Justizanstalt Sonnberg in NÖ: Die Haft als zweite Chance

Mehr als Zellen: In Sonnberg werden Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten geboten. Außerdem gibt es mehrere Werkstätten
Es gibt nichts zu beschönigen: Wer in die Justizanstalt Sonnberg kommt, ist dort, um eine Haftstrafe zu verbüßen. In der kleinen Gemeinde nahe Hollabrunn werden erwachsene, männliche Gefangene mit einem Strafmaß ab 18 Monaten untergebracht, darunter auch Sexualstraftäter.
Dennoch liegt der Fokus des neuen Leiters der Justizanstalt, Florian Hamedinger, ganz auf der Zukunft der Insassen: „Jeder Mensch verdient die Chance zu einer Rückkehr in die Gesellschaft“, ist er überzeugt.
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Seit 1. Juli leitet Hamedinger die Justizanstalt bereits, am vergangenen Freitag wurde er nun offiziell in sein Amt eingeführt. Dabei hat sein Dienstweg in der Exekutive erst spät begonnen: Der Herzogenburger war Landwirt, genauer gesagt Imker. Mit 30 entschied er sich dazu, beruflich einen neuen Weg einzuschlagen.

Bei der Amtseinführung: Erich Huber-Günsthofer, Florian Hamedinger und Friedrich Alexander Koenig
Seine ersten Erfahrungen im Justizwachedienst sammelte Hamedinger im oberösterreichischen Suben, parallel dazu studierte er Rechtswissenschaften. Im Mai 2022 wurde er als Koordinator für Extremismusprävention und Deradikalisierung in der Generaldirektion für Strafvollzug eingesetzt.
Nun hat er mit der Leitung in Sonnberg eine neue Herausforderung angenommen. „Ein persönlicher Meilenstein“, betonte er bei seiner Amtseinführung.
Besonders niedrige Rückfallquote
Wie man eine Justizanstalt zum Erfolg führt, hatte ihm sein Vorgänger – und nunmehriger Leiter der Justizanstalt St. Pölten – Erich Huber-Günsthofer vorgelebt: Sonnberg weist eine besonders niedrige Rückfallquote auf. „Weil so viel mit den Insassen gemacht wird“, so Friedrich Alexander Koenig, Generaldirektor für den Strafvollzug.
Denn die Arbeit der 145 Mitarbeiter der Einrichtung hört nicht mit der Beaufsichtigung der Insassen auf.
Die Insassen erhalten gezielte Betreuung, unter anderem durch Berater, Seelsorger und Psychiater. Und es wird der Grundstein dafür gelegt, dass sie nach ihrer Haft wieder nahtlos in ein neues, rechtschaffenes Leben starten können: In Sonnberg gibt es mehrere Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung.
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Neben Kursen – zum Beispiel EDV, Sprachen, Erste Hilfe oder auch den Staplerführerschein – kann auch eine Lehre in verschiedenen metallverarbeitenden Berufen absolviert werden.
Wir können begangene Taten nicht rückgängig machen. Aber wir können den Menschen die Werkzeuge in die Hände legen, um sich erfolgreich zu reintegrieren
Leiter Justizanstalt Sonnberg
Ein fixer Teil des Alltags der derzeit 362 Insassen ist es zudem, einer beruflichen Beschäftigung nachzugehen. Dabei ist das Feld der Betätigungen breit: Die Justizanstalt bietet mehrere Werkstätten, die Produkte für Privatpersonen und Firmen anfertigen kann.
Außerdem gibt es einen Pferdeeinstellbetrieb. Insassen im gelockerten Vollzug dürfen auch in Privatfirmen außerhalb der Justizanstalt arbeiten, und zwar im Rahmen ihres Freigangs. In der Freizeit stehen ein Turnsaal, mehrere Freizeit- und Fitnessräume, ein Beachvolleyballplatz und eine Bibliothek zur Verfügung.
Großer Ausbau
„Wir können begangene Taten nicht rückgängig machen“, sagte Hamedinger im Rahmen seiner Amtseinführung. „Aber wir können den Menschen die Werkzeuge in die Hände legen, um sich erfolgreich zu reintegrieren.“ Und das gehe nur mit Respekt, Würde und eben Möglichkeiten, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Justizanstalt: Die Einrichtung ist auf erwachsene, männliche Gefangene mit einem Strafmaß ab 18 Monaten und auf Sexualstraftäter spezialisiert
Insassen: Derzeit sind in Sonnberg 352 Menschen in Haft
10 Justizanstalten gibt es derzeit in Niederösterreich. Dazu gehören neben Sonnberg auch Gerasdorf, Hirtenberg, Korneuburg, Krems, Schwarzau, St. Pölten, Stein und Wiener Neustadt. In Göllersdorf gibt es ein forensisch-therapeutisches Zentrum
Und auch abseits des täglichen Betriebes gibt es für den neuen Leiter jede Menge zu tun: Die Justizanstalt wird erweitert. Ab Juli wird es ein neues Besucherzentrum geben, das barrierefrei gestaltet ist. Außerdem wird die Wäscherei auf den neuesten Stand gebracht.
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Keine leichte Aufgabe, befindet sich die Einrichtung doch in einem Wasserschloss der Spätrenaissance, das 1955 von der Justizverwaltung der Republik gekauft wurde. 1963 wurde das Gebäude generalsaniert, danach mehrmals ausgebaut. Für die aktuelle Baustelle musste eine zusätzliche Sicherungsmauer aufgezogen werden.
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