Offenes Haus gegen Vorurteile

Die Kinder und Jugendlichen bereiten den Kuchen fürs Terrassencafe am Mittwoch vor
Das Landesjugendheim Pottenstein öffnet seine Türen, für Eltern und für jedermann.

Kaputte Familien – Alkohol, Drogen, Verwahrlosung. Kasernenartige Gebäude mit dunklen, kühlen Gängen und Betreuer mit dunklen Mienen und kalten Gemütern – Missbrauch, Gewalt, gebrochene junge Herzen und Kinder-Persönlichkeiten.

Elizabeth Baum-Breuer kennt die Assoziationskette, die bei vielen in Gang kommt, wenn sie das Wort "Jugendheim" hören. Vorstellungen, die durch jüngste Skandale weitere Nahrung bekommen haben. Die promovierte Pädagogin ist Direktorin des Landesjugendheimes Pottenstein im Bezirk Baden – und hat den Kampf aufgenommen. Gegen diese Bilder, für moderne Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen – und mit deren Familien. "Ich sehe es als Auftrag, das Haus zu öffnen", erklärt sie.

Wenn man die Guttensteinerstraße in Pottenstein hinauffährt, taucht linker Hand das Heim auf. "Von außen ein riesiges altes Gebäude", räumt Baum-Breuer ein. Innen wurde durch bauliche Maßnahmen versucht, den Altbau wohnlich zu machen. Es soll ein Heim sein, nicht nur ein Heim.

Respekt vor den Eltern

Rund 70 Jugendliche werden in Pottenstein von 46 Voll- und Teilzeitkräften betreut. Nicht alle sind "klassische" Heimkinder, nur etwa ein Drittel ist stationär untergebracht, weitere teilstationär – diese Kinder können abends zu ihren Familien. Der Rest sind Jugendliche aus dem Berufsvorbereitungskurs und Jugendliche mit special needs.

Eine – nicht der Direktorin unterstellte – Vertrauensperson und zwei Psychologinnen sind Anlaufstelle für die Kinder. Sportanlagen, eine eigenen Boutique, bei deren Verwaltung und Betrieb die älteren Mädchen helfen, ein pädagogischer Garten und Therapiehunde stehen zur Verfügung. Auch eine Band unter der Leitung des Sozialpädagogen Lois Stipsich gibt es. Das wichtigste Projekt ist aber die "aufsuchende sozialpädagogische Elternarbeit".

"Bei manchen ist es leider nicht im Interesse des Kindes, wenn es Kontakt zu den Eltern gibt", erklärt Baum-Breuer. Wo das doch möglich ist, wird der Kontakt offensiv gesucht. Zwei Mitarbeiter sind fast ausschließlich mit der Elternarbeit beschäftigt – für Kinder und Jugendliche im stationären und teilstationären Bereich. Mit dem Nahziel, dass die Kinder den Kontakt zu den Eltern nicht verlieren. Und dem Fernziel, sie wieder in den Familien zu integrieren. "Wenn das Kind untergebracht wurde, halten sich Eltern oft für Versager. Wir wollen ihnen helfen, Vertrauen in ihre Fähigkeiten als Eltern zu entwickeln – zum Wohle der Kinder."

Beim Terrassencafe im Heim, das ab Mai wieder jeden Mittwoch stattfindet, sind Eltern willkommen. Ebenso wie andere Gäste. Kaffee und Kuchen bereiten die Jugendlichen selbst zu. "Uns ist wichtig, dass die Kinder sehen, dass wir Respekt vor ihren Eltern haben. Im Rahmen des Terassencafes ist es auch leichter ins Gespräch zu kommen, als wenn die Eltern zu einem Termin zitiert werden", so Baum-Breuer.

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