Region Marchfeld: "Wir fordern einen klaren Zeitplan für die S8"

Wollen endlich einen klaren Zeitplan für den Bau der Marchfeld-Schnellstraße S8 (v.l.): Die Landtagsabgeordneten René Zonschits (SPÖ), René Lobner (ÖVP), Ja-zur-S8-Obmann Lukas Zehentbauer und Abgeordneter Dieter Dorner (FPÖ).
Zusammenfassung
- Die Region Marchfeld fordert nach 20 Jahren Wartezeit einen klaren Zeitplan für den Bau der S8 Schnellstraße zur Entlastung der überlasteten Ortskerne.
- Wirtschaft und Politik betonen die Bedeutung der S8 für die Ansiedlung von Betrieben und
- die Verbesserung der Verkehrssicherheit, während Verzögerungen durch langwierige Genehmigungsverfahren kritisiert werden.
- Der Verein "Ja zur S8" und regionale Politiker planen weitere Aktionen und fordern einen verbindlichen Termin vom Infrastrukturminister, notfalls auch mit Demonstrationen.
"Das Wetter passt zur Situation - es ist trist", sagte der Raasdorfer Bürgermeister Lukas Zehetbauer (ÖVP), als er seine Amtskollegen in Strasshof (Bezirk Gänserndorf) empfing. Dort, direkt an der B8, fand ein Pressegespräch es Vereins "Ja zur S8" statt - während es nieselte.
Zehetbauer ist seit diesem Jahr Obmann des Vereins. "Wir wollen wieder auf das Thema aufmerksam machen", nannte er den Grund der überparteilichen Zusammenkunft. Seit 20 Jahren wartet die Region auf die Marchfeld Schnellstraße, die bereits im Straßengesetz verankert ist. "Die Verkehrsadern und die Ortskerne sind stark überlastet", sagt der Obmann mit lauter Stimme, um den Verkehrslärm zu übertönen.
Bis zu 1.500 Lkw und 9.800 Pkw fahren durch die Marchfelder Orte
Sein Stellvertreter Wolfgang Seidl, Bürgermeister von Markgrafneusiedl (SPÖ), lieferte entsprechende Zahlen: Durch seine Gemeinde rauschen pro Tag zwischen 1.200 und 1.500 Lkw, 6.800 bis 9.800 Pkw. Zur Rush Hour "kann man nicht auf der Straße sein". Der Stau reiche bis in die Mitte des Ortes, "und der ist lang". Die Verkehrslage beschreibt er als Katastrophe. Wirtschaftliche Interessen können aufgrund der fehlenden Infrastruktur nicht realisiert werden.
- Die S8 wurde bereits 2006 im Bundesstraßengesetz beschlossen.
- Nach Durchführung eines Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens wurde mit Bescheid vom 16. April 2019 der ASFINAG und dem Land Niederösterreich die Genehmigung für das Bundesstraßenbauvorhaben S 8 Marchfeld Schnellstraße, Abschnitt Knoten S 1/S 8 bis Anschlussstelle Gänserndorf/Obersiebenbrunn (Abschnitt West) erteilt.
- Gegen diesen Bescheid waren Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.
- Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. September 2021 wurde der gegenständliche positive Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesministerium zurückverwiesen.
- Gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes wurde Revision beim Verwaltungsgerichtshof und Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben.
- 2023 hat der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes von 2021 aufgehoben.
- Entsprechend dem Ergebnis der Evaluierung des ASFINAG Bauprogramms 2021 („Bauprogramm der Zukunft“), die im Hinblick auf den Klimaschutz und den Ressourcenverbrauch durchgeführt wurde, sollen parallel zum laufenden Verfahren S 8 West Prüfungen von Alternativen vorgenommen werden.
- Der Abschnitt West ist 14,4 Kilometer lang und soll die Ortschaften Raasdorf, Deutsch Wagram, Markgrafneusiedl, Strasshof, Obersiebenbrunn und Gänserndorf umfahren.
- Mit Verlagerung eines Großteils des Verkehrs auf die neue Schnellstraße sollen die an der B8 Angerner Straße liegenden Ortsdurchfahrten entlastet und dadurch die Verkehrssicherheit erhöht werden. (Quelle: Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur)
Da nickt Philipp Teufl, Leiter der Gänserndorfer Wirtschaftskammer. "Die Infrastruktur ist ein wichtiges Thema für Unternehmen", weiß er. Große Betriebe scheuen davor zurück, sich im Bezirk anzusiedeln, weil es keine moderne Infrastruktur gibt. Betriebe können es sich schlicht nicht mehr leisten, wenn ihre Mitarbeiter stundenlang im Stau stehen.
Weinviertelautobahn brachte Entlastung für Region
Teufl weiß, wie wichtig eine funktionierende Verkehrsader ist. "Die A5 war eine Win-Win-Win-Situation. Das wünsch ich mir auch für den Bezirk Gänserndorf", hat er miterlebt, welche Vorteile die Weinviertelautobahn von Schrick bis Poysdorf in seinem Heimatbezirk Mistelbach brachte.

Ein Schulterschluss der Region ist allen Beteiligten wichtig.
Links abbiegen an der B8? "Unmöglich"
"Links abbiegen ist auf der B8 unmöglich", spricht der Strasshofer Bürgermeister Ludwig Detl (SPÖ) von den täglichen Herausforderungen, die ihn seit 20 Jahren begleiten. "Es gibt noch immer keine Klarheit", ärgert sich der Stadtchef über fehlende Bekenntnisse der Bundespolitik. Der Ausbau der Bahn sein bereits auf Schiene. "Die Straße hinkt noch nach."
Das bestätigt sein Amtskollege aus Deutsch-Wagram: Markus Mentl-Weigl (ÖVP) sieht seine Gemeinde als "Eingangskanal der B8". Die missliche Verkehrssituation schwäche die Region als Wirtschafts-Standort.
Die drei Landtagsabgeordneten des Bezirks ziehen bei diese Thema an einem Strang. Dieter Dorner (FPÖ) sprach an, dass es auch umwelttechnisch nicht sinnvoll sein könne, wenn täglich "viele Tonne Diesel im Stau verbrannt werden, ohne, dass man weiter kommt".
S8: Seit 20 Jahren geplant und noch immer Entscheidung
René Zonschits (SPÖ) ist froh, dass es einen Schulterschluss in der Region, wie auch im Landtag gibt, wenn es um die Marchfeld Schnellstraße geht. Viele Betriebe und neue Bürger hätten sich im Marchfeld angesiedelt, weil es das Versprechen gab, dass es bald eine moderne Infrastruktur geben werde. "Jetzt müssen Taten folgen. Die Region wartet seit 20 Jahren auf eine Entscheidung."
"Die Verkehrsadern und unsere Orte sind stark überlastet. Wir erwarten eine Terminzusage des Verkehrsministers."
Obmann "Ja zur S8"
Politiker pochen auf persönlichen Termin mit Infrastrukturminister
Der ÖVP-Abgeordnete René Lobner blieb weniger diplomatisch: "Es reicht. Die frühere Verkehrsministerin hat uns fünf Jahre lang verarscht und hat nie den Weg zu uns gefunden", ist er nach wie vor nicht gut auf Leonore Gewessler (Die Grünen) zu sprechen. Sie legte das Straßenprojekt auf Eis und war nie zu einem persönlichen Gespräch bereit.
Der neue Infrastrukturminister, Peter Hanke (SPÖ), solle "sich die Situation rasch anschauen", pocht Lobner auf einen Termin vor Ort. Einen Besuch habe er bereits zugesagt, einen konkreten Termin gebe es aber noch nicht.
"Wir wollen endlich klare Zeitvorgaben. Es ist uns egal, ob die Trasse 500 Meter weiter nördlich oder südlich verläuft", führt Lobner an, dass die Marchfeld-Schnellstraße wohl eines der bestgeprüftesten Verkehrsprojekte ist. Für ihn ist klar: "Es dürfen nicht wieder fünf Jahre vergehen, bis etwas passiert."
Im Notfall wird an der B8 demonstriert
"Wir wollen laut bleiben und uns präsentieren", sprach Zehetbauer von nächsten Maßnahmen. Geplant ist eine Plakatkampagne über den gesamten Bezirk, um zu zeigen, dass den regionalen Politkern das Thema nicht egal ist. Dabei erhöht er den Druck: "Wir erwarten eine Terminzusage des Ministers." Den Verantwortlichen schwebt ein Frühstück in der Rush Hour an der B8 vor. Kommt die Zusage nicht, sei die Region bereit, die eine oder andere Demo abzuhalten.
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