Pflegegeld wird nicht mehr als Gehalt angerechnet

Regeln in NÖ wurden geändert
Nach KURIER-Bericht: NÖ ändert Gesetz.

In Niederösterreich wird die Mindestsicherung beim Bezug von Pflegegeld nicht mehr gekürzt. Die Landesregierung hat die Änderung am Dienstag beschlossen. Berichte des KURIER haben die Causa ins Rollen gebracht.

Künftig wird das Pflegegeld für pflegende Angehörige in einer Haushalts- oder Wohngemeinschaft nicht mehr als Einkommen angerechnet, teilte die zuständige Soziallandesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) mit. Die viel diskutierte Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln sei "im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit" geändert worden.

Entzündet hatten sich die Debatten am vom KURIER aufgedeckten Fall einer Mutter aus Niederösterreich, die ihre 14-jährige behinderte Tochter zu Hause pflegt und deshalb nur mehr die halbe Mindestsicherung bekam.

Die Neuregelung sei erfolgt, um die sozial Schwachen zu unterstützen, betonte Schwarz in einer Aussendung. Man rechne damit, dass rund 100 Personen von der neuen Bestimmung betroffen sein werden. Die Mehrkosten für das Land werden sich auf rund 500.000 Euro pro Jahr belaufen. Oberösterreich hatte zuletzt angekündigt, sich die nö. Lösung genau anschauen zu wollen.

Sie bekommt weniger Mindestsicherung, weil sie ihre behinderte Tochter daheim pflegt. Die KURIER-Berichte über das Schicksal der Frau haben viele betroffen gemacht. Die Berichterstattung hat aber auch für Bewegung gesorgt: Niederösterreich wird die Rahmenbedingungen zum Bezug der Mindestsicherung ändern.

Eine Welt war für Susanne B. zusammengebrochen, als sie die Information bekam, sie werde ab sofort statt gut 700 Euro nur mehr 386 Euro Mindestsicherung bekommen. Begründung: 352 Euro Pflegegeld, das ihre Tochter Lara (alle Namen geändert) bekommt, werde der Mutter als "Einkommen" angerechnet. Der Gesetzgeber argumentiert, das Pflegegeld sei als Gehaltszahlung an die pflegenden Angehörigen zu verstehen. Würde Lara, die mit Down-Syndrom zur Welt kam und wegen einer schweren Fußerkrankung auf Rollstuhl und Krücken angewiesen ist, in einem Heim betreut, hätte ihre Mutter Anspruch auf mehr Mindestsicherung.

Reform

Jetzt gibt es eine andere Lösung: Eine Reform der Landesbestimmungen zur Mindestsicherung. Die so genannte "Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln" wird geändert. Pflegegeld zählt künftig im Rahmen der Mindestsicherung nicht zum Einkommen, wenn Pflegeleistungen für einen Angehörigen im gemeinsamen Haushalt erbracht werden. Damit ändert Niederösterreich eine Bestimmung, die seit den 1990er-Jahren besteht. Als einziges Bundesland nimmt Niederösterreich explizit "pflegende Angehörige" aus.

"Neue Ehrlichkeit, Fairness und Gerechtigkeit sind zentrale Anliegen meiner Politik", sagt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). "Wir helfen den Schwächsten und unterstützen nicht die Frechsten. Darum habe ich Soziallandesrätin Barbara Schwarz damit beauftragt, diese Ungerechtigkeit aus dem Weg zu räumen."

Schwarz (ÖVP) will mit dem für die Mindestsicherung zuständigen Landesrat Maurice Androsch (SPÖ) nun einen Antrag in der Regierung einbringen. In dessen Fachabteilung soll der Fall von Frau B. bereits seit rund einem Jahr bekannt gewesen sein. "Der diesbezügliche Bericht der Abteilung liegt uns noch nicht vor", heißt es aus Androschs Büro.

Die Novelle der Verordnung wird sich auf die Ausgaben des Landes für die Mindestsicherung auswirken. Die Spanne liegt zwischen einer halben und einer Million Euro. Insgesamt hat Niederösterreich für heuer jedoch rund 95 Millionen Euro für die Mindestsicherung budgetiert. Nach den Verschärfungen zu Jahresbeginn dürften die tatsächlichen Ausgaben bei 85 Millionen Euro liegen.

"Ein erster Schritt in die richtige Richtung", sagt die grüne Landesobfrau Helga Krismer, die sich ebenfalls mit dem Fall befasst hat. "Wir sind aber noch nicht am Ziel. Die nö. Mindestsicherung – besonders die Deckelung mit 1500 Euro pro Haushalt – trifft viele Familien hart. Reden wir auch darüber."

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Die Geschichte von Susanne B. und ihrer Tochter bewegte viele

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