„Mitwisser, die untätig geblieben sind, gehören ebenfalls zur Verantwortung gezogen – sie haben das jahrelange Martyrium mitzuverantworten.“
Schonungslos reagiert die NÖ Landesfrauenvorsitzende und SPÖ-Bildungssprecherin Elvira Schmidt nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsvorwürfen an einer Musikschule in Himberg (Bezirk Bruck/Leitha). Dabei steht ihr eigener Parteikollege, SPÖ-Bürgermeister Ernst Wendl, in der Causa massiv in der Kritik. Wendl soll seit Jahren von den Vorwürfen gegen den Musiklehrer gewusst, aber nichts dagegen unternommen haben.
Wie der KURIER in Erfahrung gebracht hat, ist die Gemeinde als Schulerhalter bereits 2016, 2017 und danach auch auf grobe disziplinäre Verfehlungen des Pädagogen aufmerksam gemacht worden. Wendl war damals noch Vizebürgermeister und hatte nach eigenen Angaben zu der Zeit „andere Sorgen und Aufgaben“.
Unterwäsche
Nachdem er 2019 Ortschef wurde, teilte die Direktorin der Musikschule ihm mehrmals persönlich mit, dass sie wegen des sexuell anstößigen Verhaltens des Lehrers nicht mehr weiter wisse und Konsequenzen verlange. Minderjährigen Schülerinnen soll der Lehrer seine Liebe bekundet haben, andere Mädchen wurden von ihm beschenkt – auch mit Unterwäsche.
Eine Mutter berichtete dem KURIER, dass nicht nur ihr Kind, sondern auch sie selbst auf anrüchige Art von dem Pädagogen bedrängt wurde. Nachdem die Gemeinde die Sache auf sich beruhen ließ, folgten weitere Interventionen durch die Schule und durch Eltern.
Wendl will davon nichts mitbekommen haben. Er habe erst in einer Krisensitzung mit sieben betroffenen Eltern am 22. Dezember von den Vorwürfen erfahren. Aktenvermerke und Aussagen anderer Beteiligter zeichnen jedoch ein anderes Bild.
Sollte der Bürgermeister tatsächlich seit Jahren von dem sexuell anstößigen Verhalten gegenüber Kindern gewusst und nichts unternommen haben, fehlt ihm selbst in der eigenen Partei jegliche Rückendeckung. „Sexuelle Übergriffe, Drohungen und Beschimpfungen in Musikschulen sind inakzeptabel“, erklärt Landesfrauenvorsitzende Elvira Schmidt. Mitwisser seien ebenfalls zur Rechenschaft zu ziehen. „Es ist klar, dass es nach der Aufarbeitung der Missstände und Übergriffe klare Konsequenzen geben muss – Kinder dürfen solchen Menschen nicht ausgesetzt sein“, sagt die Bildungssprecherin.
Auch die ÖVP fordert „völlige Transparenz“. Dadurch, dass die Gemeinde von der SPÖ geführt werde, sei man vom Informationsfluss abgeschnitten, sagt ÖVP-Gemeinderätin Vera Sares. „Wir hatten keinerlei Kenntnis. Das Thema wird jetzt aber in einer Gemeinderatssitzung behandelt.“
Wendl habe am Tag nach dem Krisengipfel mit den Eltern den beschuldigten Pädagogen entlassen. Überzeugt scheint er von dem Schritt selbst nicht zu sein. Der Bürgermeister solidarisch: „Dieser Mann hat 35 Jahre lang bis zu 50 Kinder pro Jahr unterrichtet und wird einen Tag vor Weihnachten entlassen. Das muss man einmal verarbeiten“. Wendl kann mit ihm mitfühlen, musste er sich vor Jahren selbst gegen ähnliche Anschuldigungen wehren. Der Fall wurde 2018 von Lokalmedien und der FPÖ publik gemacht, zu einem Verfahren kam es nie.
Kommentare