Mordaufruf im Netz: Geldstrafe

Die Aufforderung "einfach vergasen" über Facebook brachte einem Waldviertler eine Strafe
Immer öfter stehen Internet-Hassposter wegen Verhetzung vor Gericht.

Im August 2015 postete ein Waldviertler auf der Seite einer ausländerfeindlichen Facebook-Gruppe ein Hitler-Foto und den Text "Einfach vergasen". Der 21-Jährige Mitarbeiter einer Reinigungsfirma wurde am Dienstag im Landesgericht wegen Verhetzung – nicht rechtskräftig – zu einer Geldstrafe von 2160 Euro und dem Verlust seines I-Phones (als Tatwerkzeug) verurteilt. Er kam glimpflich davon, weil er unbescholten war. Dass der Angeklagte behauptete, "ich schaue seither kaum mehr in Facebook hinein", aber in Wahrheit zumindest Zweideutiges postete, wie der KURIER recherchierte, könnte noch ein Nachspiel haben.

Der Mann ist nur ein Beispiel dafür, welches Maß an Aggression seit Monaten nicht nur elektronische Medien überflutet. Menschen, die vor Gericht stehen, weil sie im Internet Asylwerber offen verhöhnen oder bedrohen, habe es vor der Flüchtlingswelle nicht gegeben, meint der Kremser Staatsanwalt Franz Hütter.

Gewaltsprache

Was aber geht in Menschen vor, deren Sprache verletzend ist, oft nackte Gewalt ausdrückt? "Hatten sie keine Sorge, dass jemand dem Aufruf folgt?", fragte die Richterin. "Ich wollte nicht zu Massenmord aufrufen", beteuerte der Angeklagte. "Ein einziger Mord ist schon zu viel", antwortete die Richterin.

Zu solchem Verhalten hat Johannes Wancata, Leiter der Abteilung für Sozialpsychiatrie der Medizinuni Wien, eine Erklärung: "Viele wollen lediglich ihren Followern oder Freunden ihre Stärke demonstrieren – und geben sich aggressiver als sie sonst sind."

Großteils Angeberei? Bleibt die Frage, warum Menschen überhaupt so heftig auf das Thema Zuwanderung reagieren. Wancata meint: "Ganz generell: Alles was neu ist, macht dem Menschen Angst. In der Entwicklungsgeschichte hatte er zwei Möglichkeiten: Er rennt davon oder kämpft. Flucht kann das Problem der Zuwanderung von Flüchtlingen nicht lösen."

Bedrohlich

Viele erleben die aktuelle Situation als bedrohlich, meint Wancata: "Obwohl wir in einem der reichsten Länder der Welt leben, sind die Mittel begrenzt. Manche spüren das mehr als andere. Haben Sorge, dass es noch enger werden könnte. Wir sehen aber auch Menschen, die selbst nicht viel haben und trotzdem mit den Flüchtlingen teilen."

Warum aber werden dann manche aggressiv und andere sind mitfühlend? Wancata: "Da spielt die Einstellung eine Rolle, die Erziehung und frühere Erlebnisse. Wir erleben ja auch sonst Menschen, die zuerst einmal helfen – und andere, die sofort nach Schuldigen suchen." Wird die Tastatur zum Ventil? "Körperliche Gewalt hat in der Gesellschaft glücklicherweise einen deutlich geringeren Stellenwert als vor einigen Jahrzehnten. Die Aggression wird anderswo herausgelassen. Das geht in elektronischen Medien weitgehend anonym", erklärt Wancata.

Verurteilungen

Staatsanwalt Hütter begrüßt, wenn solche Delikte angezeigt werden und zu Verurteilungen führen. "Dann halten sich hoffentlich viele zurück."

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