Mordfall Franz Uchatzi: Neue Spur führt zu einer Frau

Franz Uchatzi war ein freundlicher Mann, der von allen Menschen in seinem Umfeld geschätzt wurde. Ein schlechtes Wort verliert niemand über ihn.
Seit mittlerweile fünfeinhalb Jahren ist der Mord an dem Vösendorfer Landwirten und Fleischhauer ungeklärt. Bis dato bissen sich erfahrene Kriminalisten, Datenanalytiker und Forensiker an dem Mordrätsel die Zähne aus. Durch neue Erkenntnisse haben Ermittler des nö. Landeskriminalamts (LKA) aber begründete Hoffnung, die Täter nach so langer Zeit doch noch zur Strecke zu bringen.
Die Kriminalisten sind sich sicher, dass eine Frau federführend an der Bluttat beteiligt und zur Tatzeit im Haus des 61-Jährigen anwesend war – sicher nicht allein.
Tatortermittlern des LKA ist es gelungen, an einem markanten Punkt des verwüsteten Tatortes eine "100-prozentige Täterspur“ zu sichern.
Hautschuppen
Der Abrieb mit Hautschuppen ging an das Labor von Christa Nussbaumer in Mödling. Die Sachverständige für forensische Molekularbiologie hat durch neueste DNA-analytische Verfahren Staatsanwaltschaften und der Kripo schon mehrmals den entscheidenden Beweis in spektakulären Kriminalfällen geliefert. So wie im Fall Uchatzi: Nussbaumers Team entlarvte biologisches Zellmaterial eindeutig als Täterspur einer Frau.
Die DNA wurde mit allen weiblichen Kontaktpersonen des Opfers verglichen, erklärt der Chef der Mordabteilung des Landeskriminalamtes, Chefinspektor Hannes Steinbichler. Allerdings ohne Ergebnis. Auch ein europaweiter Abgleich in der DNA-Datenbank brachte keinen Treffer. Doch die Zeit ist auf der Seite der Kriminalisten. Wird die Frau irgendwo in Europa erkennungsdienstlich behandelt, schnappt Falle zu.

Chefinspektor Hannes Steinbichler
Raubüberfall eskaliert
Durch die Veröffentlichung bisher unbekannter Ermittlungsergebnisse und Fotos erwarten sich die Fahnder weitere Ermittlungsansätze. Beim LKA geht man davon aus, dass Uchatzi das Opfer einer Home Invasion wurde. Also ein Raubüberfall oder Einbruch, bei dem die Kriminellen auf den Bewohner treffen und die Lage eskaliert. Die Tatzeit liegt zwischen 19.30 Uhr am 1. Oktober 2019 und der Auffindung der Leiche am 2. Oktober um 8.35 Uhr.
Ein Bär von einem Mann
Der 61-Jährige war allein zu Hause, seine Frau bei Verwandten in Rumänien. "Er ist in der Wohnküche gesessen, als die Lage eskalierte“, so Steinbichler. Den Spuren nach zu schließen, ist es zu einem erbitterten Kampf gekommen. Uchatzi galt als "Bär von einem Mann“, groß und kräftig. „Jemand, den man nicht so einfach umhaut“, sagt Steinbichler.
Tödliche Brustkorbkompression
Deshalb steht außer Zweifel, dass neben der Frau auch mindestens ein männlicher Täter den Mord ausgeführt hat, vielleicht auch mehrere. Die Brutalität, mit der die Peiniger vorgegangen sind, lässt auf "hohe kriminelle Energie“ schließen. Der Landwirt wurde erschlagen, es kam zu einer tödlichen Brustkorbkompression. Danach haben die Mörder alle Anstrengungen unternommen, um ihre Spuren zu verwischen.
Nachdem sie sämtliche Räume im Haus durchsucht hatten, wurde der Schaum eines Feuerlöschers versprüht. Das machte die Arbeit der Tatortspezialisten zur Herausforderung. Auch ein weiteres, neues Detail nennen die Kriminalisten: Die Spurensicherer konnten den Tätern einen Schuhabdruck zuordnen.
Aufwendige Recherchen ergaben, dass es sich um einen Sneaker der Marke "Victory – Vty“ in Größe 42 handelt. Das Fabrikat ist eine Eigenmarke des Schuhriesen Deichmann, was die Sache schwierig macht. Denn von dem Modell sind Tausende Paare im Umlauf.

Ein Schuhabdruck führte zu diesem Sneaker in Größe 42
Häftlinge befragt
Zur weiblichen DNA-Spur verfolgt die Polizei eine Theorie: Aus der Steiermark bzw. aus Salzburg wurde ein Fall bekannt, bei dem eine rumänische Bande Frauen als Lockvogel einsetzte, um ältere Männer zu umgarnen, auszuspionieren und dann in ihren Häusern in Gröbming und Großarl zu überfallen und auszurauben. „Wir haben die Personen, die in Leoben verurteilt wurden und langjährige Haftstrafen absitzen, auch zum Fall Uchatzi befragt. Aber es hat keine neuen Erkenntnisse gebracht“, erklärt Steinbichler.
Was ebenfalls helfen soll, das Kriminalrätsel nach fast sechs Jahren zu klären, ist eine schöne Stange Geld.
Der Mord am 61-jährigen Landwirt Franz Uchatzi am 2. Oktober 2019 in Vösendorf (Bezirk Mödling) ist der einzige ungeklärte Mordfall im Jahr 2019 in Niederösterreich – und es waren in diesem Jahr immerhin 19 Bluttaten. Die Täter sind in der Nacht auf den 2. Oktober 2019 ohne Gewalteinwirkung und Einbruchsspuren auf das Anwesen gelangt. Den Ermittlern ist daher wichtig, zu erfahren, wer zum Tatzeitraum oder in den Tagen davor auf der Ortsstraße 116 oder am rückwärtigen Eingang des Streckhofes in der Rossdorfstraße eine verdächtige Beobachtung gemacht hat. Es gibt vage Hinweise auf verdächtige Personen beim Hintereingang.
Die Täter dürften ihr Vorgehen jedenfalls im Voraus geplant haben. Darauf deuten sichergestellte Kabelbinder und anderes Fesselungswerkzeug hin. Die Kabelbinder sind mit dem Code „S3 25“ und „S3 28“ beschriftet und dürften für den osteuropäischen Markt produziert worden sein.
Bei der hinteren Einfahrt des Hauses (es ist mittlerweile abgerissen) machten die Ermittler eine interessante Entdeckung. Bei einem dortigen Rolltor gab es eine Schnur mit zwei Kunststoffkugeln (grün und rot) zum Entriegeln des Einfahrtstors. Die Kugeln wurden von in der Tatnacht abgeschnitten und mitgenommen. Die Mordermittler vermuten, dass einer der Täter das Tor vielleicht ohne Handschuhe geschlossen hat und keine Fingerabdrücke oder DNA zurücklassen wollte.
Die im Durchmesser etwa fünf Zentimeter großen Kugeln sind ebenso verschwunden wie das Mobiltelefon des Opfers, Marke „CAT B25“ sowie ein Siemens-Schnurlostelefon aus dem Haus. Die Täter waren im Haus auf der Suche nach Wertgegenständen und einem Tresor; sie dürften aber leer ausgegangen sein. Das Opfer hatte kaum Vermögen.
Das Landeskriminalamt Niederösterreich bittet um sachdienliche Hinweise unter 059133/30/3333.

Sichergestellte Kabelbinder vom Tatort
37.000 Euro Belohnung sind für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung des Täters führen. Die Söhne, Angehörige des Opfers und das Innenministerium haben die stattliche Summe zusammengebracht. Ein Kopfgeld, das es in dieser Höhe in Österreich bisher nur selten gegeben hat.
Die Mordermittler hoffen, dass das Geld eventuell Mitwisser animiert, ihr Schweigen endlich zu brechen und die Verdächtigen an die Polizei auszuliefern.
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