Der "Tag X": Die brisante Anklage im Fall Schimanek

Haftvorführung nach Razzia gegen mutmaßliche Rechtsextreme
Als "Sächsische Separatisten“ wollte Neonazi-Gruppe einen NS-Staat gründen. Eine Spur führt in ein Forsthaus nach Langenlois.

Der Fall der militanten Neonazi Gruppe "Sächsische Separatisten“ („SS“) hatte nach einer Razzia und Hausdurchsuchungen im niederösterreichischen Langenlois, in Wien, Sachsen und Polen im November 2024 hohe Wellen geschlagen. Im Zentrum der Ermittlungen steht auch ein prominenter Name der heimischen rechtsradikalen Szene.

Christina Salzborn von der Staatsanwaltschaft Wien bestätigt auf Anfrage des KURIER, dass gegen Hans Jörg Schimanek junior Anklage nach dem Verbotsgesetz wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung eingebracht wurde. Wegen eines Einspruchs dagegen ist sie noch nicht rechtskräftig.

 Schimanek (61) und sowie zwei seiner Söhne (2001 und 2004 geboren) waren im Zuge der Ermittlungen gegen die "Sächsischen Separatisten“ im deutschen Bundesland Sachsen ins Visier des Staatsschutzes geraten.

Terror-Anklage

Wie die deutsche Bundesanwaltschaft am Mittwoch bekannt gegeben hat, wurde gegen Schimaneks Söhne – sie sitzen seit November 2024 in U-Haft – sowie sechs ihrer Komplizen wegen Terrorverdachts Anklage erhoben.

Paramilitärische Trainings mit Kampfausrüstung

Wie es darin heißt, bereitete sich die militante Neonazi-Gruppe kontinuierlich auf den aus ihrer Sicht unausweichlichen Systemsturz vor. "Dazu absolvierten die Mitglieder wiederholt paramilitärische Trainings mit Kampfausrüstung. Dabei wurden vor allem der Häuserkampf, der Kampf mit (Schuss-)Waffen, Nacht- und Gewaltmärsche sowie Patrouillengänge eingeübt.“

Laut Bundesanwaltschaft hatte ein Sohn Schimaneks die Führungsrolle der Separatisten über, "da er die Kommunikation der Mitglieder untereinander hauptverantwortlich administrierte und paramilitärische Trainings leitete“, so die Anklage. Ziel der militanten Gruppe sei es gewesen, einen NS-Staat zu errichten.

In der Anklage heißt es unter anderem: "Hierbei handelte es sich um eine aus zuletzt etwa zwanzig Personen bestehende militante Gruppierung, deren Ideologie von rassistischen, antisemitischen und in Teilen apokalyptischen Vorstellungen geprägt war. Ihre Mitglieder verband eine tiefe Ablehnung der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Nach Überzeugung der "Sächsischen Separatisten“ stand außer Zweifel, dass Deutschland vor dem „Kollaps“ stehe und an einem, wenngleich zeitlich noch unbestimmten "Tag X“ der staatliche und gesellschaftliche Zusammenbruch eintreten werde."

"Die Mitglieder der Vereinigung waren fest entschlossen, bei dieser Gelegenheit mit Waffengewalt möglichst große Gebiete in Sachsen zu erobern, um dort einen eigenständigen, an der Ideologie des Nationalsozialismus ausgerichteten Staat zu errichten. Hierzu war eine Liquidierung von Vertretern der bisherigen staatlichen Ordnung der Bundesrepublik geplant. Ebenso sollten unerwünschte Menschengruppen – insbesondere Angehörige ethnischer Minderheiten und politische Gegner – durch ethnische Säuberungen aus der Gegend entfernt werden", heißt es vonseiten des Generalbundesanwaltes.

An Küssels Seite

Hans Jörg Schimanek jun. hatte Mitte der 1980er-Jahre zusammen mit Personen wie dem bekannten Neonazi Gottfried Küssel zweifelhaften Ruf erlangt, als sie im Wald um Langenlois Wehrsportübungen abhielten.

1995 wurde der Sohn des früheren nö. FPÖ-Landesparteiobmannes Hans Jörg Schimanek sen. wegen NS-Wiederbetätigung zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Der niederösterreichische Journalist und Autor Gernot Rohrhofer ist in seinem neuen Buch "Der Tag X – Die Umsturzfantasien der Rechten“ (Seifert Verlag) den Umtrieben rund um Langenlois und in Deutschland auf den Grund gegangen.

In seinem neuen Buch geht Gernot Rohrhofer den Vorwürfen gegen die "Sächsischen Separatisten“ auf den Grund

In seinem neuen Buch geht Gernot Rohrhofer den Vorwürfen gegen die "Sächsischen Separatisten“ auf den Grund

"Das ist ein Sekkieren von Leuten“

Er hat zu diesem Zweck auch Hans Jörg Schimanek jun. interviewt. Dieser sprach ungewohnt offen über die Anschuldigungen. Die gegen ihn gerichteten Vorwürfe bezeichnet er als "müßig“. "Das ist ein Sekkieren von Leuten“, so der 61-Jährige.

Bei den Hausdurchsuchungen am 5. November 2024 wurden im Forsthaus der Familie Schimanek in Langenlois unter anderem 30 Kilo Munition sichergestellt. Das Haus sollte laut Ermittlern den "Sächsischen Separatisten“ nach dem "Tag X“ als Rückzugsort dienen.

Journalist Gernot Rohrhofer geht in seinem neuen Buch den Vorwürfen gegen die "Sächsischen Separatisten“ auf den Grund

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In Schimaneks Wohnung in Wien wurden laut den Akten unter anderem NS-Devotionalien, militärische Uniformteile sowie NS-Literatur gefunden. Der 61-Jährige hat eine ganz andere Sicht: "In der Wohnung waren weder Hitler-Bilder noch irgendwelche Fahnen, die problematisch gewesen wären“, sagt Schimanek im Buch.

Im Hinblick auf seine Söhne erklärt der Beschuldigte, dass er "die Sachen von damals heute logischerweise nicht mehr machen würde.“

Massiver Anstieg rechtsextremer Straftaten

Österreichweit ist die Zahl der rechtsextremen Straftaten nach dem bisherigen Rekord von 2024 heuer nochmals deutlich gestiegen. Wie eine Anfragebeantwortung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zu Tage bringt, wurden im ersten Halbjahr 787 Straftaten registriert – ein Plus von 41,5 Prozent.

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