßenübergang Nickelsdorf zu den Grenzübergängen, die nach wie vor offen sind.
"Hätte mit viel mehr Stau gerechnet"
Am Montag will Tamas zu Mittag von der Slowakei nach Österreich fahren. Dies klappt viel reibungsloser, als er sich das vorgestellt hatte, berichtet der Ungar dem KURIER. „Ich habe gerade zu meiner Frau gesagt, wie ruhig es hier ist. Ich hätte mit viel mehr Stau gerechnet“, schildert der Autofahrer.
In den frühen Morgenstunden mussten die Pendler aber sehr wohl Geduld aufbringen, es kam teilweise zu langen Wartezeiten. In Kittsee etwa standen die Pendler laut ÖAMTC bis zu 75 Minuten auf der Nordostautobahn (A6) im Stau. Die Pendler hätten aber großteils verständnisvoll reagiert. Schon ab 9.30 Uhr seien die Verzögerungen rasch weniger geworden, sagte ein Sprecher des ÖAMTC.

Tamas, Pendler: „Ich habe gerade zu meiner Frau gesagt, wie ruhig es hier ist. Ich hätte mit viel mehr Stau gerechnet “
Start der Osterferien
„Spannend“ werde an der Grenze aber wohl auch der Beginn der Osterferien am kommenden Wochenende bei der Ausreise aus Österreich, so der Sprecher.
Von der Polizei hieß es auf Anfrage, dass der Stau zur Stoßzeit weniger lang gewesen sei als zunächst befürchtet. „Aus unserer Sicht gab es keine große Problematik“, sagt Helmut Marban, Polizeisprecher der Landespolizeidirektion Burgenland. Montagfrüh betrug die Wartezeit an den ungarisch-österreichischen Grenzübergängen in Klingenbach (Bezirk Eisenstadt-Umgebung) und Rattersdorf (Bezirk Oberpullendorf) am Höhepunkt knapp eine Stunde. In Nickelsdorf (Bezirk Neusiedl am See) wartete man auf der Ostautobahn (A4) rund 45 Minuten auf die Einreise.

Ein Mitarbeiter der Baudirektion Burgenland beim Desinfizieren des Seuchenteppichs in Kittsee.
Um zu verhindern, dass die Maul- und Klauenseuche auch nach Österreich kommt, wurden Seuchenteppiche an den Grenzübergängen ausgelegt. Auf die sechs bis acht Meter langen Teppiche wird Desinfektionsmittel aufgetragen, Fahrzeuge – vor allem aus der Slowakei – passieren diese im Schritttempo.
Bundesheer beendet Einsatz
Alle zwei bis drei Stunden werden die Teppiche mit Desinfektionsmittel neu getränkt, erzählt ein Mitarbeiter der Baudirektion Burgenland, während er auf dem Seuchenteppich in Kittsee steht. Es bildet sich eine kleine Schlange an wartenden Autos, die nach Österreich einreisen wollen. Darunter ist auch ein Fahrzeug des Bundesheeres. „Wir sind gerade auf dem Rückweg“, sagt der junge Mann am Beifahrersitz.
Seit 26. März waren 53 Soldatinnen und Soldaten der Katastrophenhilfseinheit AFDRU des österreichischen Bundesheeres im Einsatz in der Slowakei. „Heute kehren unsere Soldaten nach Österreich zurück, werden ihr Gerät warten und nachbereiten und stehen dann wieder für weitere Einsätze bereit“, teilte das Verteidigungsministerium am Montagfrüh in einer Aussendung mit.
"Muss meine Hühner füttern"
Zurück an der Grenze nach Kittsee: Dort stapelt Johann aus Jarovce wenige Meter neben dem Grenzübergang Blumenerde in einem Schuppen. Der 60-Jährige wohnt in dem etwa fünf Kilometer entfernten Ort Jarovce in der Slowakei. „Ich habe gehört, dass eventuell auch dieser Grenzübergang geschlossen wird. Ich bete, dass das nicht passiert“, erzählt Johann.

Johann, Pendler: „Ich hoffe, dass der Grenzübergang nach Kittsee offen bleibt. Ich muss dort meine Hühner füttern."
Er muss nämlich jeden Tag in der Früh über die Grenze fahren, um seine Hühner zu füttern, die er in einem Garten in Kittsee hält. Um seine Hühner muss er sich aber zumindest keine Sorgen machen: Hühner sind nicht von der Maul- und Klauenseuche betroffen.
"Risikolage nach wie vor hoch"
Die Krankheit war nicht nur in den Grenzorten, sondern auch bei der Landesagrarreferentenkonferenz am Montag Thema. „Wir tun alles, um eine Einschleppung der Maul- und Klauenseuche nach Österreich zu verhindern“, betonte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP). Bisher würden alle Maßnahmen greifen, die Risikolage sei aber nach wie vor hoch, ergänzte die für Tierseuchen zuständige Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).
Kritik kam hingegen von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz: „Anstatt sofort ein flächendeckendes Seuchenmanagement zu organisieren, wurde das Heer absurderweise zuerst ins Ausland geschickt“.
Die Freiheitlichen verweisen darauf, dass Grenzschließungen - vor allem im Burgenland - vermeidbar gewesen wären, hätte man nur entschlossen und professionell reagiert: "Es wäre nicht nur möglich, sondern dringend notwendig gewesen, sämtliche Grenzübergänge rechtzeitig nachzurüsten und mit einem System aus rigorosen Kontrollen, Seuchenteppichen und klaren Abläufen unter Einhaltung aller veterinärmedizinischer Vorschriften weiter offen zu halten", erklärt Schnedlitz.

Klaudia Tanner beim AFDRU-Kontingent
Montagabend empfing Verteidigungsministerin Klaudia Tanner das AFDRU-Kontingent nach der Rückkehr aus der Slowakei in Korneuburg: "In diesen herausfordernden Tagen für alle landwirtschaftlichen Betriebe in der Slowakei und in Österreich zeigt sich einmal mehr der starke Zusammenhalt in der Europäischen Union. Die Soldatinnen und Soldaten der Katastrophenhilfeeinheit des Bundesheeres waren sofort zum Einsatz bereit, um bei der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche rund um die Uhr zu unterstützen“, betonte Tanner.
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