Museumsdorf Niedersulz: Ruhe, nichts als Ruhe

Blütenpracht: Der Vorgarten waren einst das Aushängeschild der Bewohner.
Ein Besuch in der "guten, alten Zeit", wo das Bratl nach Großmutters Art gemacht wird.

Am Dach sitzt ein Vogel und zwitschert, aus der Ferne ist das Quieken eines Ferkels zu hören. Ansonsten herrscht im Museumsdorf Niedersulz – dem größten Freilichtmuseum Österreichs – nur Ruhe. Das hektische Leben bleibt beim Betreten des Areals draußen. "Deswegen kommen auch viele zu uns", sagt Hausherr Edgar Niemeczek.

Museumsdorf Niedersulz: Ruhe, nichts als Ruhe
Freilichtmuseum Niedersulz, Zu Gast bei Edgar Niemeczek
Der "Mister Volkskultur Niederösterreich" hat in den vergangenen Jahren mit einem großen Team an engagierten Mitarbeitern und Freiwilligen das Juwel zu einem Publikumsmagneten im nö. Weinviertel gemacht.

Mehr als 80 alte Gebäude aus der Gegend fanden in dem Museumsdorf eine neue Heimat und wurden mit den Originalsteinen wieder aufgebaut. Jedes Haus, jeder Hof, jeder Stadel hat seine eigene Geschichte – vom Nutzen und von den Menschen, die darin gelebt haben.

Modernisiert

Museumsdorf Niedersulz: Ruhe, nichts als Ruhe
Für die Landesausstellung "Brot und Wein" im Vorjahr wurde das alte Dorf umgekrempelt. Aber nur, was die Zufahrt und den Eingangsbereich betrifft. Das Portal "sitzt" nun weithin sichtbar am Hügel. "Der Besucher kommt aus einer anderen Lebenswelt und taucht durch das Portal in das frühere Jahrhundert ein", sagt Niemeczek.

Auf einem geschotterten Weg geht es ins Dorf. Asphalt ist verpönt. Schließlich gab es den früher in der "guten, alten Zeit" auch nicht. "Wir wollen hier aber nichts beschönigen. Das Leben war hart", sagt der Volkskultur-Experte. An alten Weinkulturen vorbei, geht es in die Schule. Mädchen und Buben wurden getrennt unterrichtet. Die große Tafel ist in Kurrent beschrieben. Daneben befindet sich die kleine Lehrer-Dienstwohnung. In der Küche steht eine weiß lackierte Kredenz, der Tisch ist gedeckt. Am Haken hängen zerschlissene Hüte. Der Eindruck ist gewollt. "Der Besucher hat das Gefühl, als ob die Menschen, die hier gelebt und gearbeitet haben, erst soeben den Raum verlassen haben", sagt Niemeczek.

Museumsdorf Niedersulz: Ruhe, nichts als Ruhe
Freilichtmuseum Niedersulz, Zu Gast bei Edgar Niemeczek
Im weiß gekalkten "Wultendorfer Hof" findet auch Geschichte statt – die der Bauernschaft. Von der Revolution von 1848 bis zur Gegenwart. Auf einem Steyr-Traktor kann man den Eierschalen-Sitz erklimmen und den Motor akustisch starten. Ein wirkliches Prunkstück ist auch der Original-Schreibtisch von Leopold Figl aus seiner Zeit als nö. Bauernbund-Direktor.

Im Museumsdorf blüht es überall. Rosenbüsche ranken sich an alten Steinmauern empor, an den Stadelwänden sprießen Holler und Zwetschkenbäume. Die Vorgärten mit ihrem Reichtum an bunten Blumen und Kräutern machen den Bediensteten viel Arbeit. "Natürlich müssen wir sehr viel pflegen. Aber nicht mit der Nagelschere sondern so, wie es früher auch gemacht wurde", sagt der Hausherr. Tischler und Maurer kümmern sich um den Erhalt der Bauwerke. Alle Reparaturen werden selbst erledigt, mit authentischen Baustoffen und so wie beim Salettl – nur mit Nägeln und Verbindungen aus purem Holz.

Hingucker

Das Dorfwirtshaus "Rauscher", das einst in Poysdorf stand, ist nicht nur wegen des Namens ein Hingucker. Die Dorfkulisse ist so einzigartig, dass sich immer wieder Filmteams einfinden. Vor allem, weil es so schön ruhig ist und es keine "modernen" Störgeräusche wie etwa Autolärm gibt.

Ein bewirtschaftetes Wirtshaus gibt es aber auch. Klemens Hess und sein Team bekochen die Gäste nach einem Spaziergang. Auf der Speisekarte: Blunz’ngröstl, Schweinsbratl nach Großmutters Art oder gebratene Zucchini. Ein Geheimtipp soll auch das Kürbisgulasch sein.

Das Eintauchen in das vorvorige Jahrhundert beschränkt sich nicht nur auf das Spazieren durch die alten Ensembles und die vielen Informationen in den einzelnen Ausstellungen. An speziellen Schwerpunkt-Tagen (ganz besonders am Wochenende) wird altes Brauchtum zu neuem Leben erweckt. Der Besucher spielt dabei natürlich die Hauptrolle. Tradition hat etwa der Südmährer-Kirtag am heutigen Sonntag, bei dem es den ganzen Tag bei Musik und Tanz hoch hergeht.

Aber schon am kommenden Dienstag liegt beim Ferienprogramm Blütenduft in der Luft. Da können Kinder (ab drei Jahren) duftende Seifen mit getrockneten Kräutern und Blütenblättern selbst herstellen (10 bis 17 Uhr). Am 26. August gibt es einen Workshop zum bunten Bedrucken von Geschirrhangerln. Zum Einsatz kommen dabei Gräser, Blätter oder geschnitzte Kartoffel oder Äpfel als „Naturstempel“. Am 13. September steigt das Naturgartenfest in Kombination mit dem Herbstfest für „Hilfe im eigenen Land“. Der traditionelle Dirndlgwandsonntag mit Feldmesse und Frühschoppen ist tags darauf am 14. September. Am gleichen Tag feiert der Imkerverein Niedersulz den Jahreswechsel im Bienenjahr. Wie mit Pferden geackert und gedroschen wurde, steht am 27. September im Mittepunkt des Pferdekraft-Tages.

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