Ein Mord mitten unter uns: Der Fall Franz Uchatzi
Vielleicht hat er seinen Mördern sogar selbst die Türe geöffnet. Vielleicht aber hat er sie erst gesehen, als sie in seine Küche stürmten und ihn überwältigten. Was Franz Uchatzi an diesem 2. Oktober 2019 am Abend passiert ist, wird in den Medien später als „brutal“ und „unfassbar“ beschrieben.
Bei der Obduktion des damals 60-jährigen Schweinebauers wurde als Todesursache Ersticken nach Brustraumquetschung diagnostiziert. Hinzu kommen zahlreiche gebrochene Rippen und massive Verletzungen im Bereich des Kopfes. Heute gehen die Ermittler davon aus, dass der Mann gefoltert und gequält wurde, mit dem Ziel, Informationen aus ihm herauszubekommen.
Im niederösterreichischen Vösendorf sitzt der Schock auch heute noch tief. Der Mord an einem ihrer liebsten Einwohner ist allgegenwärtig. Franz Uchatzi wird als seelensguter Mensch, liebenswürdiger Vater, fleißiger Bauer und hilfsbereiter Kollege beschrieben. Sein guter Freund Johann Tröber bringt es mit diesem Satz auf den Punkt: Er war der beste von allen, aber auch der ärmste.
Genau darin steckt das große Fragezeichen bei diesem ungeklärten Mordfall. Uchatzi wurde Opfer eines Raubmordes. Doch warum ein Raub bei einem Menschen, der nichts besessen hat? Jeder im Ort wusste, dass er Schulden hatte und gerade einmal so über die Runden kam.
Dunkle Spuren: Wer war Franz Uchatzi
Keine Feinde
Die Ermittler haben Täter aus dem nahen Umfeld, eventuell aus einer Emotion wie Rache oder Wut heraus, rasch ausgeschlossen. „Franz Uchatzi hat keine Feinde gehabt. Das ist unmöglich“, heißt es auch vom Vösendorfer Bürgermeister Hannes Koza. Also ging man in weiterer Folge davon aus, dass die Täter sogar komplett Fremde sein könnten.
Dass es mindestens zwei Personen waren, stand schnell fest, auch wenn kein einziger Fingerabdruck am Tatort gefunden wurde. „Das könnte dafür sprechen, dass es Profis waren“, sagt der leitende Ermittler Hannes Fellner und spricht im selben Atemzug von einer möglichen Home Invasion. Also von einem Einbruch in ein Eigenheim, wissend, dass die Eigentümer zuhause sind. Diese werden gefesselt, damit die Täter in Ruhe alles nach Wertgegenständen oder Geld durchsuchen können. Immer wieder hört man auch von Fällen, wo die Opfer gefoltert werden, damit sie ihren Peinigern die Verstecke verraten.
„Es gibt relativ viele Home Invasions in den letzten Jahren. Einerseits gibt es reisende Täter, die in Europa herumfahren und irgendwelche Objekte durch Hinweise von Kontaktpersonen oder gezielt auswählen. Andererseits haben wir eine Home Invasion gehabt, bei der zufällig einfach eine Tätergruppe in einer Ortschaft herumgefahren ist und dann ein Objekt ausgewählt hat. Wir können in diesem Fall im Prinzip nicht sagen, ob das Tatobjekt und das Opfer zufällig ausgewählt wurden oder ob es irgendeinen Hintergrund gibt. Dazu haben wir leider keine Erkenntnisse“, sagt Ermittler Fellner.
Es besteht also die Möglichkeit, dass Uchatzis Haus zufällig ausgewählt wurde. Als die Täter dann im Haus merkten, dass nichts zu holen ist, wurden sie immer gewalttätiger, weil sie es nicht glauben wollten. Der Mord könnte dann auch in der Hitze des Gefechts ungewollt geschehen sein. „Der Franz hat sich vermutlich massiv gewehrt, der war kein Zniachtl“, sagt sein guter Freund Johann Tröber.
Journalist Patrick Wammerl erinnert sich an die Recherche
Falscher Anschein?
Es besteht aber auch noch eine andere Möglichkeit. Uchatzis Ehefrau, die rumänische Wurzeln hat, war zur Zeit des Mordes gerade in ihrem Heimatland, um ihre Eltern zu besuchen. Franz Uchatzi hätte eigentlich mitfahren sollen, blieb aber aus gesundheitlichen Gründen zuhause. Der Arzt riet ihm dazu.
Nun gibt es einige Vösendorfer, die vermuten, dass die Ehefrau in Rumänien vielleicht den Anschein erweckt hat, dass bei Ihnen Geld oder etwas Wertvolles zu holen wäre. Kaum jemand verdächtigt sie als Mittäterin. Es könne ihr einfach unabsichtlich passiert sein. „Wenn die falschen Leute davon Wind bekommen haben, dann fahren die hierher und foltern ihn, bis sie das Geld bekommen. Das würde auch erklären, warum sie genau bei Uchatzi eingestiegen sind. Man sieht dem Haus von außen doch schon an, dass hier kein großer Reichtum herrscht. Also muss es eine Information gegeben haben, die sie hierher geführt hat“, meint ein Bewohner.
Andere wiederum sind davon überzeugt, dass es auch eine Verwechslung sein könnte. So wäre im Haus neben Franz Uchatzi eine Fleischerei, die ein sehr gutes Geschäft mache und die wohl das eigentliche Ziel war. Demnach hätten sich die Täter schlichtweg im Haus vertan. Keine dieser Optionen kann zum aktuellen Zeitpunkt von den Ermittlern ausgeschlossen werden.
Dunkle Spuren: Der Tathergang
Was ist an diesem Abend passiert? Um 19:27 Uhr gibt es das letzte Lebenszeichen von Franz Uchatzi, er tätigt einen Anruf. In den Stunden danach ist der Raubmord geschehen. Die Täter dürften durch das Hintertor eingestiegen sein, in der Küche kam es zum Kampf. Wie lange der gedauert hat, kann nur vermutet werden. Ebenso ist nicht klar, ob Uchatzi noch gelebt hat, als die Täter sein Haus verließen. Die Spuren der Verwüstung sind massiv.
Die Täter haben vor dem Verlassen des Tatorts noch die Einrichtung, sämtliche Gegenstände und auch die Leiche mit dem weißen Pulver eines Feuerlöschers besprüht, um ihre Spuren zu verwischen. Mitgenommen haben sie das Mobiltelefon, das Schnurlostelefon und ein paar kleinere Wertgegenstände - nichts, für das sich diese Tat ausgezahlt hätte. Am Tatort zurück blieben ein von den Tätern mitgebrachtes Klebeband sowie Kabelbinder, die zu Handfesseln geschnürt waren.
Die Tat lässt die Menschen in Vösendorf einfach nicht los. Sie alle haben ihre eigenen Theorien, Gedanken und Vermutungen. Und ganz besonders schlimm ist das alles natürlich für jene, die Franz Uchatzi ganz nahe standen. Das Haus in der Ortsstraße 116 ist seit dem Mord unbewohnt, vor der Eingangstüre brennt eine Kerze zum Gedenken, Blumen werden davor hingelegt.
Hinweise bitte per E-Mail an dunklespuren@kurier.at oder an das niederösterreichische Landeskriminalamt unter der Nummer 059133/30-3333
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