Ohne Training werden die neuen Waffenbesitzer zur Gefahr

Jungschütze Michael Kittenberger (l.) mit Standaufsicht im Schützenverein Krems
Experten drängen zu mehr Praxis mit der Waffe, um das Risikopotenzial zu verringern.

Mehr als 16.000 Schusswaffen haben Männer und Frauen in Österreich laut Innenministerium alleine in den vergangenen drei Monaten legal erworben. Das ist der bisherige Höhepunkt eines Trends, der vor etwa einem Jahr begonnen hat. Was Fachleute dabei beunruhigt, ist weniger die Zahl der Pistolen und Revolver, sondern der Umstand, dass die überwiegende Zahl der Neu-Besitzer nur eine vage Ahnung vom Umgang damit hat.

"Wer verantwortungsvoll mit einer Waffe umgehen will, sollte unbedingt regelmäßig damit üben. Der Waffenführerschein alleine ist viel zu wenig", sagt beispielsweise Christian Töller, bei der Union Privilegierten Schützenkompanie St. Pölten für die "Feuerpistole" zuständig. Der "Führerschein" umfasst jeweils nur wenige Stunden Theorie und Praxis.

Vereine

Demnach müssten eigentlich Tausende neue Waffenbesitzer die Anlagen der Schützenvereine stürmen. Doch: "Davon merkt man nichts. Im Gegenteil, die Zahl der Vereinsmitglieder sinkt jedes Jahr", erklärt Hermann Gössl, Landesoberschützenmeister in NÖ. Auch er findet den gesetzlich vorgeschriebenen Waffenführerschein nicht ausreichend. Das sei so, als ob man einem Autokäufer ohne Führerschein kaum mehr als die Knöpfe und Schalter eines Wagens erklärt, ehe man ihn damit abfahren lässt. Nicht nur Gössl appelliert an Waffenbesitzer, mit Hilfe erfahrener Sportschützen in Vereinen den sicheren Umgang mit Waffen zu erlernen.

Landespolizeidirektor Franz Prucher meint: "Wir hatten schon früher mehrmals solche Phasen, ich bin aber überzeugt, dass das keine größeren Probleme bringt. Allerdings empfehle ich, die Anschaffung einer Waffe genau zu überlegen. Besonders wenn Kinder im Haus sind. Wichtig ist außerdem, die Handhabung regelmäßig zu trainieren."

Schauspieler Michael Kittenberger aus Krems hat im November 2015 eine Pistole erworben. Seither übt er im Verein. "Das ist auch mit Anleitung nicht so einfach", sagt er und begründet den Kauf: "Als die Grenzkontrollen gefallen sind, kamen Zehntausende unregistriert ins Land", sagt er. Keiner wisse, wie viele U-Boote da sind.

Politdiskussion

Die Absicht der EU, das Waffengesetz aufgrund der anhaltenden Terrorangst europaweit zu verschärfen, war Donnerstagnachmittag Anlass für eine Aktuelle Stunde im nö. Landtag. FPÖ-Klubobmann Gottfried Waldhäusl sprach sich gegen eine "Kriminalisierung der Waffenbesitzer" aus. Jeder Bürger müsse das Recht haben, Leib und Leben zu schützen. Als Problem sieht er den illegalen Waffenkauf in Tschechien. "Die Grenzen gehören geschlossen. Sobald es einen Verdacht auf illegale Waffen gibt, muss es Durchsuchungen geben", ergänzte FPÖ-Mandatar Erich Königsberger.

Texanische Zustände und Möchtegern-Sheriffs will aber niemand in Niederösterreich. Daher könnten Waffengesetze in Zeiten wie diesen niemals streng genug sein, betonte Grün-Abgeordneter Emmerich Weiderbauer. "Österreich hat eine gute Exekutive, die Sicherheit gehört in professionelle Hände", betonte SPÖ-Mandatar Gerhard Razborcan.

ÖVP-Sicherheitssprecher Gerhard Karner sieht das neue Staatsschutzgesetz als wichtigen Schritt gegen den Terrorismus. "Eine Verschärfung des Waffengesetzes ist nicht nötig. Zuletzt hat es Anpassungen gegeben, wie den verpflichtenden psychologischen Test, Umgang mit der Waffe und ein zentrales Waffenregister", sagte Karner.

Einen Überblick über die veschiedenen Vereine und deren Angebot bekommt man im Internet unter http://sun.or.at/link.htm

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