Mordversuch: Psychisch kranker Asylweber nicht therapiert

Habibollah A. bei der Tatrekonstruktion
Der Fall aus Baden zeigt deutliche Versäumnisse bei der Betreuung geistig abnormer Asylwerber auf.

Der Fall unterscheidet sich zur Tragödie vom Brunnenmarkt und dem Mord im Flüchtlingsheim St. Gabriel nur dadurch, dass das Opfer um Haaresbreite überlebte. Sonst zeigt der Mordversuch mitten im Bahnhofspark in Baden deutlich die groben Mängel bei der Versorgung psychisch kranker Asylwerber. Die Akte Habibollah A. ist ein Beweis dafür.

Der 20-jährige Afghane kam 2014 als Flüchtling nach Österreich. Bereits ein Jahr später wurde er erstmals auffällig, am 9. Dezember 2015 attestierten ihm die Ärzte akute polymorphe psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie. In der Folge wurde der junge Mann nach Ausrastern in Flüchtlingsunterkünften mehrere Male auf der Psychiatrie behandelt.

2017 kam es schließlich zum ersten Eklat. Habibollah A. schlug einen Kontrahenten mit einer Glasflasche zusammen. Obwohl er sich in seiner achtmonatigen Strafhaft unzählige Male selbst verletzte und verstümmelte, kam niemand auf den Gedanken, den 20-Jährigen in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen und zu therapieren. Auf freiem Fuß wurde der Afghane in eine private Flüchtlingsunterkunft nach Lilienfeld abgeschoben. Auch dort kam man mit ihm nicht zurecht. Mehrmals landete er in der Psychiatrie. Im vergangenen Juli wurde er deshalb in das Paul-Weiland-Haus nach Baden verlegt. Doch auch dort waren die Experten der Meinung, dass er mehr Hilfe benötigen würde. Gerade bei Menschen, die unter paranoider Schizophrenie leiden, gebe es oft keine Krankheitseinsicht. Medikamente werden daher nicht selbstständig genommen. „Für wenige Fälle reichen die Instrumentarien der Regelversorgung nicht aus“, sagt etwa Experte Christoph Riedl von der Diakonie. „Für sie bräuchte es eine Intensivbetreuung, die es in Niederösterreich nicht gibt.“

Ablehnung

Die Caritas wollte in St. Gabriel ein derartiges Konzept umsetzen, dieses wurde jedoch vom Land bereits unter der Vorgängerregierung abgelehnt. Auch Landesrat Gottfried Waldhäusl erteilte dem eine Absage. In Wien wurde hingegen eine solche Einrichtung eröffnet.

Habibollah A. lief laut psychiatrischem Gutachten jedoch weiterhin unbehelligt als „tickende Zeitbombe“ herum. Am 21. September steckte er in seiner Unterkunft in Baden ein 20 Zentimeter langes Messer ein und ging spazieren. Im Park hörte er Stimmen und wurde seiner Aussage zufolge wütend. Obwohl er Hussain K. nie zuvor gesehen hatte, versuchte er, dem jungen Mann das Messer in den Schädel zu rammen. Für seinen Anwalt Wolfgang Blaschitz gehört der Afghane dringend umfassend behandelt und therapiert. Es handle sich um einen schwer kranken Menschen.

P. wammerl, K. Zach

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