Mopedfahrt führte ins Wachkoma

Im August 2012 hat Samuel Bachner, als er mit seinem Moped untewegs war, ein Auto übersehen. Seit dem Unfall liegt Samuel im Wachkoma.
Das traurige Schicksal des Unfallopfers Nummer 825 - Experten appellieren an die Eltern.

Am 7. August 2012 hätte der damals 15-jährige Samuel Bachner aus Pöchlarn in Niederösterreich den Rasen mähen sollen. Doch es war ein warmer, schöner Sommertag, und Samuel wollte lieber mit seinen Freunden etwas an seinem Baumhaus im Wald reparieren. Seine Mutter Doris ließ ihn ziehen, den Rasen könne er doch auch ein anderes Mal mähen, sagte sie.

Doch Samuel wird vermutlich nie mehr den Rasen mähen. Seit dem 7. August des vergangenen Jahres liegt er im Wachkoma. Nach der Statistik ist der Teenager zu diesem Zeitpunkt etwa das 825. Opfer des vergangenen Jahres geworden. Nicht das 825. Verkehrsopfer insgesamt, sondern der 825. Mopedlenker-Opfer von exakt 15 Jahren, das in einen Verkehrsunfall auf Österreichs Straßen verwickelt wurde. Eine erschreckend hohe Zahl.

Auto übersehen

Samuel wollte mit seinem Moped die Bundesstraße in Pöchlarn überqueren. Dabei übersah er ein Auto. Der Zusammenstoß mit dem Pkw war heftig, Samuel erlitt ein schweres Schädelhirntrauma, im Spital musste später die Schädeldecke entfernt werden.

Mopedfahrt führte ins Wachkoma
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Seit diesem schicksalhaften 7. August 2012 kann sich Samuel nicht mehr bewegen, nicht reden, nicht selbstständig essen. Mit seiner Umwelt, sagt seine Mutter Doris, kann Samuel nur per Blickkontakt kommunizieren. Seit seinem Unfall wird Samuel künstlich ernährt, bekommt täglich Medikamente und wird vier Mal pro Woche therapiert. Ein halbes Jahr lang lag der Teenager durchgehend im Spital, seitdem wird der 16-Jährige von seiner Mutter rund um die Uhr betreut. Doris Bachner hat ihre Arbeit „selbstverständlich für mein Kind“ aufgegeben. „Was glauben Sie, was ich mir für Vorwürfe gemacht habe, dass ich nicht strenger war, nicht darauf bestanden habe, dass er den Rasen mäht?“, fragt die Mutter. Manchmal hadert sie mit dem Schicksal: „Dann frage ich mich: Wieso er? Warum nicht ich?“

Das Bild, auf dem ihr Sohn mit seinen langen blonden Haaren auf der Straße liegt, bekommt sie nicht mehr aus dem Kopf. „Er wollte immer solche Haare haben, wie Angus Young von der Band AC/DC“, erzählt Doris Bachner. Vergangene Woche ist Samuel wieder operiert worden. Seitdem sind seine Haare bis auf ein paar Millimeter abrasiert.

Doris Bachner versucht Samuels Leben so „angenehm“ wie möglich zu gestalten. Sie spricht mit ihm, spielt ihm AC/DC in voller Lautstärke vor. „Irgendwann wird Samuel aufwachen und dann werde ich mit ihm auf das Empire State Building gehen. Das war immer sein großer Traum. Und wenn er im Rollstuhl oben steht – das ist mein Ziel, und darauf arbeite ich jetzt hin.“

Steigflug beendet

„15-Jährige und Mopeds sind nicht die beste Art der Kombination“, warnt Armin Kaltenegger vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. „Das ist ein großes Problem. Die Unfallzahlen gehen nicht stark zurück, aber immerhin wurde der Steigflug beendet.“

Der Experte appelliert an die Eltern, sehr sorgfältig mit der Erlaubnis für ihren Nachwuchs umzugehen. „Man kann ja schon bald danach den L17-Autoführerschein machen oder mit 16 Motorrad fahren, in beiden Fällen hat der Betroffene eine längere und bessere Ausbildung.“

„Dieses Alter ist eine sehr zwiegespaltene Zeit zwischen Kind und Erwachsener sein“, betont ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. „Es ist schwierig, in einer Gruppe Dinge und Regeln einzuhalten, die man vorher ausgemacht hat.“ Die derzeitige Ausbildung sei auch nicht ganz optimal: „Theorie hat weniger Sinn, Praxis ist das Wichtigste.“

Spendenkonto: „Spendenkonto Samuel“, Nr. 10002350386, Bankleitzahl: 12000

Die Erlaubnis, mit 15 Jahren ein Moped zu lenken, kam 1997 vom damaligen SP-Verkehrsminister Rudolf Scholten. Trotz Protesten von Verkehrssicherheitsexperten durften Jugendliche auf das Moped – zunächst allerdings nur unter strengsten Auflagen. Die Teenager mussten nachweisen, dass es keine andere Möglichkeit für ihren Weg in die Schule oder zur Lehrstelle gab, und ein psychologischer Eignungstest war vorgeschrieben, eine Erlaubnis der Eltern sowieso.

Auf Drängen der ÖVP wurde der Zugang zum Zweirad für die 15-Jährigen Stück für Stück erleichtert, am Ende gab es gar kein ernsthaftes Hindernis mehr. Die Folge waren explodierende Unfallzahlen. 2007 und 2008 gab es als Höhepunkt laut Statistik Austria jeweils mehr als 1700 Verkehrsunfälle in dieser Altersgruppe. Bei rund 90.000 Burschen und Mädchen, die 15 Jahre alt sind, eine erschreckend hohe Zahl.

Noch unter BZÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach wurden die Schrauben wieder angezogen, seither müssen acht Praxis- und sechs Theoriestunden in einer Fahrschule abgelegt werden. Allerdings muss nur über den Theorieteil eine Prüfung abgelegt werden. Die Unfallzahlen haben sich stabilisiert, sind sogar leicht gesunken. Die Statistik für 2012 wird im Juli veröffentlicht. Dann wird man sehen, wie der Trend weitergeht.

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