Seuchenalarm: Österreich riegelt ab, Heer hält Spezialtruppen bereit

Polizisten überwachen Pkw, die über einen Seuchenteppich am Grenzübergang Klingenbach-Sopron fahren.
- Österreich schließt 24 kleinere Grenzübergänge im Burgenland und Niederösterreich wegen Maul- und Klauenseuche in Nachbarländern.
- Gesundheitsministerium erweitert Importverbote und verstärkt Biosicherheitsmaßnahmen für Tierhaltungsbetriebe.
- Bundesheer und Polizei sind für Seuchenschutzmaßnahmen und Dekontamination vorbereitet.
Österreich zieht Konsequenzen aus dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) in den Nachbarländern Slowakei und Ungarn: Seit Mitternacht sind 24 kleinere Grenzübergänge im Burgenland und in Niederösterreich geschlossen – die Verordnung gilt vorläufig bis 20. Mai.
Die Lage an den Übergängen blieb am Samstagvormittag ruhig, größere Staus traten nicht auf.
An den betroffenen Übergängen setzen die Landespolizeidirektionen auf technische Sperren und Polizeipräsenz. Gleichzeitig läuft an den offenen Übergängen der Seuchenschutz: Fahrzeugkontrollen, Dokumentenüberprüfungen und der Einsatz von Seuchenteppichen gehören seit Tagen zum Repertoire.
Von und nach Ungarn:
- Andau – Janossomorja
- Andau – Kapuvar (Zugang zur Brücke von Andau)
- Baumgarten – Sopron
- Deutsch Jahrndorf – Rajka
- Deutschkreutz – Harka
- Deutschkreutz – Nagycenk
- Halbturn – Varbalog
- Halbturn – Varbalog (Albertkazmerpuszta)
- Klostermarienberg – Olmod
- Loipersbach – Agfalva
- Lutzmannsburg – Zsira
- Lutzmannsburg (Rebberg) – Zsira
- Lutzmannsburg (Therme) – Zsira
- Neckenmarkt – Harka
- Nickelsdorf – Rajka
- Nikitsch – Sopronkövesd
- Nikitsch – Zsira
- Ritzing (Helenenschacht) – Sopron (Brennbergbanya)
- Schattendorf – Agfalva
- Sieggraben (Herrentisch) – Sopron (Görbehalomtelep)
- Wallern – Kapuvar (Zugang zur Brücke von Wallern)
Von und in die Slowakei
- Angern-March - Zahorska Ves
- Radfahrbrücke Schloss Hof -Devinska Nova Ves
- Fußgänger- und Radfahrbrücke Marchegg im Bezirk Gänserndorf
Weiterhin möglich ist der Grenzübertritt an den großen Übergängen Kittsee-Jarovce, Nickelsdorf-Hegyeshalom 1 und 2, Pamhagen-Fertöd, Klingenbach-Sopron, St. Margarethen-Sopronköhida, Rattersdorf-Köszeg sowie allen Übergängen in den Bezirken Oberwart, Güssing und Jennersdorf.
Polizeisprecher Helmut Marban bestätigte "keine besonderen Vorfälle", keine Rückweisungen – der Verkehr fließe weitgehend normal. An den großen Übergängen wie Nickelsdorf und Kittsee wurden Teppiche mit Ameisensäure-Lösung für Fahrzeuge ausgerollt.
In den vergangenen zwölf Stunden wurden dort rund 1.000 Liter Lösung eingesetzt, so Gerald Gebhardt von der Baudirektion Burgenland, die für Mischung und Verteilung zuständig ist.
Haider-Wallner bei Kontrollpunkt: „Gemeinsam Tausende Tiere retten“
Am Samstagnachmittag machte sich Landeshauptmann-Stellvertreterin Anja Haider-Wallner (Grüne) am Grenzübergang Klingenbach (Bezirk Eisenstadt-Umgebung) ein Bild von den Maßnahmen. „Die Grenzkontrollen können die Seuche nicht stoppen, aber das Risiko zur Einschleppung minimieren“, sagte sie. Man habe „engmaschig und so schnell wie möglich gehandelt“. In Klingenbach sei bereits eine zweite Fahrspur vorbereitet, um dem erwarteten Montagsverkehr gewachsen zu sein.

Gerald Gebhardt Baudirektion Burgenland, Landeshauptmann-Stellvertreterin Anja Haider-Wallner (Grüne) und Helmut Marban (LPD Burgenland; v.li.) im Rahmen einer Pressekonferenz an der Grenze.
In der Überwachungszone wurden alle Tiere von insgesamt acht Betrieben untersucht, betont das Gesundheitsministerium.
Die Untersuchung wird bis zum 20. Mai wöchentlich wiederholt, das entspricht der Inkubationszeit des Virus.
In der erweiterten Sperrzone wurden bisher 104 Betriebe besucht und beprobt, alle bisher analysierten Proben waren negativ. Weitere Proben sind noch in Auswertung.
Innerhalb der vergangenen Woche habe es vier Verdachtsmeldungen innerhalb der Zonen gegeben, alle Proben waren negativ.
Haider-Wallner bat um Verständnis für Einschränkungen im Grenzverkehr: "Natürlich sind das Unannehmlichkeiten, aber gemeinsam können wir Tausenden Tieren das Leben retten und Schaden von der Landwirtschaft abwenden." Sie appellierte an die Bevölkerung, auf nicht notwendige Fahrten in betroffene Gebiete zu verzichten, keine Ställe zu betreten und Hunde nicht frei herumlaufen zu lassen, um Wildtiere nicht aufzuscheuchen.
Jäger sind aufgerufen, auf Wildtiere zu achten
Auch die Jägerschaft wurde österreichweit vom Gesundheitsministerium alarmiert. Waidmänner sollen auf Symptome bei Wildtieren achten – etwa blutige Läsionen an Maul, Klauen oder Schalen sowie auffällig müdes Verhalten.
Das Gesundheitsministerium veröffentlichte am Freitagabend eine neue Verordnung mit weiteren Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche.
- Das bestehende Importverbot für unter anderem frisches Fleisch, Rohmilch, Wildbret und Jagdtrophäen wird damit auf Stroh und pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Ländern ausgedehnt.
- Alle Tierhaltungsbetriebe sind zudem "angehalten, verstärkte Biosicherheitsmaßnahmen umzusetzen, darunter etwa Maßnahmen zur Reinigung und Desinfektion von Fahrzeugen".
- Betriebe sind verpflichtet, Besuchsprotokolle über betriebsfremde Personen zu führen.
- Tiere aus der erweiterten Sperrzone dürfen grundsätzlich nicht verbracht werden.
- Eine Ausnahme ist nur bei negativem Testergebnis und behördlicher Genehmigung zulässig.
"Landesbehörden können Fahrzeuge anhalten und desinfizieren", heißt es weiter in der Verordnung. Die Maßnahmen gelten vorerst bis zum 20. Mai, parallel zu den aktuellen Grenzschließungen.
Zudem gilt ein Importverbot für Jagdtrophäen und Wildfleisch aus Ungarn und der Slowakei. Nach Auslandsjagden sind Desinfektionsmaßnahmen für Kleidung, Schuhe und Ausrüstung verpflichtend.
Bundesheer hat "genug Reserven für Entseuchungen"
Sollte MKS auch in Österreich ausbrechen, steht das Bundesheer bereit. „Wir haben genug Reserven in Österreich“, erklärte Oberst Jürgen Schlechter, Leiter des ABC-Abwehrzentrums in Korneuburg. Zwar sind aktuell 53 Soldatinnen und Soldaten der Austrian Forces Disaster Relief Unit (AFDRU) in der Slowakei im Rahmen des EU-Zivilschutzmechanismus im Einsatz, doch ein Rückruf sei derzeit nicht notwendig.

Das Bundesheer ist seit 26. März in der Slowakei im Einsatz.
Die Dekontaminationskapazitäten des Heeres seien auf massive Seuchenlagen vorbereitet: "Wenn ein Betrieb mit 10.000 Tieren betroffen ist, muss alles sehr schnell gehen", so Schlechter. Dann müssten Tiere gekeult, abtransportiert und Fahrzeuge dekontaminiert werden – genau dort, wo das Bundesheer mit seinen elf Spezialfahrzeugen am effizientesten wirken könne.
Ein vergleichbarer Einsatz sei zuletzt im Oktober 2024 im Bezirk Amstetten nötig gewesen – bei einem rasanten Vogelgrippe-Ausbruch.
Wien ist vorbereitet, Karner: „Es geht um die Landwirtschaft“
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betonte bei einer Pressekonferenz am Samstag in Wien: „Die Polizei wird alles Menschenmögliche tun, um ein Überspringen der Seuche auf Österreich zu verhindern.“ Für Menschen sei MKS ungefährlich, doch wirtschaftlicher Schaden und Tierleid seien enorm. Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) erklärte, man habe alle Vorkehrungen getroffen, obwohl die Bundeshauptstadt aktuell nicht betroffen sei.
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