Neubau, ganz ohne Bauverhandlung
Die Idylle schien perfekt: Mit viele Liebe haben viele Familien in einer Einfamilienhaus-Siedlung in Krems-Egelsee ihr Paradies geschaffen. Jetzt soll mitten drin ein Mehrparteienhaus entstehen. Anrainer fürchten mehr Lärm und Verkehr und wehren sich.
Sie haben Glück: Weil in ihrem Fall noch das alte Baurecht gilt, kann die Gemeinde auf ihre Beschwerden eingehen und nun doch eine Bauverhandlung mit ihnen durchführen, obwohl das anfangs gar nicht vorgesehen war. Die Chance gibt es in ähnlichen Fällen bald nicht mehr: Das neue Baurecht sieht in NÖ keine Bauverhandlungen mehr vor. Der zuständige Landesrat Tillmann Fuchs versichert, dass Nachbarn jetzt besser zu ihrem Recht kommen. Das sehen aber nicht alle so.
Viele Bewohner in Egelsee fühlten sich von der Gemeinde im Stich gelassen. "Wir haben uns bewusst für die Einfamilienhaus-Siedlung entschieden", sagen Oliver Huber, Sonja Ullmann und Johannes Dirlinger. Sie haben den Eindruck, dass die Stadt es sich zu leicht gemacht hat, als sie ein vereinfachtes Verfahren ohne Bauverhandlung für das geplante Mehrparteienhaus wählte. "Für die fünf neuen Wohnungen wurde jeweils nur ein Parkplatz vorgeschrieben", kritisieren sie. "Die Straßen sind zu schmal, um parkende Autos aufzunehmen. Es wird Schwierigkeiten für die Müllabfuhr oder Schneeräumung geben", meint Huber.
"Die Anrainer sind mehrmals und über mehrere Kanäle informiert worden", heißt es in einer Stellungnahme der Stadt Krems. Das neue Niederösterreichische Baurecht, das mit Juli gültig wird, sieht überhaupt keine Bauverhandlungen mit Anrainern mehr vor. Christian Hirtzberger, Rechtsanwalt und Wachau-Schützer, glaubt, dass "die neue Bauordnung mit weniger Regelungen mehr Freiheiten für Bauherren bringen soll. Alleine der Paragraf 56 (Ortsbildgestaltung) ist auf die Hälfte des Gesetzestextes geschrumpft. Und der Nachbar zählt ohnehin nicht mehr. Wo Mächtige am Werk sind, wird es gerichtet – siehe Landesgalerie in Krems-Stein – und die anderen lässt man deppert sterben."
Transparenz
Der für das Bauwesen zuständige Landesart Tillmann Fuchs bestätigt, dass die "zwingende Bauverhandlung abgeschafft ist", verteidigt aber die aus seiner Sicht sinnvolle Novellierung. Bisher sei die Bauverhandlung nicht transparent genug gewesen. "Die neue Bauordnung sieht vor, dass jeder Betroffene mit Nachbar-Status ab jetzt Einsicht in die Bauunterlagen bekommt. Diese Möglichkeit gab es bisher nicht. So können die Nachbarn besser beurteilen, was tatsächlich gebaut wird und auch besser bekämpfen, wenn ihnen unberechtigterweise keine Parteienstellung zuerkannt wird." Die Kriterien für die Parteienstellung seien gleich geblieben.
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